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Geboren in der Hölle

Geboren in der Hölle

Titel: Geboren in der Hölle
Autoren: Jason Dark
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dreißig, aber auch fünfzig sein. Wahrscheinlich lag sein Alter irgendwo dazwischen.
    Auch als wir den Raum betreten hatten, tat er noch nichts. Nicht einmal die Augen bewegten sich. Starr blickte er uns entgegen. Als wir stehenblieben, tat er ebenfalls nichts und blieb mehr als gelassen.
    Es gab zwar noch Sitzgelegenheiten, die waren jedoch unter zahlreichen Kleidungsstücken oder Tüchern verschwunden, und so blieben wir lieber stehen.
    »Hussain?« fragte ich.
    Er gab zunächst keine Antwort, bis ein langgezogenes Seufzen aus seinem Bartgestrüpp drang. »Ich wußte, daß die Polizisten kommen. Alles muß seine Regeln haben.« Er hatte sehr langsam gesprochen und die Worte bewußt betont.
    »Das finden wir auch«, sagte ich. Der Knabe erinnerte mich an einen Guru, der vor kurzem erst von seinem Seelentrip zurückgekehrt war und sich erst zurechtfinden mußte.
    »Suchen Sie in mir den Mörder?«
    »Den suchen wir überall«, sagte ich.
    »Ich bin es nicht gewesen.«
    »Das haben wir auch nicht angenommen, aber die Tote wurde in der Nähe gefunden. Es ist durchaus möglich, daß einer der Bewohner zufällig Zeuge geworden ist.«
    »Niemand von uns hat einen Mord gesehen.«
    »Das hatte ich auch nicht gemeint. Möglicherweise hat jemand den Täter gesehen.«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Die Tote muß in der Nacht umgebracht worden sein. So lautet jedenfalls die Erklärung des Arztes.«
    »Es kann sein.«
    »Haben Sie…«
    Er funkelte mich an. »Ich habe meditiert«, erklärte er. »Ich war in mich selbst versunken.«
    »Aha.«
    Er stand plötzlich von seinem Stuhl auf und wurde dabei nicht viel größer. Menschen wie er sind Sitzgrößen. Zuerst trat er dicht ein mich heran. Dann schaute er mir in die Augen. Ich atmete das Konglomerat von Gerüchen ein, die er ausströmte. Er sagte nichts und ging auch schweigend einen Schritt zur Seite, um vor Suko stehenzubleiben. Auch mein Freund mußte den Blick ertragen.
    Hussain, der einen alten schwarzen Anzug trug, ging wieder zu seinem Stuhl zurück und setzte sich hin. Unter der Jacke war sein Oberkörper von einem ärmellosen Unterhemd bedeckt. Er bewegte seine Hände, die sehr schmal, lang und auch gepflegt waren. Dann nickte er vor sich hin und meinte mit leiser Stimme: »Ich habe euch gesehen und auch kennengelemt, und ich meine, daß ihr etwas Besonderes seid. Das konnte ich spüren. Meine Seele gab mir die entsprechenden Antworten. Ihr seid keine Lügner und keine Täuscher, das ehrt euch. Seid deshalb bei mir willkommen.«
    »Danke«, sagte Suko, während ich nur nickte.
    Hussain drehte den Kopf zur Seite. Die nächsten Worte flüsterte er. »Sie war noch sehr jung, nicht wahr?«
    »Zu jung«, gab ich zurück.
    »Darauf nimmt das Böse keine Rücksicht.«
    Ich räusperte mich. »Sie haben einen ungewöhnlichen Satz gesprochen, der auch von mir hätte stammen können. Oder auch von meinem Partner. Hat er etwas Bestimmtes zu bedeuten?«
    »Bekämpft ihr nicht auch das Böse?«
    »So ist es!« stimmte Suko zu.
    Er lächelte schmal. »In dieser Nacht ist das Böse gekommen. Ich habe es nicht gesehen, aber ich konnte es spüren.«
    »Aufgrund der Meditation?«
    »Ja, mein Freund. Es war keine kalte Nacht. Ich hatte meinen Platz auf dem Deck, weil ich mit dem Himmel, dem All und den darin treibenden Seelen Kontakt aufnehmen wollte. Es war einfach wunderbar.« Er lächelte vor sich hin. »Ich kann es nicht genau beschreiben, aber dieses Wunder wurde plötzlich gestört. Die fremden Einflüsse waren einfach nicht zu übersehen. Sie kamen auf uns zu, und sie wurden stärker, immer stärker.«
    »Sahen Sie nichts?« fragte ich.
    »Nein, aber ich spürte sie in der Nähe.«
    »Warum haben Sie nichts getan?« wollte Suko wissen.
    »Es war so stark. Es war einfach grausam stark. Stärker als ich. Es wäre mir unmöglich gewesen, mich dagegen zu wehren. Es war das pure Grauen.«
    »Können Sie sich normal äußern?« wollte ich wissen.
    »Das tue ich bereits. Ich äußere mich normal. Ich war tief in meine Meditation versunken, als ich das Böse wahrnahm. Ich erkannte keine Gestalten, ich hörte auch keine Stimmen, und trotzdem waren sie vorhanden. Sie kamen über den Deich zum Ufer hin. Das Böse begleitete sie, und ich mußte es erleben. Es zerstörte mein Karma, es weckte mich sogar, doch es war so immens stark, daß ich es nicht schaffte, mich zu bewegen. Ich blieb auf dem Deck sitzen und konnte nur abwarten, was passieren würde.«
    »Sie haben nichts gesehen?« fragte
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