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Gefaehrliche Kaninchen

Gefaehrliche Kaninchen

Titel: Gefaehrliche Kaninchen
Autoren: Kirsten John
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wahr?«
    »Und wie.« Den Stein kann man nehmen. Kein Gewürm daran, das sich festklammert. »Und der Nudelauflauf, also, das ist der Hit. Und das Frühstück. Selbst gemachte Erdbeermarmelade ist so cool. Selbst gemacht! Mann, deine Mutter ist echt eine super Köchin. Und witzig. Aber dein Vater auch. Wir wollen demnächst mit allen zusammen eine Zielscheibe im Garten aufbauen und uns Bogen und Pfeile basteln, obwohl dein Vater ›pazifisch‹ ist, oder so. Das heißt wohl, er mag eigentlich keine Pfeile.« Max zuckt mit den Achseln. »Da ist nur …«
    »Was denn?«
    »Ich esse normalerweise kein Fleisch. Aber deine Mutter kocht so super …, also, das darf meine Mutter nicht wissen. Die findet es nämlich gut, dass ich ein Vegetarier bin und das auch durchhalte.«
    »Ein was?«
    »Vegetarier. Das heißt, ich mag eigentlich kein Fleisch.«
    Leonie grinst. »So wie mein Vater keine Pfeile?«
    Max grinst zurück. Egal, was man ist und welch komplizierte Namen man sich gibt: In getauschten Leben ist alles anders. Tauschleben sind neu, von Anfang an.
    Am nächsten Tag kann Max noch nicht aus dem Fenster springen und über den See schwimmen, doch als er in aller Herrgottsfrühe rüber zu Leonie geht, ist der Bach schon ein wenig angeschwollen. Rechts und links haben sich kleinere Ausbuchtungen gebildet, und es ist nur ganz wenig Schlamm weggespült worden. Er bessert die schadhaften Stellen mit ein paar Steinen aus und wartet, bis Leonie auftaucht.
    Sie zeigt ihm das Buch, das sie heute lesen will. Außerdem hat sie ihren Tuschkasten mitgebracht. »Die Grüntöne hat Issa geklaut und versteckt. Irgendwie hat sie Angst vor Grün, glaube ich. Aber mit dem Rest kann man noch super Bilder malen.« Sie sieht Max prüfend an. »Meinst du, deine Mutter lässt mich?«
    Max nickt zuversichtlich. »Du kannst alles machen, was leise ist.« Das ist die Regel. Dann verzieht er das Gesicht. »Außer es ist elektronisch.« Nintendos und Ähnliches sind die Ausnahmen von der Regel, obwohl die leise sind wie nichts sonst.
    »Super.« Sie sieht auf den Staudamm. »Soll ich dir noch helfen?«
    »Nein, hab alles unter Kontrolle.«
    »Dann beeile dich: Bei uns gibt es frische Brötchen.«
    Schon kurze Zeit später sitzt Max am Frühstückstisch. Das ist sein zweites Frühstück. Sein erstes bestand aus einem undefinierbaren Brei und einigen Apfelspalten, weil seine Mutter gerade auf Diät ist. Und er und sein Vater damit anscheinend auch.
    Mit seiner Gabel angelt er sich eine Scheibe Wurst und balanciert sie zu seinem Brötchen. Es herrscht ein solcher Lärm, dass es zunächst niemanden auffällt, als Lukas sich räuspert und »Klaus« sagt. Leonies Vater heißt Klaus, und bis auf Issa nennen ihn alle beim Vornamen. »Klaus? Jemand hat deine Zeitung gestohlen.«
    Die Zeitung von Leonies Vater ist öfter weg, eigentlich ständig, seit sie eingezogen sind, und irgendwie wundert sich auch niemand mehr darüber. Leonies Vater fährt sowieso morgens zum Bäcker, um Brötchen zu holen, und dann bringt er sich eben eine neue mit.
    Leonies Vater sieht hoch von der Ersatzzeitung, die er sich beim Bäcker gekauft hat. »Was hast du gesagt?«, fragt er.
    »Deine Zeitung«, schreit Lukas. Er muss so schreien, denn Georg und Tristan kloppen sich gerade um das Nutellaglas, Lars übt mit Messer und Teelöffel Schlagzeug und Issa weint, weil niemand das Ei für sie pellt. »Er klaut sie. Der Hau-den-Specht.«
    Herr Haubenbrecht ist der Nachbar. Er wohnt mit seiner Frau und einem Dackel in dem schmalen Haus rechts neben der Leoniefamilie und ruft andauernd herüber, sie sollen leiser sein und so.
    Max hat sich schon fast an diese Rufe gewöhnt. Sie kommen mal von der einen, mal von der anderen Seite, und ab und zu klingelt einer der Nachbarn an der Vordertür, um sich zu beschweren. Klaus, Leonies Vater, sagt, sie sollen sich nicht darum kümmern, weil die Nachbarn ihre Kindheit vergessen hätten und Spießer seien. Also rufen die Geschwister ab und an »Spießer« in die anderen Gärten, ansonsten aber kümmern sie sich nicht um die Nachbarn. Die Rufe gehen eh meist im Lärm unter.
    »Woher weißt du, dass Herr Haubenbrecht unsere Zeitung klaut?«, will Leonies Mutter wissen, die einen Schwung frischer Brötchen bringt.
    »Ich hab ihn beobachtet«, sagt Lukas.
    Leonies Vater hat nichts davon verstanden. »Seid mal kurz ruhig«, sagt er und lässt die Zeitung sinken. Natürlich ist niemand ruhig, außer Max, der das Gespräch aufmerksam verfolgt. »Woher
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