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Gebrochene Schwingen

Gebrochene Schwingen

Titel: Gebrochene Schwingen
Autoren: V.C. Andrews
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in diesem Punkt waren wir uns sehr ähnlich.
    »Geht es ihm gut?«
    »Er ist nur ein wenig müde«, erwiderte sie, aber ich hatte das Gefühl, daß sie log.
    »Ist Randall auch hier?« fragte ich, während ich mich umsah und mich darüber wunderte, daß sie nicht mehr Licht machte.
    »Oh, das ist es also. Du bist gekommen, um ihn um Hilfe zu bitten, weitere Hilfe. Nicht wahr?« Sie nickte schnell, weil sie glaubte, den Grund für meinen Besuch herausgefunden zu haben.
    »Nein, Fanny, so ist es nicht.«
    »Nun, es ist auch egal. Er ist weg. Er ist nicht mehr hier.«
    »Weg?«
    »Um noch einmal nachzudenken. Ich sagte ihm, er solle sich überlegen, ob er mich liebt oder nicht, und nicht zurückkommen, bevor er es weiß.«
    »Ich verstehe.« Sie mußte eine Auseinandersetzung mit ihm gehabt haben. Möglicherweise hatte Drake dabei zugesehen.
    »Aber glaube ja nicht, das hilft dir vor Gericht. Mein Anwalt sagt, daß es jetzt egal ist, ob ich verheiratet bin oder nicht, weil du ja nicht Drakes Schwester bist.«
    »Er hat wahrscheinlich recht damit, Fanny.«
    Vom vernünftigen Ton meiner Stimme schien sie überrascht zu sein. Aber es verwirrte sie, und sie verkrampfte sich, weil sie Schlimmes erwartete.
    »Was willst du jetzt, Heaven? Du hast doch irgendwas im Sinn, sonst würdest du nicht herkommen. Also spuck es aus!«
    »Können wir uns nicht hinsetzen?«
    »Setz dich hin, wenn du willst. Ich bleibe stehen.« Sie unterstrich ihre Worte, indem sie sich noch mehr aufrichtete.
    Ich ging in das Wohnzimmer und setzte mich auf einen Stuhl am Ecktisch. Fanny folgte mir, während sie mich nervös beobachtete.
    »Nun, Fanny«, begann ich, »das Sorgerecht für Drake wird dir zugesprochen werden, das heißt, du wirst zwei Kinder haben, für die du sorgen mußt.«
    »Na und?« Ihre dunklen Augen blitzten mich an. »Meinst du, ich kann nicht richtig für sie sorgen?«
    »Das habe ich nicht gesagt, aber wenn Randall dich verlassen sollte, wird es sehr schwer für dich werden. Wie steht es denn mit deiner finanziellen Situation? Sie kann nicht besonders gut sein.«
    »Mein Anwalt sagt, daß du mir immer noch weiter Geld schicken mußt für das Kind. Er sagt, es sei egal, was ihr euch für einen tollen Anwalt nehmt, da kommt ihr nicht raus.«
    »Vielleicht. Aber trotzdem handelt es sich dabei nicht um viel Geld, Fanny.« Sie erwiderte nichts darauf, sondern sah mich nur an, ihre Augen wurden schmal.
    »Was willst du mir erzählen, Heaven? Das war es nicht. Was willst du?«
    »Ich bin gekommen, um dir ein Angebot zu machen, Fanny.«
    »Was für ein Angebot?«
    »Ich biete dir eine Million Dollar dafür, daß du mir Drakes Sorgerecht überschreibst.«
    Ich konnte sehen, daß sie einen Moment brauchte, um sich über die Bedeutung meiner Worte klar zu werden. Sie blinzelte und bewegte sich in Richtung Sofa. Dann lächelte sie. Aber es war ein anderes Lächeln als sonst. Es war ein berechnendes Grinsen, das mir kalte Schauer den Rücken hinunterjagte. Sie setzte sich und ließ mich keine Sekunde aus den Augen.
    »Nun sieh dir das an! Du bist hierhergekommen, um Drake zu kaufen. Genauso, wie der Reverend mich gekauft hat.
    Genauso, wie Cal und Kitty gekommen sind, um dich zu kaufen. Du willst, daß ich das tue, was Vater getan hat: ein Kind verkaufen. Du bist nicht besser als die anderen, die uns Casteel-Kinder aufgekauft haben. Damals sagtest du, daß du sie dafür gehaßt hast. Du hast Vater dafür gehaßt, daß er das getan hat, und hast ihm bis zu seinem Tod das Gefühl gegeben, schuldig zu sein. Oder nicht? Stimmt das nicht?« schrie sie.
    Ich sah zu Boden und konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten.
    »Jetzt willst du also etwas so sehr, daß du selbst etwas tust, was du eigentlich verabscheust, was du damals rächen wolltest und was sogar Toms Tod verursacht hat.«
    »Fanny…« Mein Herz schlug so schnell, daß ich kaum atmen konnte.
    »Sag nichts«, sagte sie und drehte sich weg. Und plötzlich fing sie an zu weinen, und dieses Mal wußte ich, daß es echt war. Sie sprach, ohne mich anzusehen.
    »Natürlich will ich eine Million Dollar, damit ich so reich und mächtig leben kann wie du.« Sie wandte sich mir zu, und ihr Gesicht war voller Wut und Schmerz. »Aber meinst du nicht, daß ich eigentlich etwas anderes will, etwas, das du immer gehabt hast? Meinst du nicht, daß ich Liebe will?« Sie schüttelte verzweifelt den Kopf. »Ich hatte es nie so gut wie du, Heaven. Du warst die, die schon als Kind immer die netten Freunde
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