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Gefangen im Terror (German Edition)

Gefangen im Terror (German Edition)

Titel: Gefangen im Terror (German Edition)
Autoren: Maya Trump
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meine Rückkehr. Ich konnte mir nicht vorstellen, was draußen passierte. Rückten schon bewaffnete Einheiten an, um uns zu befreien, oder gab es Verhandlungen zwischen den Terroristen und der Regierung? Die trügerische Ruhe, die Ungewissheit und das Stillsitzen waren kaum mehr auszuhalten.
    Ab und zu hatte ich Satzfetzen aus der Turnhalle aufgeschnappt. Dort sprachen die Terroristen gelegentlich mit den Geiseln. Sie sagten immer wieder: „Es gibt keine Rettung für euch. Niemand wird die Schule verlassen.“ oder „Denen da draußen ist es egal, was mit euch passiert.“ Oft hörten wir aus der Turnhalle ein Kommando: „Steht auf!“ – „Setzt euch hin“.
    Ich hoffte sehr, dass die Politiker für uns verhandelten und wir freikommen würden.
    Ich wünschte mich nach Hause, in mein kleines Zimmer, das ich sonst so verabscheute. Es war auf der Rückseite unseres Hauses gelegen, mit einer Tür in den Garten. Das war der einzige Vorteil dieses sonst dunklen Raumes. Kein Fenster, kein vernünftiger Fußboden, nur gestampfter Lehm, ein paar alte Teppiche an den Wänden und eine Matratze auf dem Fußboden, das war die ganze Einrichtung. Meine Eltern waren arm. Mein Vater konnte aufgrund einer früheren Kopfverletzung nicht mehr viel arbeiten. Er handelte mit allen möglichen Dingen. Davon konnten wir unseren Lebensunterhalt bestreiten. Aber es reichte nicht für den kleinsten Luxus. Mein Studium hatte viel Geld gekosten und alle Ersparnisse aufgezehrt. Die Universitäten waren zwar frei, aber da ich zunächst keine Unterkunft in einem Studentenheim bekam, mussten sie für mein Zimmer und meinen Lebensunterhalt aufkommen. Das war für meine Eltern fast nicht zu bezahlen. Als ich noch studierte bekam ich für mein Zimmer einen Tisch und Stuhl dazu, um die Bücher abzulegen oder für Schreibarbeiten. Dieser Tisch war inzwischen von einer meiner Schwestern wieder weggeholt worden. Trotzdem erschien mir im Augenblick kein Platz der Welt friedlicher und erstrebenswerter als dieser kleine Raum.
    Wenn ich erst Chamils Frau wäre, dann würden wir in einem Haus mit Garten wohnen und ich würde dieses Haus nach meinem Geschmack gestalten. Diesen Traum träumte ich immer wieder: Ich wusste, dass ich nicht so leben wollte wie meine Eltern. Mein Haus würde einen festen Boden haben, große Fenster und überall würden Blumen in Glasvasen stehen. Teppiche sollten nicht an der Wand hängen, sondern auf dem Fußboden liegen, so wie ich es in den russischen Zeitschriften gesehen hatte. Außerdem gäbe es einen großen Samowar mit heißem Tee, wann immer wir wollten.
    Chamil hatte ich in Tbilisi während des Studiums kennen gelernt. Er war mir schon im ersten Semester aufgefallen, weil er sehr groß und schlank war. Obwohl er eine ausgeprägte Hakennase hatte, wirkte er auf mich außerordentlich attraktiv.
    Zuhause gab es deshalb mehr als einmal Streit. Mein Vater durfte von dieser Sache im ersten Jahr unserer Bekanntschaft nichts wissen, denn ich war dem Sohn des Bürgermeisters versprochen. Alle meine Einwände halfen zunächst nichts, denn mein Vater war der Meinung, dass es eine große Ehre wäre, in eine der besten Familien einzuheiraten. Der Bürgermeister war auch ein einfacher Mann gewesen, aber durch Korruption hatte er den Aufstieg geschafft. Mein Vater und der Bürgermeister waren außerdem seit ihrer Schulzeit Freunde. Es war üblich, dass die Mädchen von ihren Eltern verheiratet wurden. Mein Vater war ein konservativer Moslem. Nur dem Kampf meiner Mutter war es zu verdanken, dass er zugestimmt hatte, mich studieren zu lassen. Eigentlich hätte ich schon längst verheiratet sein sollen. Nachdem ich keinen Bruder hatte, durfte ich als Älteste dann doch studieren. Mein Vater war oft misstrauisch und hatte meine Noten nur mit geringem Interesse zur Kenntnis genommen. Ich hatte alle meiner Prüfungen immer mit Auszeichnung bestanden, doch dafür gab es von ihm nie ein Lob.
    Obwohl meine Mutter Analphabetin war und sich standhaft weigerte, lesen zu lernen, war sie sehr stolz auf mich.
    Sie verstand mich, dass ich diese Heirat ablehnte, denn der Sohn des Bürgermeisters hatte keinen guten Ruf. Der Mann, den sie für mich vorgesehen hatten hieß Ruslan. Er war bekannt dafür, dass er Geschäfte mit den Rebellen machte und er tauchte immer wieder für Monate unter, damit ihn die Milizen nicht verhaften konnten. Ich hatte ihn bisher nur bei öffentlichen Veranstaltungen gesehen und obwohl er nicht hässlich war, fand ich ihn
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