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Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Titel: Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)
Autoren: Audrey Braun
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Jonathon. Das ist jedem im Raum klar. Einschließlich Jonathon.
    »Du glaubst, ich sei ein schrecklicher Mensch«, sagt Jonathon zu mir. »Ich habe dich betrogen. Ja, ich habe dich betrogen. Ich habe gelogen. Aber ich habe versucht …« Er senkt den Blick zu Boden und stößt die Hände in die Luft, als wolle er ein Loch hineinreißen. Dann sieht er mich an. »Das hast du an mir nie verstanden. Ich habe versucht, alles zusammen zu halten. Alles in Ordnung zu bringen, was uns hätte schaden können. Ob du es warst und deine Affäre oder unsere Finanzen oder Olivers beschissenes Verhalten. Ich habe versucht, das Richtige zu tun. Du siehst mich so voller Ekel an, aber was hast du getan? Du bist mit einem Mann ins Bett gestiegen, der seine ganze Familie betrogen hat. Er hat auch gelogen und betrogen. Sie, dich, mich. Und sieh nur selbst, wie du nach ihm lechzt!«
    Er packt mein Haar und zieht meinen Kopf zu sich heran. Benicio will aufstehen. Ich hebe eine Hand, um ihn zurückzuhalten.
    »In all den achtzehn Jahren hast du mich nicht einmal so angesehen«, sagt Jonathon.
    »Es tut mir leid«, sage ich und Tränen steigen in die Augen.
    Jonathon schnaubt verächtlich und lässt mein Haar los.
    Kevin steht breitbeinig dar, wie ein Footballspieler kurz vor dem Angriff. Er ist die Karikatur eines Mannes, ein Wachmann, den Jonathon sich bei der Bank ausgeliehen haben muss.
    Ich werfe Benicio einen Blick zu, sehe, wie sich seine Lippe verzieht.
    »Was hast du mit uns vor?«, frage ich.
    »Ich kann ja schlecht zulassen, dass du hier das pure Chaos auslöst, sobald ich aus der Tür bin.«
    Henri zieht mit der Spritze aus einer kleinen Flasche eine klare Flüssigkeit auf.
    »Nur eine kleine Hilfe, damit du dich ausruhen kannst«, sagt Jonathon. »Aber offensichtlich wirst du es nicht zulassen, dass Henri dir eine Spritze gibt, ohne dass wir dich überzeugen still zu sitzen.«
    »Wie meinst du das?« Ich bin völlig panisch, dass was immer auch in dieser Spritze ist, uns alle töten soll.
    »Kevin wird dir das Messer an den Hals halten, während Henri deinem Freund seine Spritze gibt. Macht er eine falsche Bewegung, war’s das für dich.« Er lacht. »Ich schätze, du wirst gleich herausfinden, wie wichtig du ihm wirklich bist, Cee.«
    Kevin nimmt erneut Aufstellung, das Küchenmesser fest in der Faust. Benicio ist bereit und wartet darauf, dass Henri zu ihm kommt. Erkennen die anderen das denn nicht? Spüren Sie nicht, was er tun wird?
    Frau Freymann steht auf und setzt sich zu ihrem Bruder. Ihr Gesicht eine einzige trotzige Miene. Niemand sagt ein Wort.
    Henri zieht die Spritze ganz auf. Er seufzt, als würde ihn all das fürchterlich langweilen.
    »Hast du mich jemals geliebt, Jonathon?«, frage ich. Ich muss es einfach. Ich kann nicht anders.
    Das scheint ihn zu überraschen. Er stößt ein kleines, müdes Lachen aus. »Ja«, sagt er und dann, als wäre er zu müde, umnoch zu sprechen, fügt er hinzu: »Ich glaube schon.« Er holt tief Luft.
    Ich mache einen Schritt auf ihn zu.
    Kevin streckt die Hand aus, um mich aufzuhalten.
    »Schon gut«, sagt Jonathon.
    Ich bin ihm so nah, dass ich die Poren seiner unreinen, fettigen Haut sehe, die schwarzen und grauen Bartstoppeln, die roten Augen, die aussehen, als hätte er tagelang nicht geschlafen. Er ist schlanker geworden. Seine Wangen sind eingefallen, ihre Fülle verschwunden. Er ist ein Fremder für mich. Niemand, den ich jemals so geliebt habe, wie ich es hätte tun sollen. Es war von Anfang an ein Fehler gewesen. Und doch ist jetzt Oliver hier, mein Junge, mein geliebtes Kind. Ein Wunder, entstanden aus einem fürchterlichen Missgriff.
    »Wir müssen anfangen«, sagt Henri, der eindeutig ungeduldig wird. »Das Schiff fährt in einer Stunde.«
    »Welches Schiff?«, frage ich.
    Oliver rührt sich. Er hebt den Kopf und stöhnt. Langsam öffnen sich seine Augen, dann fallen sie wieder zu.
    Ich gehe um den Tisch herum und halte seinen Kopf. »Oliver«, flüstere ich in sein Ohr. »Es ist alles gut, Liebling.«
    Ich blicke auf und sehe etwas über Jonathons Gesicht huschen. Ich möchte gern glauben, dass er es sich noch einmal anders überlegt. Eine Sekunde lang bin ich überzeugt, dass er nicht in der Lage ist, seinem eigenen Kind etwas anzutun.
    »Wir müssen los«, sagt er und genauso schnell ist dieser Ausdruck wieder verschwunden.
    »Welches Schiff?«, frage ich.
    Jonathon nickt Henri zu. »Wir verschwenden unsere Zeit.«
    »Warte.« Ich gehe um den Tisch herum und lege sanft
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