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Gefangen im Terror (German Edition)

Gefangen im Terror (German Edition)

Titel: Gefangen im Terror (German Edition)
Autoren: Maya Trump
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ein paar Stunden in der Nacht abgelöst worden. Gegen Morgen hatte es dann erneut eine Verstärkung der Wachen gegeben. Sie waren nun zu dritt. Ein sehr junger Terrorist mit pockennarbigem Gesicht und einer gehäkelten Mütze hatten sich dazugesellt. Der dritte Terrorist war eine Frau. Die beiden waren vom Eingang der Schule her gekommen und wirkten ausgeruht. Wahrscheinlich hatten Sie die Nacht über geschlafen.
    Ich hatte schon ab und zu von „Schwarzen Witwen“ gehört, doch niemand wusste Genaues darüber. Chamil hatte mir einmal erzählt, dass ein Mädchen aus seiner Nachbarschaft verschwunden war und die Eltern vermuteten, dass sie Terroristen in die Hände gefallen war und als schwarze Witwe eingesetzt wurde. Auf meine Frage, was das zu bedeuten hatte, kam seine Antwort nur zögernd. Nach seiner Meinung handelte es sich um Frauen, die im Dschihad als lebende Bomben eingesetzt wurden und als Märtyrerinnen sterben wollten. Sie wurden nur kurz in Trainingslagern ausgebildet und bekamen dann einen tödlichen Einsatz. Es war ihre Aufgabe, sich und andere in die Luft zu sprengen. Dabei kam es darauf an, möglichst viele Tote zu produzieren. Viele dieser Frauen hatten ihre Männer im Kampf verloren und wollten sich rächen. Außerdem wurde ihnen himmlischer Lohn versprochen. Eine muslimische Frau hatte, nachdem sie ihren Mann verloren hatte, keine Chance mehr in der Gesellschaft. Sie wurde wie eine Ausgestoßene behandelt. Die Familie nahm sie nicht mehr auf. Oft brachten sich diese Frauen selbst um. Vielleicht war auch diese Frau gar nicht freiwillig da und wurde dazu gezwungen.
    Ich sah sie mir genauer an. Obwohl ich noch immer Zweifel hatte, dass Frauen zu so einer Tat in der Lage waren, fürchtete ich, dass wir es hier wirklich mit einer „Schwarzen Witwe" zu tun hatte. Sie war verschleiert und aus ihren dunklen kajal schwarz umränderten Augen blickte sie uns kalt an.
    Sie trug ihr Kopftuch tief in die Stirn gezogen. Ihre Hände waren makellos und sie hatte ganz helle Fingernägel. Sie trug goldene Ringe und Armketten. Das passte nicht zu der sonst sehr einfachen Kleidung: Eine gestreifte dunkle Wollhose, die bis auf den Boden reichte und darüber ein langer Umhang. Ihre schwarzen Stiefelspitzen waren schmutzverkrustet. Sie hatte einen Patronengurt um die Hüften und eine Kalaschnikow unter dem Arm. Links und rechts in Taillenhöhe ragten zwei Drähte hervor. Das war für mich der Beweis, dass diese Frau Sprengstoffpakete am Körper trug. Sie war eine lebende Bedrohung. Wenn sich durch eine unbedachte Bewegung die Drähte berühren würden, käme es zu einer Explosion und wir würden alle sterben.
    Mustafa sprach leise aber eindringlich auf sie ein. Obwohl ich kein Wort verstehen konnte, glaubte ich ihre innere Abwehr erkennen zu können. Sie sah an ihm vorbei starr geradeaus. Ich schätzte sie auf höchstens 20 Jahre. Sie blickte jetzt noch verschlossener als vorher und sah uns der Reihe nach abschätzend an. Was führte sie im Schilde?
    Sie war eine Frau und ich hoffte immer noch, dass sie wenigstens mit den Kindern Mitleid haben würde. Ich nahm mir trotz ihres abweisenden Gesichtsausdruckes vor, sie anzusprechen, um für die Kinder Wasser zu bekommen. Ismael war inzwischen wach und scharrte mit einem Fuß immer hin und her. Sein schöner Anzug war verdreckt und die weiße Schleife hatte er von seinem Hals gelöst und zu einem einzigen Knäuel zusammengeknotet. Er sah mich immer wieder fragend an, aber ich konnte und wollte nicht mit ihm sprechen. Auch die anderen Kinder verhielten sich ruhig. Es war unglaublich, wie diszipliniert sie waren. Wenn ich an den Unterricht dachte, wo es täglich Ärger mit Unruhe und vorlautem Geschwätz gab, waren diese Kinder kaum wiederzuerkennen.
    Unsere Bewacherin hatte sich einen Stuhl besorgt und saß mir jetzt schräg gegenüber an der Fensterseite des Ganges. Ich versuchte vergeblich mit ihr in Blickkontakt zu treten. Sie schaute geradewegs durch mich hindurch. Immer noch rang ich mit mir, ob ich sie einfach ansprechen sollte? Warum war ich nur so feige? Vielleicht sollte ich warten, bis Mustafa von einer anderen Wache abgelöst wurde. Vor seinen brutalen Schlägen hatte ich am meisten Angst.
    Inzwischen war es draußen dunkel geworden. Die Hitze war immer noch unerträglich. Auch der Geruch noch geronnenem Blut und nach Fäkalien war stärker geworden. Ich dachte immer wieder an Chamil. Vielleicht war er inzwischen bei meinen Eltern und sie warteten gemeinsam auf
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