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Gefährtin der Dämmerung

Gefährtin der Dämmerung

Titel: Gefährtin der Dämmerung
Autoren: Jeaniene Frost
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Lücken zwischen den schwarzen Strähnen konnte ich er kennen, dass seine Augen grün leuchteten. Neben mir erschau derte Bones, und ich warf einen kurzen Blick auf ihn. Er schien völlig auf Mencheres fixiert zu sein. Ich nahm seine Hand -
    und hätte sie beinahe wieder losgelassen, als mich etwas wie ein Stromschlag traf. Was Mencheres auch tat, es hatte Auswirkun gen auf Bones. Nach der Machtübertragung war anscheinend noch eine Art dünne Verbindung zwischen ihnen erhalten ge blieben. Das beunruhigte mich, obwohl ich nicht hätte sagen können, warum.
    Und da erhoben sich urplötzlich die Gebeine der am Vorabend Getöteten vom Tischtuch. Um Mencheres herum bildeten sie in der Luft einen Kreis, der sich schließlich zu drehen begann.
    Erst langsam, als hingen die Knochen an unsichtbaren Fäden, dann aber immer schneller. Und noch schneller, bis man bald nur noch die morbid grinsenden Schädel mit ihren schwingenden Kiefern in dem tornadoartigen Wind erkennen konnte. Men cheres' Haar flatterte, und meine Haut kribbelte, als würde eine Million unsichtbare Ameisen sie bevölkern. Die Macht, die Men cheres umgab, wuchs und wuchs, bis es mich nicht einmal mehr gewundert hätte, wenn der Blitz bei ihm eingeschlagen wäre.
    Mit einem Krachen zerstoben die wirbelnden Gebeine und regneten als feiner weißer Puder auf Mencheres herab. Ich pack te Bones' Hand ganz fest, ohne mich um die sengende Energie zu kümmern, die mir dabei in den Arm schoss, und starrte un gläubig die staubigen Überreste seiner Freunde an. Staub zu Staub, dachte ich wie betäubt. Mencheres hatte alles, was von diesen tapferen Männern noch übrig war, einfach vernichtet.
    Warum ? Warum hatte er das getan ?
    Ohne den Kopf zu heben, ergriff Mencheres ein Messer, das auf seinem Schoß gelegen hatte, und rammte es sich ins Herz.
    Ungläubig staunend keuchte ich auf, als er die Klinge in der Wunde drehte. Ist wohl Stahl, kein Silber, schoss es mir durch den Kopf. Sonst wäre er so tot gewesen wie die pudrigen Über reste der Männer, die ihn wie grauer Schnee bedeckten.
    Dunkles Blut ergoss sich als steter Strom aus der Wunde, als würde sein Herz noch schlagen. Die düster karmesinrote Flüssigkeit bedeckte das Messer, seine Hände und seine Kleidung.
    Bald allerdings war mein Blick nicht mehr darauf gerichtet. Mit zunehmendem Unverständnis starrte ich die klebrig rote Masse aus zerstäubten Gebeinen an, die sich nun aufspaltete, ausdehn te ... und schließlich einzelne Gestalten bildete.
    »Madre de Dios«, hörte ich Juan murmeln und damit gegen Mencheres' Schweigegebot verstoßen.
    Meine eigenen Gedanken waren weniger andächtig: Was zum Teufel ist hier los?
    Vor meinen Augen formten sich geisterhafte Körper, die Mencheres einzuhüllen schienen. Er murmelte etwas in einer mir unbekannten Sprache, und die vagen Formen nahmen deut licher Gestalt an. Sie dehnten sich aus, bis sie schließlich wie zum Leben erwachte Schatten wirkten. Ich konnte zwar noch durch sie hindurchsehen, aber sie hatten dreidimensionale Ge stalt. Es waren plastische, trübe Abbilder nackter Männer. Eins davon drehte sich um, und Bones stieß ein leises Stöhnen aus.
    Randy, dachte ich entsetzt. Das ist Randy!
    Immer mehr solcher Gestalten bildeten sich aus dem Kno chenstaub, der Mencheres bedeckte. Er ließ das Messer in sei ner Brustwunde stecken, die immer weiter blutete, bis ich mich fragte, wie überhaupt noch Saft in ihm sein konnte. Je mehr Blut er allerdings verlor, desto weniger nebelhaft wirkten die Gestalten, bis ich schließlich jede der geisterhaften Erscheinun gen klar erkennen konnte. Da war Tick Tock, dicht neben Zero, oh Gott, Randy ...
    Erst als alle dreiundzwanzig Getöteten versammelt waren, zog Mencheres sich das Messer aus der Brust und begann zu sprechen.
    »Das sind nicht unsere Freunde. Sie erkennen uns nicht und haben keine Erinnerung an ihr früheres Leben. Sie bestehen aus der blinden Wut, die in allen Ermordeten schlummert, und ich habe diese Wut aus ihren Gebeinen heraufbeschworen und ihr Form verliehen. Kalte Rachsucht wird sie zu ihrer Mörderin treiben. Habe ich sie losgelassen, müssen wir ihnen nur folgen.
    Sie werden uns direkt zu Patra führen, wo sie sich auch verste cken mag.«
    Ich hatte die Information noch nicht richtig verdaut, da sprach Mencheres ein mir unverständliches Wort aus, und die Geister schössen in die Nacht davon wie der geölte Blitz. Wow, die waren schnell. Wie sollten wir da mitkommen?
    Mencheres stand auf, hob die
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