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Gefangen im Terror (German Edition)

Gefangen im Terror (German Edition)

Titel: Gefangen im Terror (German Edition)
Autoren: Maya Trump
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Nicht nur, dass ich das Kind eines Terroristen erwartete, ich hatte auch keinen Vater dazu. So wie ich hier in diesem Kellerloch saß, so verlassen und überflüssig, so würde mein weiteres Leben aussehen. Immer wieder sah ich die Bilder auf dem Fernseher vor mir. Chamil mit hängendem Kopf, blutverschmiert. Das Grauen nahm kein Ende. Ich musste alle meine Kräfte zusammen nehmen und zum Flughafen gehen. In England würde ich neu beginnen. Die Zeit verging unendlich langsam und als es endlich Mittag war, packte ich meine Tasche und machte mich auf den Weg. Die verschmutzten Kleidungsstücke ließ ich im Keller liegen.
    Der Flughafen war in der Mittagszeit sehr wenig besucht. Die nächsten Abflüge gingen erst ab 14.30 Uhr. Mein Flug war für 15.00 Uhr angesetzt. Ich hatte mich nach der Passkontrolle in die Abflughalle begeben und mich auf ein breites Polster gesetzt, nicht ohne mir vorher noch etwas zum Trinken zu kaufen. Eigentlich durfte ich als moslemische Frau in der Öffentlichkeit nichts zu mir nehmen. Ich tat es versteckt, wenn niemand zu mir her blickte. Ich kannte die Gesetze im Irak nicht und hatte Angst, in letzter Sekunde noch verhaftet zu werden. Obwohl es in der Abflughalle kühl war, musste ich mir ständig den Schweiß von der Stirn wischen. Meine Tasche hatten sie mir abgenommen, sie wurde mit dem anderen Gepäck verladen. Ich hatte nur meinen alten Rucksack bei mir, für den ich mich fast schämte. Er war mein einziges Stück, das ich noch von zu Hause besaß. Alle anderen Sachen hatte ich erst in den letzte Wochen erworben.
    In Chamils Koffer hatte ich in einer kleinen Tüte noch eine Halskette mit einem Fisch entdeckt. Ich hatte sie mitgenommen. Ich würde wahrscheinlich nie mehr erfahren, für wen sie bestimmt war. Ich legte sie mir um den Hals. Es sollte meine letzte Erinnerung an ihn sein.
    Als mein Flug aufgerufen wurde, stand ich wie in Trance auf und ging mit den anderen Passagieren zum Flugzeug, das nur zur Hälfte besetzt war. Ich flog mit einer irakischen Fluglinie. Von meinem Fensterplatz aus konnte ich die Stadt unter mir betrachten. Es war ein strahlend schöner Nachmittag. Aber die Stadt lag in Schutt und Asche. Von hier oben, war das Maß der Zerstörung noch besser zu sehen. Hier würde Chamil zurückbleiben. Ich nahm mir vor, nichts zu vergessen. Wir flogen 6 Stunden und es war Nacht, als wir in London landeten. Auf mein Gepäck musste ich nicht lange warten und dann konnte ich gehen, aber wohin?
    Der Flughafen war so ganz anders als in Bagdad oder Kabul. Die Menschen rannten hektisch aneinander vorbei und ich fühlte mich plötzlich in meiner muslimischen Kleidung gar nicht mehr wohl. So unauffällig ich im Irak war, umso auffälliger war ich in London. Ich beschloss, erst eine Bank zu suchen, um Geld zu tauschen. Das irakische Geld würde mir in England nicht viel nützen. Ich tauschte nur ein paar Scheine ein und der Beamte war sehr freundlich zu mir. Auf einem Stadtplan versuchte ich mich zu orientieren. Zu meinem Entsetzen stellte ich fest, dass ich in Heathrow gelandet war, einem Flugplatz, der nicht direkt in London war, sondern etwas außerhalb. Chamil hatte mir nicht gesagt, wohin in London er sich wenden wollte. Ich hatte ihn auch nicht danach gefragt.
    Ich ging zu einem Taxistand und sagte dem Fahrer, dass ich in die Innenstadt wollte. Er fragte mich nach der Adresse. Ich tat so, als ob ich ihn nicht verstehen würde und wiederholte nur: „Innenstadt“. Er war etwas verwundert, fuhr aber los.
    Es dauerte lange, bis wir über die Autobahn in das alte London kamen. Ich kannte diese Stadt nur von Fotos aus dem Geschichtsbuch: Trafalgar Square. Jetzt war es mir wieder eingefallen. Ich beugte mich zum Fahrer vor und sagte laut und deutlich den Namen dieses Platzes. Der Fahrer nickte und sagte, dass wir bald da wären.
    Gegenüber der Nelson Statue ließ er mich aussteigen. Es war nach Mitternacht, aber der Autoverkehr schien keine Nacht zu kennen. Ich stand am Straßenrand und blickte mir die funkelnden Lichter und Leuchtreklamen an. Das war also Europa. Für das Taxi hatte ich fast mein ganzes getauschtes Geld gebraucht. Ich musste künftig vorsichtiger sein, wenn ich nicht bald mittellos dastehen wollte.
    Ziellos wanderte ich durch die Straßen, bis ich plötzlich an der Themse stand. Dort setzte ich mich auf eine Parkbank und wartete auf den Morgen. Die neuen Eindrücke hatten mich für ein paar Stunden meine Probleme vergessen lassen. Doch nun holten sie mich wieder
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