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Gefaehrliches Schweigen

Gefaehrliches Schweigen

Titel: Gefaehrliches Schweigen
Autoren: Ritta Jacobsson
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Rektor.“
    „Und die Aufnahmen?“
    „Die sind auf einem Band und in meinem Handy.“
    Es gab noch ein Band, das an Opa adressiert im Briefkasten lag, aber außer mir wusste das niemand. Nicht einmal Opa. Und ich hatte keine Ahnung, ob dieses Band mir helfen oder alles vermasseln würde.
    „Na dann“, wiederholte er.
    Ich wurde wieder wütend.
    „Das ist deine Schuld! Mann, so was Feiges, mich einfach zu verraten! Und dabei hab ich mich so auf dich verlassen!“
    Er schüttelte den Kopf.
    „Du weißt nicht, was die …“
    „Interessiert mich einen Scheiß!“
    Jo legte eine beruhigende Hand auf meinen Arm. Ich kämpfte gegen meinen Hass an.
    Wir sahen uns an. Es war mir unvorstellbar, wie ich es bis acht Uhr abends aushalten sollte.
    „Hast du irgendeine Idee, wo sie sein könnte?“
    Linus nickte zögernd.
    „Und warum hast du dann nicht die Polizei angerufen, du Superarsch?“
    „Ich glaube kaum, dass sie bloß auf meine Vermutung hin eine Streife nach einem Hund losschicken würden.“
    Das konnte ich leider nicht bestreiten.
    „Wo denn?“
    „In Filippas Probenraum.“
    „Warum glaubst du das?“
    „Wo sonst würde man einen gestohlenen Hund verstecken? Wohl kaum in einer Wohnung oder in einem Haus, wo die Nachbarn ihn bellen hören können.“
    Ich nickte zustimmend. Das war keine dumme Vermutung. Wahrscheinlich hatten sie deswegen Filippa in die ganze Sache hereingezogen. Ich überlegte kurz, wie es ihnen wohl gelungen sein mochte, eine so toughe Person wie Filippa einzuschüchtern, verschwendete aber nicht allzu viele Sekunden darauf.
    Wir hatten es eilig.
    Einen Versuch war es wert.
    Gegen den kalten Wind schlitterten wir den steilen, vereisten Hang hinunter – ich, meine beste Freundin und der Junge, der mich verraten hatte. Mein Herz war vor Sorge um meinen Hund am Zerspringen.
    Unten im Ortszentrum war es nachmittäglich menschenleer. Auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt standen nicht viele Autos. Die Leute waren noch nicht von der Arbeit nach Hause gekommen.
    Wir ließen das Zentrum hinter uns und bogen nach links ab. Im Heimatmuseum finden abends oft Veranstaltungen und Feste statt, heute lag es verlassen da.
    Ab und zu begegnete uns ein Auto, aber nur selten.
    In dem Moment, als wir das Ortszentrum hinter uns ließen, kam ein Gefühl des Unbehagens in mir hochgekrochen. War es wirklich vernünftig, Wuff auf eigene Faust zu suchen? Wäre es nicht besser, meineEltern anzurufen? Wie sollten wir drei etwas gegen eine ganze Bande ausrichten können?
    Doch die Unruhe trieb mich weiter. Ich würde meine Eltern anrufen, sobald ich die Bestätigung hatte, dass Wuff tatsächlich in dem Haus war.
    Nachdem wir eine Viertelstunde schweigend unterwegs gewesen waren, sahen wir das Haus.
    „Da ist es“, flüsterte Linus, obwohl niemand uns aus so weiter Entfernung hätte hören können.
    „Wem gehört das Haus?“
    „Der Gemeinde. Filippas Rockband kriegt einen Zuschuss, um irgendwo üben zu können, und ich glaube, ihr Bruder hat dort eine Art Werkstatt oder so was.“
    „He, wir gründen auch eine Band“, sagte Jo. „Ich kann Blockflöte spielen.“
    Sie versuchte offensichtlich, mich etwas zu ermuntern, aber es gelang mir nicht einmal zu lächeln.
    „Woher weißt du so gut darüber Bescheid?“, fragte ich Linus.
    „Paulina ist doch Filippas Freundin“, sagte er.
    Seltsamerweise versetzte es mir einen Stich aus Eifersucht, als er Paulinas Namen erwähnte. Und dabei hasste ich ihn doch.
    Ich hatte ein verfalleneres Gebäude erwartet, doch das Haus sah ganz normal aus, rot gestrichen mit weißen Ecken. Dicht am Haus wuchs eine stattliche Eiche, deren knorrige Äste sich kahl in den Himmel reckten.
    Weder Autos noch Fahrräder waren irgendwo zu sehen. Nichts deutete darauf hin, dass jemand sich in dem Haus befand.
    Ich malte mir ein Bild von meiner schwarz gefleckten Wuff vor meinem inneren Auge aus, genau wie Mama ihre Bilder malt. Ich sah sie unverletzt und lebendig, eifrig auf mich wartend. Solange ich mich noch an meine Fantasie klammern konnte, hielt ich durch.
    Mit entschlossenen Schritten überquerte ich den Hof und trat an die Haustür. Linus und Jo kamen den halben Weg mit, blieben dann aber mitten auf dem Hof stehen.
    „Was hast du vor?“, zischte Linus hinter mir her.
    Ich klopfte an die Tür, obwohl ich keine Ahnung hatte, was ich tun sollte, wenn jemand aufmachte.
    Nichts war zu hören.
    Ich drückte den Türgriff ein paar Mal nach unten und klopfte fester.
    „Hallo!“
    Jo
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