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Gefangen im Terror (German Edition)

Gefangen im Terror (German Edition)

Titel: Gefangen im Terror (German Edition)
Autoren: Maya Trump
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nicht mehr lange dauern würde und wir wären wieder frei.
    In Gedanken nannte ich unseren Bewacher Mustafa „das Tier“, weil er sich nicht wie ein Mensch benahm. Er blickte aus seinen kleinen Augenschlitzen heimtückisch und verstohlen umher und war immer auf dem Sprung. Sein verkniffener Mund lächelte manchmal höhnisch und wenn er Schläge austeilte, zischte er dabei Flüche und Verwünschungen. Ich ahnte nicht, wie lange wir diesem Terror unter katastrophalen Bedingungen noch ausgesetzt sein würden.
    Der Tag verging, ohne dass sich viel änderte. Die Terroristen liefen ununterbrochen auf dem Gang hin und her, dabei behielten sie uns im Auge. Es waren viele. Immer wieder sah ich neue Gesichter, hörte neue Namen. Stets waren mehrere Gewehre auf uns gerichtet.
    Gegen Abend wurde es etwas kühler und in der Nacht konnte ich sogar etwas schlafen. Ismael war ein ruhiger Junge. Er klagte nicht, er weinte nicht. Mit seinen großen dunklen Augen schaute er mich nur ab und zu fragend an. Ich fühlte mich hilflos und wusste nicht, was ich ihm sagen sollte. Ich hätte Ismael gerne zu seiner Mutter zurückgeschickt. Aber die Wachen lehnten jede Art der Verhandlung ab. Sie sagten immer wieder: „Seid ruhig, oder wir erschießen euch!“ Wie gefährlich es war, überhaupt zu sprechen, hatten wir schon ein paar Mal erlebt. In der Turnhalle hatten sie sogar Männer erschossen, die nicht aufgehört hatten zu reden und zu argumentieren.
    Die ganze Nacht über hatte das Deckenlicht gebrannt. Es roch unerträglich nach Schweiß, Blut und Urin. Schon am frühen Morgen war es so heiß, dass die Hitze flimmerte, trotz der abgeschirmten Fenster. Nachdem alles verbarrikadiert war, gab es keinen Luftzug. Die Frauen und Kinder neben mir auf dem Gang lagen oder saßen fast regungslos da. Die Kinder hatten sich bis auf die Unterwäsche ausgezogen, aber die Wachen zwangen die kleinen Mädchen, sich wieder anzukleiden. Sie sagten, dass die Mädchen nicht unbedeckt sein durften. Es war einfach unmenschlich. Wir hatten nichts zu trinken und nichts zu essen und den Wachen ging es um die Einhaltung von Kleidervorschriften. Immer wieder war der Begriff "Dschihad" zu hören. Ich konnte es nicht fassen, dass man diese Gräueltaten mit dem Wort "Heiliger Krieg" legalisierte. Es konnte unmöglich Allahs Wille sein, dass so viele Frauen und Kinder ums Leben kamen.
    Auf dem Flur mischte sich der Gestank von Fäkalien mit dem Geruch nach Essen. Die Terroristen wurden anscheinend in der Kantine der Schule verköstigt. Die Kantine war nur einen Gang von uns entfernt. Wir hörten, wie mit Geschirr geklappert wurde. Wie man später erfuhr, ernährten sie sich hauptsächlich von Konserven und Schokoladeriegeln.
    Die Flaschen der Kinder waren leer getrunken und eine Mutter neben mir wagte die Frage, ob sie ihrem Sohn Wasser aus der Toilette holen dürfte. Die Antwort war ein barsches „Nein“. Ismael fing an zu weinen. Ich streichelte seinen Kopf und er wimmerte: „Ich habe auch so Durst.“ Auch mir klebte die Zunge am Gaumen und das Schlucken tat weh. Nur 5 Meter entfernt gab es frisches Wasser und man ließ uns nicht dort hin. Ich bewunderte die Frau für Ihren Mut. Ich wäre viel zu feige gewesen zu fragen. Wir waren alle hungrig und vor allem durstig, doch die Angst vor Schlägen war zu groß.
    Mustafa war im Moment allein mit uns, der Rest der Wachen war nach einem weiteren Tumult in die Turnhalle gerannt und wir hörten unverständliche Kommandos, es war wahrscheinlich Ingusch, ein Dialekt aus dem nördlichen Kaukasus. Dann wurden Verletzte und Tote an uns vorbeigetragen. Ich zählte mit. Es waren acht Männer, die zum Teil schrecklich bluteten und stöhnten. Drei von ihnen waren bereits tot. Einen erkannte ich, es war unser Schulsekretär, der noch sehr jung war. Seine Augen waren verdreht, so dass man nur das Weiße sah, seine Arme hingen leblos herab. „Schneller, schneller“ riefen die Wachen und dann verschwanden sie mit den toten und verletzten Geiseln in Richtung Geografie-Saal. Eine halbe Stunde später hörten wir Schüsse aus dieser Richtung. Hatten Sie die Verletzten jetzt auch noch getötet?
    Ein Schauer rann mir den Rücken hinab. Waren jetzt alle Männer tot? Würden wir Frauen die nächsten sein?
    Die Wachen waren wieder an ihre Plätze zurückgekehrt und schauten wie immer unbeteiligt. Mustafa stocherte mit einem langen Messer an seinen Fingernägeln herum. Er wirkte müde und gelangweilt. Er war von Anfang an hier und nur für
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