Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
arbeiteten, zählte ich zweifellos zu dieser besonderen Elite. Bedauerlicherweise war die Unverzichtbarkeit ein zweischneidiges Schwert. Einerseits erhielt man die beste medizinische Behandlung, bis hin zum totalen Körperersatz. Andererseits bestand der einzige Zweck dieser Behandlung darin, einen bei der frühestmöglichen Gelegenheit wieder ins Kampfgetümmel zurückschicken zu können. Einem Soldaten auf Plankton-Niveau, dessen Körper nicht mehr zu reparieren war, würde man einfach den kortikalen Stack aus dem gemütlichen Gehäuse am oberen Ende der Wirbelsäule entfernen, um ihn dann in einen Lagerbehälter zu werfen, wo er mit hoher Wahrscheinlichkeit bleiben würde, bis der Krieg vorbei war. Kein idealer Abgang. Obwohl Wedge den Ruf hatte, sich um seine Schützlinge zu kümmern, gab es keine wirkliche Garantie, resleevt zu werden. Doch im schreienden Chaos der letzten Monate schien es manchmal, dass dieser Schritt ins Vergessen der Einlagerung unermesslich erstrebenswert war.
    »Colonel. He, Colonel!«
    Ich war mir nicht sicher, ob die Envoy-Konditionierung mich wach hielt, oder ob die nervende Stimme an meiner Seite mich wieder ins Bewusstsein zurückgeholt hatte. Ich drehte träge den Kopf, um nachzusehen, wer sprach.
    Es hatte den Anschein, dass wir uns immer noch im Hangar befanden. Auf der Bahre neben mir lag ein offensichtlich muskulöser junger Mann mit drahtigem schwarzem Haar und gewitzter Intelligenz in den Zügen, die selbst in der Endorphintrance nicht ganz verschwunden war. Er trug wie ich einen Wegde-Kampfanzug, aber er passte ihm nicht besonders gut, und die Löcher im Stoff deckten sich nicht mit den Löchern in seinem Körper. An der linken Schläfe, wo sich der Strichcode befinden sollte, hatte er eine zweckmäßige Blasterverbrennung.
    »Reden Sie mit mir?«
    »Ja, Sir.« Er richtete sich auf einen Ellbogen gestützt auf. Sie mussten ihm eine viel höhere Dosis als mir verpasst haben. »Wie es aussieht, haben wir Kemp da unten in die Flucht geschlagen, was?«
    »Das ist eine interessante Interpretation der Lage.« Bilder von der Einheit 391, die rund um mich herum in Fetzen gerissen wurde, rauschten für einen Moment durch meinen Kopf. »Was glauben Sie, wohin er sich flüchten sollte? Wenn man bedenkt, dass dies sein Planet ist, meine ich.«
    »Äh… ich dachte…«
    »Davon würde ich Ihnen abraten, Soldat. Haben Sie Ihren Rekrutierungsvertrag nicht gelesen? Jetzt halten Sie die Klappe und sparen Sie Ihren Atem. Sie werden ihn noch brauchen.«
    »Äh… ja, Sir.« Er starrte mich verwundert an, und den Geräuschen von den nächsten Bahren entnahm ich, dass überall Köpfe gedreht wurden und er nicht der Einzige war, den es überraschte, dass ein Offizier von Carreras Wedge so etwas sagte. Genauso wie in den meisten Kriegen hatte auch Sanction IV einige hartnäckige Gefühle geweckt.
    »Noch etwas.«
    »Colonel?«
    »Das hier ist die Uniform eines Lieutenants. In der Befehlshierarchie von Wedge gibt es keinen Colonel. Versuchen Sie sich das einzuprägen.«
    Dann rauschte von irgendeinem verstümmelten Teil meines Körpers eine wilde Schmerzwelle heran, schlüpfte unter den starken Fäusten der Endorphin-Schläger hindurch, die an der Tür zu meinem Gehirn Wache hielten, und meldeten mit hysterischem Geschrei die angerichteten Schäden. Das Lächeln, auf das ich mein Gesicht programmiert hatte, zerschmolz, ähnlich wie die Stadtlandschaft von Evenfall verschwunden sein musste, und ich verlor plötzlich das Interesse an allem außer lautem Geschrei.
     
    Wasser schwappte sanft irgendwo unter mir, als ich das nächste Mal aufwachte, und sanftes Sonnenlicht wärmte mein Gesicht und meine Arme. Jemand musste die zerfetzten Überreste meiner Kampfjacke entfernt haben, sodass ich nur noch das ärmellose T-Shirt von Wedge trug. Ich bewegte eine Hand, und meine Fingerspitzen strichen über geglättete alte Holzbretter, die ebenfalls warm waren. Das Sonnenlicht erzeugte tanzende Muster unter meinen Augenlidern.
    Ich spürte keine Schmerzen.
    Ich setzte mich auf und fühlte mich so gut wie seit Monaten nicht mehr. Ich lag ausgestreckt auf einem kleinen, einfach konstruierten Landesteg, der mehrere Dutzend Meter oder so in einen Fjord oder einen tiefen See hinausragte. Niedrige, abgerundete Berge begrenzten das Wasser auf beiden Seiten, und flauschige weiße Wolken jagten unbeschwert vorbei. Weiter draußen im Gewässer tauchten die Köpfe einer Seehundfamilie auf und beobachteten mich ernst.
    Mein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher