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Gedankenmörder (German Edition)

Gedankenmörder (German Edition)

Titel: Gedankenmörder (German Edition)
Autoren: Rose Gerdts
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sagte Petersen mit tonloser Stimme. In dem kalten Neonlicht wirkte Petersen trotz ihres braunen Teints bleich.
    «Mein Gott. Er hat sie geschminkt», entfuhr es der Polizistin plötzlich entsetzt. Steenhoff schaute der toten Frau ins Gesicht. Die geschlossenen Augen waren mit dunklem Lidschatten übermalt. Mit einem schwarzen Kajalstift hatte der Unbekannte seinem Opfer überdimensionale Wimpern auf das Augenlid gezeichnet. Die Lippen der Leiche hatte er mit einem leuchtend roten Lippenstift nachgemalt. Aus dem Gesicht einer jungen Frau war eine ordinäre Totenfratze geworden.
    «Was muss der Typ für einen Hass in sich haben», sagte Petersen. Steenhoff nickte grimmig und ließ die Szenerie eine Weile stumm auf sich wirken. Schließlich wandte er sich wieder an seine Kollegin. «Lassen Sie uns einmal die Räume genauer anschauen.»
    «Vielleicht hat der Täter irgendetwas für uns hinterlassen.»
    Doch dazu kamen sie nicht mehr.
    «Die Spurensicherung ist da und zieht sich gerade um», meldete sich der Schutzpolizist, der vor der Tür Wache gehalten hatte, wieder zu Wort und schaute hinter sich in den Flur. Steenhoff griff in seine Jackentasche und machte schnell ein paar Fotos mit einer kleinen Kamera, die er stets bei sich trug.
    Kurz darauf standen drei Männer von der Tatortgruppe mit ihren weißen Einmalanzügen und ihren Hauben auf dem Kopf im Eingang.
    «Ich wäre euch sehr verbunden, wenn ihr uns jetzt das Feld hier überlassen könntet», sagte der Älteste der drei zu Steenhoff.
    Ohne eine Antwort abzuwarten, wandte sich der Mann an die einzige Frau im Raum.
    «Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?»
    «Kriminalkommissarin Navideh Petersen.»
    «Okay. Freut mich, Sie kennenzulernen. Bitte geben Sie im Präsidium noch heute Ihre Fingerabdrücke und eine DNA -Probe von sich ab. Sonst machen wir uns mit einigen Spurenträgern unnötig Arbeit. So Steenhoff, und jetzt würde ich hier gerne in Ruhe allein mit meinen Leuten arbeiten.»
    Verstimmt verließ Steenhoff die Pathologie. Mit manchen Kollegen der Tatortgruppe verstand er sich bestens. Doch mit dem heutigen Team war er schon häufiger aneinandergeraten. Die Arroganz der Männer nervte ihn. Ihr Recht auf die ersten Stunden an einem Tatort war fachlich zwar begründet, behinderte ihn aber. In einem Kapitaldelikt mussten so schnell und so viele Informationen wie möglich eingeholt werden. Ein ständiger Balanceakt zwischen den beiden Gruppen.
    «Okay», sagte Steenhoff an seine neue Kollegin gewandt und ging zielstrebig zum Fahrstuhl.
    «Mal hören, was Dr. Decker uns zu sagen hat.»

4
    «Dr. Decker führt zurzeit ein wichtiges Gespräch. Ich kann ihn unmöglich stören.»
    Die Sekretärin schenkte den beiden Kripobeamten, die vor ihrem Schreibtisch standen, einen abweisenden Blick.
    «Gut, dann werden wir uns eben fünf Minuten gedulden», erwiderte Steenhoff gnädig.
    «Das könnte durchaus länger dauern. Da müssen sie schon warten», wies die Sekretärin sie zurecht.
    Äußerlich ließ sich Steenhoff nichts anmerken. Doch innerlich nahm er sich vor, genau fünf Minuten zu warten und dann seine Geheimwaffe im Umgang mit Vorstandsetagen einzusetzen.
    Entspannt ließ er sich in die schwarzen Ledersessel in der Sitzecke des Vorzimmers zurücksinken. Aus dem Zimmer hatte man einen phantastischen Blick auf die Bremer Innenstadt. Deutlich erkannte Steenhoff in der Ferne den Dom mit seinen beiden schlanken Türmen. Plötzlich musste er an Marie denken.
    In den Osterferien vor fünf Jahren hatte er seine damals zehnjährige Tochter in den Bleikeller am Dom mitgenommen. Dort waren mehrere mumifizierte Leichen in ihren Särgen ausgestellt. Vage erinnerte er sich daran, dass der ursprüngliche Bleikeller im 17 . Jahrhundert seinen Namen erhalten hatte, weil dort das Blei für das Dach und die Orgelpfeifen gelagert wurde. In jener Zeit wurden in dem Keller Tote aus anderen Städten aufgebahrt, um deren Bestattung sich niemand kümmerte. Weil die Luft im Bleikeller extrem trocken war und wegen einer Strahlung, die angeblich von dem vielen Blei ausging, verwesten die Leichen nicht, sondern mumifizierten.
    Irgendwann in den 60 er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden die Särge schließlich mit Glasplatten abgedeckt und ausgestellt. Ihr gruseliger Anblick zog immer mehr Touristen und Einheimische in den Dom. Schließlich wurden die Toten in ihren Särgen in einen Anbau des Doms ausgelagert.
    In den Osterferien vor fünf Jahren hatte es wie aus Kübeln
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