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Gefaehrliche Begegnungen

Gefaehrliche Begegnungen

Titel: Gefaehrliche Begegnungen
Autoren: Anna Zaires
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wäre, hätte sie ihr jetziges Appartement für weniger als die Hälfte mieten können. Aber natürlich musste auch berücksichtigt werden, dass sie dafür nächstes Jahr die Uni abschließen würde und nicht in Mitten der großen Panik, den dunklen Monaten, die auf das erste Zusammentreffen der Menschen mit den Eindringlingen folgten.
    Sie hielt bei dem örtlichen Imbiss und bestellte einen leicht getoasteten Bagel (natürlich Vollkorn, etwas anderes gab es auch nicht) mit einer Avocado–Tomaten–Creme. Seufzend erinnerte sie sich an die leckeren Omeletts, die ihre Mama ihr immer mit Schinkenstücken, Champignons und Käse zubereitet hatte. Heutzutage waren die Champignons die einzige Zutat davon, die sich ein Student überhaupt noch irgendwie leisten konnte. Fleisch, Fisch, Eier und Milch waren Delikatessen, die nur für besondere Anlässe gekauft wurden, so wie das damals bei Gänseleber und Kaviar der Fall gewesen war. Das war eine der vielen Änderungen, die die Krinar eingeführt hatten. Nach dem sie entschieden hatten, dass die typische Ernährung in den Industrieländern des frühen einundzwanzigsten Jahrhunderts sowohl für die Menschen als auch für die Umwelt schädlich sei, schlossen sie die größten industriellen Viehfarmen und zwangen die Fleisch–und Milcherzeuger zum Obst–und Gemüseanbau. Nur die kleinen Bauern waren in Ruhe gelassen worden und durften einige Tiere für besondere Anlässe halten. Umwelt– und Tierrechtsorganisationen waren wie in Ekstase gewesen und die Zahlen der Übergewichtigen in Amerika hatten sich schnell denen Vietnams angenähert. Natürlich waren die Ausfälle groß gewesen, viele Unternehmen mussten ihren Betrieb einstellen und es kam zu einer Lebensmittelknappheit während der Großen Panik. Später, als die vampirischen Neigungen der Krinar entdeckt worden waren (auch wenn immer noch nicht offiziell bestätigt), hatten die extremen Rechtsaktivisten behauptet, dass der wahre Grund der erzwungenen Nahrungsumstellung der war, dass das menschliche Blut dadurch süßer schmecke. Wie dem auch sei, das meiste Essen, das man jetzt noch bekommen konnte, war ekelhaft gesund.
    »Regenschirme, Regenschirme, Regenschirme!« Ein ungepflegt aussehender Mann stand an der Ecke und verhökerte dort seine Waren mit einem starken Akzent aus dem mittleren Osten. »Regenschirme für fünf Dollar!«
    Und natürlich begann es weniger als eine Minute später zu nieseln. Zum x–ten Male fragte Mia sich, ob diese Straßenverkäufer von Regenschirmen irgendeinen sechsten Sinn für Regen hätten. Sie schienen immer kurz vor dem ersten Regentropfen aus dem Nichts aufzutauchen, auch wenn gar kein Regen vorher gesagt worden war. So verlockend es auch war, sich einen Schirm zu kaufen und trocken zu bleiben, Mia hatte nur noch ein paar Straßen zu gehen und der Regen war zu leicht, um die unnötige Ausgabe von fünf Dollar zu rechtfertigen. Sie hätte ja auch einfach ihren alten Schirm von zu Hause mitbringen können, aber sie nahm nie gerne zusätzliche Sachen mit.
    Mia ging so schnell wie sie das mit ihrem schweren Rucksack konnte, bog um die Ecke auf die West Vierte Straße ein und konnte die Bibliothek sogar schon sehen, als der Platzregen einsetzte. Mist, sie hätte den Regenschirm doch kaufen sollen! Mia gab sich in Gedanken einen Tritt und begann zu rennen, oder eher zu trotten – Dank der Last des Rucksacks auf ihrem Rücken – als Regentropfen so stark gegen ihr Gesicht prallten, dass es sich anfühlte, als kämen sie aus einer Wasserpistole. Ihr Haar löste sich irgendwie aus dem Pferdeschwanz und hing in ihr Gesicht, so dass sie gar nichts mehr sehen konnte. Eine Menschentraube lief an ihr vorüber und beeilte sich, aus dem Regen zu kommen. Mia wurde einige Male von Fußgängern angerempelt, die wegen der Kombination aus heftigem Regen und den Regenschirmen einiger Glückspilze nicht sehen konnten. In solchen Momenten waren eine Größe von 1,60 Meter und ein Gewicht von kaum 45 Kilo ein echter Nachteil. Ein großer Mann drängte sie zur Seite, indem er seinen Ellenbogen in ihre Schulter rammte und Mia stolperte, da sie mit einem Fuß in einem Riss im Bürgersteig hängen blieb. Sie stürzte nach vorne, konnte den Fall aber mit ihren Händen auf dem nassen Pflaster abfangen, nachdem sie noch ein paar Zentimeter auf der rauen Oberfläche entlang gerutscht war.
    Auf einmal hoben sie starke Hände vom Boden auf als würde sie nichts wiegen und stellten sie aufrecht unter einen
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