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Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Titel: Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)
Autoren: Audrey Braun
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meine Hand auf Jonathons Herz. Es klopft so heftig, so schnell, ich habe das Gefühl, es müsste ihm aus der Brust springen und in meiner Hand landen. Ich spüre seine Einsamkeit, die Leere in ihm, die wie Rauch zum Himmel steigt. Er ist so viele Jahre übersehen worden. Von mir. Von allen. Wer hat sich je um diesen Mann gekümmert? Wen hat er jemals so nah an sich heran gelassen? Seine Liebe ist nichts mehr als ein verlassener Graben, ein Ort, wo die Gefühle der anderen verrotten.
    »Mom?«, murmelt Oliver.
    Jonathon ergreift meine Hand. Er küsst sie.
    »Bist du okay?«, murmelt Oliver.
    »Ja, Ollie«, sage ich. »Mir geht es gut. Schlaf weiter.«
    Anscheinend brauche ich nur die Stimme meines Sohnes zu hören. Und schon weiß ich genau, was zu tun ist. Ich hole mit dem Kopf aus und ramme Jonathon meine Stirn in die Brust.
    Jemand schreit. Wer genau, kann ich nicht sagen. Leute springen in alle Richtungen. Die Freymanns fliehen hinter mir aus der Tür. Kalte Luft strömt in die Küche. Nur Oliver versucht sich in der Mitte freizukämpfen.
    Jonathon prallt mit Kevin zusammen, sie stürzen zu Boden. Das Messer in Kevins Hand schneidet Jonathon die Wange auf. Das Fleisch klafft auseinander, Blut strömt über sein Gesicht.
    Benicio versetzt Henri einen kräftigen Tritt zwischen die Beine. Er zieht eine Schere aus seinem Hosenbund und schneidet Olivers Fesseln durch. Dann stößt er die Schere in Henris Schulter, der mit einem widerwärtigen Stöhnen zusammenbricht. Allerdings nicht, bevor die Nadel seiner Spritze in Benicios Bein verschwindet.
    Kevin schiebt Jonathon zur Seite und stürzt sich auf mich.
    Ich springe zurück und greife nach der Pistole auf dem Küchentresen. Ich ziehe den Kragen meines Shirts über meine Nase und schieße Kevin dreimal ins Gesicht. Der dritte Schuss feuert die Patrone mit dem Pfefferspray ab und wirft ihn zurück. Er presst die Finger in seine Augen. Die Küche verwandelt sich in einen giftigen Mahlstrom.
    Benicio zieht Oliver zu Boden und zerrt ihn nach draußen, während Jonathon eine der Aktentasche packt und an ihnen vorbeirennt.
    Meine Augen brennen wie Feuer, als hätte man geschmolzenen Stahl hineingegossen. Ich weiß, dass ich sie nicht berühren darf, selbst wenn sie sich von allein schließen und nicht mehr öffnen wollen. Noch nie habe ich so eine Hitze gespürt. Ich weiß nicht, wo ich bin, wo die anderen sind. Ich taste mich am Küchentresen entlang und zur Tür hinaus, wo ich Oliver nach Atem ringen höre.
    Gras unter meinen Füßen. So viele Leute würgen, ich heule Rotz und Wasser, meine Kehle lodert vor Schmerz. Immer wieder blinzele ich, bis die verschwommenen Umrisse von Oliver im Gras endlich erscheinen. Er ruft nach mir, schnappt nach Luft. Ich stolpere an ihm vorbei. Auch an Benicio, der neben ihm am Boden liegt.
    Jonathon ist nur noch ein schwarzer Fleck am Horizont, ein Geist, der über das Feld in den flachen Graben neben der Straße stolpert.
    Blind laufe ich ihm nach, jeder Atemzug höllischer Schmerz. Mir wird schlecht und ich muss stehen bleiben und die brennende Fackel aus meinen Lungen erbrechen.
    Jonathon ist auf dem Weg zum See. Aber er ist nicht schneller als ich. Alle paar Schritte verliert er das Gleichgewicht.
    Ich bekomme das Haar an seinem Hinterkopf zu fassen. Er holt mit der Aktenmappe aus und sie prallt hart gegen meinen Kopf, genau dort, wo ich ihn in die Brust getroffen habe.
    Ich liege am Boden und schluchze vor Wut. Ich trete nach seinen Knöcheln und er stürzt neben mich zu Boden. Das Blut aus dem Schnitt in seiner Wange ist überall, in seinem Gesicht, auf seiner Kleidung, seinen Händen. Ich rolle mich auf seine Brust und trommle mit meinen geballten Fäusten auf alles ein, was ich nur treffen kann.
    Dann schießt plötzlich eine andere Art von Hitze durch meinen Körper. Ich kann das Schweizer Messer in seiner Hand kaum erkennen, selbst nicht, als es zwischen meine Rippen gleitet. Ein leises, saugendes Geräusch. Ich falle in das kalte Gras. Der Schock erfasst mich, ich fühle mich wie gelähmt.
    Jonathon erhebt sich auf seine Hände und Knie. Er wirft sich nach vorne und drückt mich flach auf den Rücken, setzt sich auf meine Brust und fixiert meine Hände mit seinen Knien. Er wirft das Messer zur Seite. Er lacht mir ins Gesicht. Er legt seine Hände um meinen Hals und drückt zu.
    Sein Gesicht hängt über mir. Aufgedunsen und blutend. Wie eine Maske an Halloween. Blut tropft mir ins Gesicht. Ich kann mich nicht bewegen. Mein
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