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Gefaehrlich schoener Fremder

Gefaehrlich schoener Fremder

Titel: Gefaehrlich schoener Fremder
Autoren: Kate Carlton
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ins Waschbecken laufen ließ, obwohl dem Mann natürlich klar war, wozu sie hierher gekommen war. Sie fühlte sich gedemütigt und schämte sich ihrer eigenen Körperfunktionen.
    Sie war eben ein Produkt ihrer Erziehung wie ihrer natürlichen Schüchternheit.
    Die eigene Mutter war nicht in der Lage gewesen, ihre Tochter über Menstruation aufzuklären. Das hatte dann die offenherzigere Nachbarstochter getan. Und Sex war im Pfarrhaus ein Tabuthema gewesen. Luke hatte es übernommen, die Schwester über die Fortpflanzung von Vögeln und Bienen ins Bild zu setzen.
    Wie gern hätte Emily sich jetzt geduscht! Aber „fünf Minuten" hatte der Mann gesagt, und mit ihm war nicht zu spaßen. Anstatt an Körperpflege zu denken, sollte sie sich lieber auf Fluchtmöglichkeiten konzentrieren. Darum klatschte sie sich nur etwas kaltes Wasser ins Gesicht und putzte sich hastig die Zähne.
    Fieberhaft suchte sie im Bad nach einer Waffe. Das einzige, was ihr in die Hände geriet, war eine ungeöffnete Dose mit Rasierschaum.
    Besser als nichts. Vielleicht, überlegte sich Emily, komme ich nahe genug an den Kerl heran, um es ihm in die Augen sprühen zu können. Sie brach die Versiegelung auf, stieß den Deckel ab und verbarg die Dose zwischen ihrer Handfläche und ihrem Schenkel.
    Als sie geräuschlos ins Schlafzimmer zurückschlüpfte, beachtete der unheimliche Fremde sie mit keinem Blick, sondern starrte weiter aus dem Fenster.
    Emilys Blick huschte hinüber zur geschlossenen Schlafzimmertür. Auf einmal versagte ihr vernünftiges Denken, und zum ersten Mal in ihrem Leben ließ sie sich von einem Impuls leiten und zu etwas Dummem hinreißen: Sie stürmte los.
    Sie raste den kurzen Korridor hinunter und kam schlingernd vor der Haustür zum Halt. Fast hätte sie es geschafft. Ihre Hand lag schon auf dem Türgriff, da krallte sich eine Faust in ihre Bluse. Während sie herumwirbelte, zerriss der Stoff. Mit einem Schluchzer hob sie die Hand und richtete die Düse direkt auf die zusammengekniffenen Augen des Mannes.
    Da schoss sein Arm vor, schlug ihre Hand weg. Die Spraydose knallte auf den Teppich und kullerte unter die Couch. Der Mann drückte sie gegen seine Brust, wobei ihr Arm zwischen den beiden Körpern gefangen war.
    „Das hä tten Sie nicht tun sollen."
    Emily wollte schreien, aber der Laut blieb ihr im Hals stecken, als sie in sein kalt funkelndes Augenpaar starrte. Plötzlich wurde die quälende Stille vom Schrillen der Türglocke zerrissen.
    Blitzschnell presste der Mann eine Hand auf Emilys Mund und trug sie, noch bevor der Nachhall des Läutens verstummt war, den Korridor zurück.
    Geistesgegenwärtig hob er noch das feuchte Handtuch auf, mit dem sich Emily das Gesicht abgetrocknet hatte, und stopfte es - und sie selbst - in den begehbaren Schrank. Dann folgte er ihr und zerrte sie mit sich in die dunkelste Ecke hinter die Kleider.
    Warum, um alles auf der Welt, versteckt er sich mit mir? dachte Emily. Es kommt doch kein Mensch herein - es sei denn, ich mache die Tür auf, und das lässt dieser Mann sowieso nicht zu.
    Zu ihrer Überraschung hörte sie plötzlich, dass die Haustür geöffnet wurde. Der Mann hatte also gewusst oder geahnt, dass tatsächlich jemand ihr Haus betreten würde!
    Nur Luke und Mrs. Billings von nebenan hatten einen Schlüssel zu ihrem Haus.
    Ihr Bruder war in seinem Restaurant in Flagstaff, und ihre freundliche Nachbarin kam doch sicher nicht auf den Einfall die Topfpflanzen jetzt schon zu gießen, musste sie doch davon ausgehen, dass Emily erst gestern in Urlaub gefahren war.
    „Keinen Laut", zischte der Fremde, der plötzlich eine Pistole in der Hand hielt, Emily zu.
    Unnötige Warnung, denn Emily war so erschrocken, dass sie ohnehin außerstande war, auch nur einen Pieps von sich zu geben. Auf der Stirn brach ihr schon der Schweiß aus, rollte ihren Nacken hinunter, während sie auf die gedämpften Geräusche aus dem Wohnzimmer lauschte. Vor Schock weiteten sich ihre Augen noch mehr, als sie durch den Schlitz in der angelehnten Schranktür eine schattenhafte Gestalt wahrnahm. Was, um alles auf der Welt, machte Mrs.
    Billings hier? Im Schlafzimmer und im Bad standen doch gar keine Pflanzen!
    Jetzt waren Geräusche zu hören: Schubladen wurden aufgezogen, der mit Scharnieren befestigte Deckel des großen Weidenkorbes wurde geöffnet.
    Warum durchsuchte diese freundliche alte Frau seelenruhig und systematisch ihr Haus? Mrs. Billings war zwar für ihre Neugier bekannt, aber dass sie tatsächlich
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