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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel
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dass Sie nicht… äh…«
    »Vergessen Sie’s. Genauso wie ich.«
    »Verletzungen… äh… Verletzungen können einiges mit dem Geist anstellen, mit dem Gedächtnis…« Ich rührte mich ungeduldig. »Sodass man die Dienstränge durcheinander bringt und… äh…«
    »Hören Sie, Schneider, das alles interessiert mich nicht.« Ich nahm einen unvernünftigen Lungenzug und hustete den Rauch aus. »Ich bin nur daran interessiert, diesen Krieg lange genug zu überleben, um irgendwann wieder rauszukommen. Und wenn Sie jetzt dasselbe sagen, werde ich Sie erschießen. Ansonsten können Sie tun und lassen, was Sie wollen. Kapiert?«
    Er nickte, aber seine Haltung hatte sich auf subtile Weise verändert. Seine Nervosität reduzierte sich auf ein dezentes Knabbern am Daumennagel, und er beobachtete mich mit den Augen eines Geiers. Als ich zu Ende gesprochen hatte, nahm er den Daumen aus dem Mund, grinste und steckte sich stattdessen die Zigarette zwischen die Lippen. Beinahe lässig blies er den Rauch zum Fenster und über den Planeten, der dahinter sichtbar war.
    »Genau«, sagte er.
    »Was genau?«
    Schneider blickte sich mit verschwörerischer Miene um, doch die wenigen anderen Menschen, die sich im Krankensaal aufhielten, hatten sich am anderen Ende des Raumes gesammelt, um einen Holoporno von Latimer anzuschauen. Er grinste wieder und beugte sich näher heran.
    »Genau das, wonach ich gesucht habe. Jemand, der noch bei Verstand ist. Lieutenant Kovacs, ich möchte Ihnen einen Vorschlag unterbreiten. Etwas, das Ihnen ermöglichen wird, diesem Krieg den Rücken zu kehren, nicht nur lebendig, sondern auch reich – reicher, als Sie sich vorstellen können.«
    »Ich kann mir eine ganze Menge vorstellen, Schneider.«
    Er zuckte die Achseln. »Wie Sie meinen. Auf jeden Fall eine Menge Geld. Sind Sie interessiert?«
    Ich dachte darüber nach und suchte nach dem Knackpunkt. »Nicht, wenn es darum geht, die Seiten zu wechseln. Persönlich habe ich nichts gegen Joshua Kemp, aber ich glaube, dass er auf verlorenem Posten steht und…«
    »Politik!« Schneider machte eine wegwerfende Geste. »Das hier hat nichts mit Politik zu tun. Es hat auch nichts mit dem Krieg zu tun, außer dass er ein Begleitumstand dieser Angelegenheit ist. Ich spreche von etwas Handfestem. Einer Ware. Einer Ware, für die jeder der Konzerne einen einstelligen Prozentanteil zahlen würde, um sie in die Finger zu bekommen.«
    Ich bezweifelte sehr, dass es so etwas auf einem Hinterwäldlerplaneten wie Sanction IV gab, und ich bezweifelte noch mehr, dass jemand wie Schneider direkten Zugang dazu hatte. Andererseits hatte er es geschafft, sich an Bord eines Schiffes zu schmuggeln, das letztlich ein Kriegsschiff des Protektorats war, und medizinische Versorgung zu erhalten, nach der – gemäß einer regierungsfreundlichen Schätzung – eine halbe Million Menschen auf der Oberfläche vergeblich schrien. Er mochte tatsächlich etwas anzubieten haben, und im Moment lohnte es sich, ein offenes Ohr für alles zu haben, das mich vielleicht von diesem Dreckklumpen wegbrachte, bevor hier alles auseinander flog.
    Ich nickte und drückte die Zigarette aus.
    »Gut.«
    »Sie sind dabei?«
    »Ich höre Ihnen zu«, sagte ich gnädig. »Ob ich dabei bin oder nicht, hängt von dem ab, was ich hören werde.«
    Schneider schürzte die Lippen. »Ich bin mir nicht sicher, ob wir auf dieser Grundlage weiterkommen, Lieutenant. Ich brauche…«
    »Sie brauchen mich. Das ist offensichtlich, ansonsten würden wir dieses Gespräch nicht führen. Wollen wir auf dieser Grundlage weitermachen, oder soll ich die Wedge-Sicherheit rufen, die die Wahrheit aus Ihnen herausprügeln wird?«
    Es folgte eine angespannte Stille, in der sich ein Grinsen auf Schneiders Gesicht ausbreitete wie tröpfelndes Blut.
    »Gut«, sagte er schließlich. »Ich sehe, dass ich Sie falsch eingeschätzt habe. In den Unterlagen steht nichts von diesem… äh… Aspekt Ihrer Persönlichkeit.«
    »Sämtliche Unterlagen über mich, auf die Sie Zugriff erhalten könnten, würden Ihnen nicht einmal die Hälfte verraten. Nur zu Ihrer Information, Schneider, meine letzte militärische Anstellung hatte ich beim Envoy Corps.«
    Ich beobachtete, wie er die Information verarbeitete, und fragte mich, ob er es mit der Angst zu tun bekam. Die Envoys waren im gesamten Protektorat fast so etwas wie mythologische Gestalten, und sie waren keineswegs für ihre wohltätige Art berühmt. Meine Vergangenheit stellte kein Geheimnis auf
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