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Gefaehrlich schoener Fremder

Gefaehrlich schoener Fremder

Titel: Gefaehrlich schoener Fremder
Autoren: Kate Carlton
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gewaschen, fühlte sich schwer vom Staub an und roch nach Autoabgasen. Die lachsfarbene Bluse, die sie heute morgen frisch angezogen hatte, und der beige Rock waren zerknittert, verschwitzt und klebten ihr am Körper.
    Ich bin nicht nur müde, ich bin auch enttäuscht, sagte sich Emily. Der frühmorgendliche Alarmanruf von Brent Conway, dem stellvertretenden Leiter ihres Buchladens „Emily's Corner", hatte sie genötigt, den Beginn ihres Urlaubs aufzuschieben. Statt über den Wolken den Ozean zu überqueren, hatte sie das Bestandsverzeichnis wieder aufzuspüren versucht, das der neu installierte Computer irgendwohin verschluckt hatte, wo es nicht hingehörte.
    Vielleicht war es auch das Schicksal. Phoenix stöhnte seit einigen Wochen unter einer Hitzewelle, und Emilys Bruder Luke hatte die Schwester für verrückt erklärt, weil sie sich für den ersten Urlaub ihres Lebens ausgerechnet eine tropische Insel ausgesucht hatte. Ein schwaches Lächeln zuckte um ihre Lippen beim Gedanken an ihren älteren Bruder. Luke, groß, blond, attraktiv, war das warme Licht in ihrer ansonsten langweiligen, trostlosen Kindheit gewesen. Mit seiner Aufsässigkeit, seinem Unabhängigkeitsstreben, seiner sorglosen Unbekümmertheit allem gegenüber, was ihr Vater predigte, war Luke eine ständige Enttäuschung für ihre streng religiösen Eltern gewesen. Ich war allerdings auch nicht viel besser, dachte Emily traurig, während sie eine Strähne zurückstrich, die sich aus ihrem im Nacken, straff zusammengebundenen langen Haar gelöst hatte.
    Als sie jetzt um die Ecke bog, erkannte sie plötzlich, warum ihr die Umgebung so dunkel erschienen war: Die Straßenlampen brannten alle nicht. Das Haus der Scaffers auf der anderen Straßenseite war jedoch hell erleucht et. Also kein allgemeiner Stromausfall, dachte Emily erleichtert. Die Klimaanlage funktioniert.
    Mit dem entspannenden Gefühl, wieder zu Hause zu sein, fuhr sie über die kurze Zufahrt in das undurchdringlich schwarze Loch ihrer kleinen Garage. Eine kühle Dusche und ein paar Stunden Schlaf, dann würde sie endlich ihren Urlaub antreten. Die Koffer waren schon gepackt und im Kofferraum des Wagens verstaut. Alles war für den großen Ausbruch bereit.
    Merkwürdig, dass ihr diese Formulierung gekommen war. Es klang fast, als wäre sie von ihrem bisherigen Leben enttäuscht. Emily runzelte die Stirn. Eigentlich war sie ganz zufrieden. Ihr gehörte ein Geschäft - ein so gutgehendes, dass sie sich überlegte, ein zweites zu eröffnen. Sie war finanziell unabhängig und konnte es sich erlauben, ihr Lieblingshobby, die Beschäftigung mit Büchern, zum Beruf zu machen.
    Sie wusste, dass die meisten Menschen ihr Leben als langweilig einschätzen würden. Na, wenn schon! Dann war sie eben im Unterschied zu anderen Frauen achtundzwanzig Jahre alt geworden, ohne je das erregende Prickeln einer richtigen Romanze erlebt zu haben. Dafür war sie sorgenfrei. Die spannungsgeladenen Reize kamen in ihrem Leben zu kurz - wie ihr Bruder sich ausdrückte und woran er sie immer wieder erinnerte. Sie hatte ihre Bücher, an denen sie ihre Einbildungskraft entzünden, in denen sie ihre Träume ausleben konnte.
    Ohne sich die Mühe zu machen, Licht anzuschalten, tastete sich Emily durch die Garage zur angrenzenden Küchentür und schloss auf. Wie gewohnt wollte sie Akten-und Handtasche auf den runden Tisch im Alkoven mit dem Erkerfenster abstellen.
    Doch soweit kam sie nicht. Ein kräftiger Männerarm legte sich um ihre Brust und drückte ihr die Arme gegen die Seiten. Gleichzeitig presste sich eine raue, schwielige Hand auf ihren Mund. Während Emily in eisigem Schreck nach Luft schnappte, wurde sie nach hinten gegen einen Körper gerissen, der hart wie ein Granitblock war.
    Panik durchraste sie, schnürte ihr die Kehle zu. In Sekundenschnelle liefen alle Horrorgeschichten über Einbrecher, von denen sie gehört oder gelesen hatte, vor ihrem inneren Auge ab.
    Instinktiv suchte sie sich dem eisernen Griff des Mannes zu entwinden. Sie zog ihre Finger zu Krallen zusammen, um ihm die Arme zu zerkratzen. Doch ihre verzweifelten Befreiungsversuche waren absolut zwecklos. Der Arm über ihrer Brust, der sich wie ein stählernes Band anfühlte, zog sich nur um so fester um sie und presste die Luft aus ihrem Körper. Grellgelbe Lichtstiche tanzten vor ihren Augen. Jetzt kämpfte sie nur noch darum, Luft zum Atmen zu bekommen.
    „Lassen Sie das, sonst verletze ich Sie noch."
    Jäh erschlafften Emilys Glieder. Die
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