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Gefaelschtes Gedaechtnis

Titel: Gefaelschtes Gedaechtnis
Autoren: John F. Case
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er ein Freund von Ihnen?«
    » Ich bin sein Therapeut«, erwiderte McBride.
    Sie nickte, als wäre sie nicht überrascht. »Den kann er auch gebrauchen — Henrik hat ganz schön einen an der Mütze.«
    »Wissen Sie, wo er wohnt?«, fragte Adrienne.
    Die Kellnerin musterte sie abschätzend. »Vielleicht ... steckt er in Schwierigkeiten?«
    McBride machte eine drängende Geste. »Ich wäre ja wohl nicht um sieben Uhr morgens hier—«
    »Er wohnt in den Alpenrösli-Wohnungen — an der Straße nach Klosters.«
    Der Mann mit der gepiercten Zunge blickte sie überrascht an.
    »Woher weißt du das denn, bitte schön?«
    »Schnauze«, erwiderte sie.
    Die Wohnanlage Alpenrösli lag nicht weit außerhalb des Ortes und bestand aus vier Ferienwohnungen und einer Hausmeisterwohnung im Erdgeschoss.
    »Wir sind ausgebucht«, sagte die grauhaarige Hausmeisterin. »Wir möchten zu Mr. de Groot«, sagte McBride.
    Die Frau zuckte die Achseln. »Natürlich. Nummer 4 — aber er ist nicht oft da. Die ganze Nacht geht er tanzen, und dann muss er wohl zur Arbeit.«
    »Und wo arbeitet er?«
    Die Frau schüttelte den Kopf. »So was frage ich nicht.«
    Sie saßen im Wagen auf dem Parkplatz vor dein Alpenrösli und warteten, drehten die Heizung oder die Lüftung auf, wenn sie es vor Kälte nicht mehr aushielten oder die Fenster beschlagen waren. Abwechselnd schliefen sie ein wenig, und gegen Mittag ging Adrienne zu Fuß in den Ort, um Sandwiches zu kaufen. Um zwei Uhr hatte der Himmel sich dunkel lila verfärbt, und noch immer war von de Groot nichts zu sehen. Eine Stunde später grollte in den Bergen ferner Donner, und es schneite leicht.
    »Vielleicht ist es Zeit für Plan B«, sagte McBride.
    »Und der wäre?«, fragte Adrienne.
    McBride schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht — ich hatte gehofft, du wüsstest es.« Plan B war die Polizei. Eine andere Möglichkeit hatten sie nicht. Doch nach dem, was in der Klinik passiert war, würde ihnen wahrscheinlich niemand glauben — bis es zu spät war.
    Um Viertel nach vier gingen überall im Tal die ersten Lichter an. In dem engen, kalten Wagen hatte McBride allmählich das Gefühl, ihm würden die Beine an den Knien abfallen, und zu allem Übel bekam er langsam Kopfschmerzen. Und dann war er auf einmal da — de Groot kam mit gesenktem Kopf die Straße hochgestapft. Er trug in jeder Hand eine Einkaufstüte aus dem Supermarkt. »Da ist er«, sagte McBride plötzlich und setzte sich hinter dem Lenkrad auf.
    Sie sahen durch eine Wand aus fallendem Schnee, wie der Holländer das Tor zum Alpenrösli aufdrückte und die Außentreppe hinaufstieg. Dann war er verschwunden, vermutlich in Apartment 4 — im obersten Stockwerk auf der Rückseite des Hauses.
    »Du bleibst hier«, befahl McBride, drückte den Knopf, der den Kofferraum entriegelte, und öffnete die Fahrertür.
    »Du bist wohl nicht bei Trost?«, sagte Adrienne. »ich werde nicht hier bleiben!«
    Er beugte sich zu ihr und strich kurz mit dem Mund über ihre Lippen. »Gib mir Rückendeckung.«
    Ohne auf eine Antwort zu warten, stieg er aus und nahm die Schrotflinte aus dem Kofferraum. Dann folgte er de Groots Fußspuren im Schnee zur Außentreppe und ging hinauf. Er blieb vor Apartment 4 stehen, holte tief Luft und klopfte leise an die Tür. Dann trat er zurück und wartete mit der Flinte in den Händen, den Lauf nach unten gerichtet. Aber nichts tat sich. Er klopfte erneut.
    Noch immer keine Reaktion. Frustriert klopfte er heftiger an die Tür, die sich von allein öffnete.
    Mit dem Gewehr im Anschlag trat er in die Wohnung, warf einen Blick nach links und rechts und lauschte angestrengt. Wenn de Groot in der Wohnung war, dann musste er reglos irgendwo stehen und die Luft anhalten, dachte McBride. Und wenn er nicht in hier Wohnung war...
    Er ging ins Wohnzimmer. Auf einem Tisch waren ein halbes Dutzend Glühbirnen verstreut, kleine Birnen, und alle zerbrochen. Daneben lagen ein Elektrobohrer und eine Klebepistole. Was hatte das zu bedeuten?
    Nach wenigen Schritten kam er in einen kurzen Flur — mit links und rechts jeweils einer Tür. Er öffnete die linke Tür und blickte in de Groots Schlafzimmer, weniger ein Raum zum Schlafen als ein rassistisches Diorama: Die Wand war mit plumpen Collagen tapeziert, mit pornografischen Fotos von schwarzen Männern und jungen blonden Frauen. Auf dem Boden neben dem Bett ein Haufen rassistischer und rechtsradikaler Hefte. Und an der Wand gegenüber Porträts von Hitler und dem Schweizer Ufologen Billy
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