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Gefährliche Wahrheit - Rice, L: Gefährliche Wahrheit

Gefährliche Wahrheit - Rice, L: Gefährliche Wahrheit

Titel: Gefährliche Wahrheit - Rice, L: Gefährliche Wahrheit
Autoren: Lisa Marie Rice
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er konnte es sich nicht leisten, seine Männer diese Besessenheit sehen zu lassen. Sicher, sie waren loyal, aber in ihrer Welt war Loyalität etwas, das man sich kaufte. Drake hatte keine Freunde, er hatte Angestellte. Und Angestellte konnten illoyal werden. Das beste Beispiel: sein Informant. Der hatte eben erst für mickrige fünfzigtausend Dollar ein gewaltiges Loch in die nahezu undurchdringliche Panzerung, die Drake umgab, gerissen.
    Also, das waren die Tatsachen: Drake war von einer wunderschönen Frau besessen, die von seiner Existenz nicht die geringste Ahnung hatte. Jeden Monat war er mehrere Stunden lang vollkommen schutzlos.
    Schnapp dir die Frau, zwing Drake, seine Codes preiszugeben, bring Drake und die Frau um, und du wirst einer der mächtigsten Männer auf der ganzen Welt – alles auf einen Streich.
    Das war’s!
    Die Entscheidung war gefallen. Es war Donnerstag. In ein paar Tagen könnte er alle Vorbereitungen getroffen haben. Schon am nächsten Dienstagabend könnte er auf Drakes Platz sitzen – der König der Welt.
    Rutskoi griff zum Telefon. Zeit, sich einen Partner zu suchen.

1
    Gasse vor der Feinstein Art Gallery
    Manhattan
    17. November
    Gefühle töten schneller als Kugeln , besagte ein altes russisches Armeesprichwort, das Viktor „Drake“ Drakowitsch in dem Moment durch den Kopf schoss, in dem er das Geräusch hinter sich vernahm. Es war kaum hörbar. Der schwache Laut von Metall, das Leder streifte, eine Oberfläche, die sich an einer anderen rieb, und ein hauchzartes metallisches Klicken. Der Klang einer Schusswaffe, die aus ihrem Halfter gezogen und entsichert wurde. Diesen Klang hatte er im Laufe der Jahre schon tausendfach und in Tausenden von Varianten gehört.
    Seit einem Jahr wusste er, dass dieser Moment kommen würde. Es war nur eine Frage, wann, nicht ob es geschehen würde. Er hatte sich mit rasender Geschwindigkeit im Laufe des letzten Jahres auf diesen Moment zubewegt, gegen sämtliche Instinkte seines Körpers, außer Kontrolle.
    Seit seiner Kindheit, die er auf den Straßen von Odessa verbracht hatte, hatte er immer wieder auch die grauenhaftesten Lebensbedingungen überstanden, indem er vorsichtig gewesen war, indem er sich niemals unnötig Gefahren ausgesetzt hatte, indem er immer auf seine Sicherheit bedacht war.
    Was er im Laufe des vergangenen Jahrs getan hatte, kam einem Selbstmord gleich. Auch wenn es sich nicht so anfühlte.
    Es fühlte sich an wie … das Leben selbst.
    Er konnte sich noch an die genaue Sekunde erinnern, in der sich sein Leben verändert hatte. Vollständig, ganz und gar, augenblicklich.
    Er hatte in seiner Limousine gesessen, von Mischa, seinem Chauffeur, durch die schalldichte Scheibe getrennt. Im Wagen redete er nie. Er nutzte die Zeit dazu, den Papierkram zu erledigen, der sich angesammelt hatte. Es war schon Jahre her, seit er zuletzt zum Vergnügen irgendwohin gefahren war. Autos waren dazu da, um von A nach B zu kommen, wenn man nicht fliegen konnte.
    Die Fenster waren dunkel getönt, aus Gründen der Sicherheit natürlich. Aber auch weil es schon lange her war, dass ihn die Welt dort draußen so sehr interessiert hatte, um einen Blick durch das Fenster auf die Gegend zu werfen, durch die sie fuhren.
    Der schwere, gepanzerte Mercedes S600 steckte im Verkehr fest. Immer wieder durchlief die Ampel über ihnen den Zyklus grün-gelb-rot, grün-gelb-rot und noch einmal dasselbe, und immer noch rührte sich nichts. Irgendwo vor ihnen musste etwas passiert sein. Das Heulen ungeduldiger Sirenen drang durch die gepanzerten Wände und die kugelsicheren Scheiben des Wagens, sodass es klang, als kämen sie von sehr weit weg; wie das Surren wild gewordener Insekten in der Ferne.
    Ein Motorrad schlängelte sich an den Autos vorbei wie ein Aal durchs Wasser. Ein Fahrer war bei dem Anblick des Motorradfahrers und seines Fortschritts so empört, dass er wutentbrannt auf die Hupe drückte, das Fenster herabließ und den Mittelfinger in die Luft stieß. Mit hochrotem Gesicht schrie er irgendetwas, dass die Speicheltröpfchen nur so flogen.
    Drake schloss angewidert die Augen. Selbst in Amerika, wo Ordnung, Frieden und Überfluss herrschten, selbst hier gab es Aggression und Neid. Die Menschen lernten nie dazu. Sie waren wie gewalttätige Kinder, bockig und gierig und unbeherrscht.
    Es war ein altbekanntes Gefühl, das noch aus seiner Kindheit stammte, so vertraut wie das Gefühl seiner Hände und Füße. Menschen waren fehlerhaft und habgierig und brutal.
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