Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefaehrlicher Liebhaber - Jagd auf Jack the Ripper

Gefaehrlicher Liebhaber - Jagd auf Jack the Ripper

Titel: Gefaehrlicher Liebhaber - Jagd auf Jack the Ripper
Autoren: Cassandra Norton
Vom Netzwerk:
ihnen, ohne eine Antwort abzuwarten, den Weg durch die Herumstehenden.
    St. John erstarrte, als man ihm unerwartet die Sicht auf die Ermordete freigab, deren zerfetzter Leib sich allen Gaffern darbot. Er stand so dicht bei der Toten, dass seine Schuhspitzen ihre berührten. Er machte einen Schritt zurück. Sein Magen drehte sich und er roch, dass sich jemand unweit des Opfers übergeben hatte. Ein Mann in Zivil, den St. John nicht kannte, beugte sich über die Leiche und zupfte an ihrer Haube, die wie ein Kissen unter den Kopf gerutscht war.
    „So … hat jetzt jeder mal angefasst?“ St. John sah sich wütend um. „Da hinten … Sir … Sie! Ja … Sie! Möchten Sie auch noch?“, rief er und der Angesprochene schüttelte den Kopf.
    Walker grinste mit gesenktem Kopf. „Ist gut, Sie junger Heißsporn! Wir müssen nehmen, was wir kriegen können, nicht wahr?“
    St. John warf wutfunkelnde Blicke nach Walker. „Was wir kriegen können? Nichts an diesem Tatort ist mehr wie in dem Moment, als die Frau überfallen wurde.“
    „Es war der Whitechapel-Killer. Das ist doch keine Frage!“, erläuterte ein Streifenpolizist wissend.
    „Aha? Und woher wissen Sie das? Liegt hier irgendwo ein Zettel, auf dem das steht?“ St. John beugte sich über die Tote. „Weiß man, wer sie ist?“
    Der Streifenpolizist, anscheinend etwas ungehalten über seine Bemerkung, trat neben ihn und musste etwas zu ihm aufsehen.
    „Catherine Eddowes heißt sie. Nannte sich manchmal auch Jane Kelly oder Mary Ann Kelly. Sie ist gestern Abend in der Aldgate High Street aufgegriffen worden. Blau wie ein Veilchen hat sie in der Gosse gelegen, bis jemand einen Kollegen gerufen hat. Dann hat man sie zur Ausnüchterung in die Bishopsgate Polizeistation gebracht.“ Er machte eine längere Pause und sah sich um, vermied aber, die Leiche zu betrachten.
    „Ja? Und weiter?“, drängte Walker.
    „Da ist sie gegen ein Uhr heute Nacht an die Luft gesetzt worden, nachdem sie so weit wieder beieinander war. Wird dann wohl wieder anschaffen gegangen sein.“ Er zuckte die Schultern.
    Walker bedankte sich bei dem Mann und dieser sah zu, dass er ein paar Schritte zwischen sich und die verstümmelte Leiche brachte. „Was denken Sie … der Whitechapel-Killer?“, eröffnete Walker die verbale Jagd.
    St. Johns Blick wanderte umher, denn ein paar der Umstehenden schienen den Namen gehört zu haben, womit sie sich in ihren Vermutungen bestätigt fühlen durften.
    „Walker! Wir wissen doch gar nicht …“, mahnte er.
    „Wir wissen nicht? Ihre Röcke hochgeschoben, der Hals durchtrennt, das Gesicht zerschnitten, verstümmelt. Ihre Innereien liegen über ihrer Schulter … Was immer dieser Brocken da ist … jemand hat ihn aus ihr herausgeschnitten und zwischen ihren Körper und ihren Arm gelegt. Wer zur Hölle sollte das sonst gewesen sein?“ Walkers Tonfall war drängend, beinahe bedrohlich geworden, woran St. John erkannte, dass langsam Panik in dem Mann aufstieg.
    „Zwei solcher Morde in einer Nacht?“ Er schob seine Locken hinter das rechte Ohr, während er die Stelle unter ihrer Schulter, wo geronnenes Blut zu sehen war, genauer betrachtete. Es war keine Kritik, nicht mal ein Gegenargument. Es klang eher wie Frage eines wissensdurstigen Schülers.
    Walker zuckte mit den Schultern. „Warum nicht? Er ist ein Irrer. Vollkommen irre.“
    „Wir müssen den Bericht des Leichenbeschauers abwarten. Vielleicht können wir dann mehr sagen. Jetzt im Moment ist hier alles für die Katz. So wie man hier gewütet hat …“
    Walker schien sich nicht sicher, ob er mit dem letzten Satz die Tote oder den Tatort meinte. Er machte ihm ein Zeichen und sie verließen hintereinander den Mitre Square und stiegen in ihre wartende Droschke. Gerade, als diese sich mit einem Ruck in Bewegung setzte, legte sich eine weiße Hand auf das geöffnete Fenster und hätte Walker nicht geistesgegenwärtig den Kutscher gestoppt, wäre die junge Frau wohl umgerissen worden, die jetzt ihr bleiches Gesicht durch das Fenster schob. Kaum mehr als ein Kind, hatte sie große grüne Augen und wildes rotbraunes Haar, das zu einem Zopf zusammengefasst war, der sich jedoch in Auflösung befand.
    „Cathy, äh?“
    Walker nickte. Sie ließ los und starrte sie mit glasigen Augen an. Walker hielt sie offenbar für betrunken, doch St. John wusste, dass sie mit den Tränen kämpfte.
    „Hast dich nicht zu ihr getraut?“, fragte er sanft.
    Das Mädchen schüttelte den Kopf. Ihre Kleidung hatte mal einen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher