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Geboren in der Hölle

Geboren in der Hölle

Titel: Geboren in der Hölle
Autoren: Jason Dark
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aber sie hätte es auch nicht verhindern können. Wer so lange zusammenlebt wie wir beide, der hat es eben gelernt, dem anderen eine gewisse Freiheit zu erlauben. Außerdem ist sie seit neuestem in der Gefangenenhilfe engagiert und arbeitet auch noch in anderen karitativen Organisationen mit. Es ist eben so. Sie kann nicht ablehnen, und ich konnte es auch nicht.« Er räusperte sich. »Das war auch keine große offizielle Beförderung. Man sagte sich eben, daß es jemand geben muß, der für Sonderaufgaben zuständig ist. Da hat man an mich gedacht. Dieser Fund fällt leider in mein Gebiet.«
    »Das haben wir verstanden«, sagte Suko. »Aber warum hast du gerade uns Bescheid gesagt, damit wir uns die Leiche anschauen sollen?«
    »Gefühl.«
    »Nicht mehr?«
    Tanner kratzte über seine Stirn, was er gern tat. »Ich sehe darin mehr einen Ritualmord. Man hat den Körper eingeschnitten. Kreuz und quer, als wollte man ihn – «, er räusperte sich wieder, bevor er weitersprach, »regelrecht zerstückeln, wobei man dann auf halber Strecke aufgehört hat. Ich denke dabei an einen Ritualmord und nehme an, daß es auch ein Fall für euch sein könnte.«
    »Das ist weit hergeholt.«
    »Willst du dich drücken, John?«
    »Nein, das nicht. So schlimm es ist, aber fällt jeder Ritualmord in unseren Bereich?«
    »Kann sein und muß nicht sein. Aber Sir James war der Meinung, daß ihr euch die Tote anschauen solltet.« Mit seinen Händen, über die dünne Handschuhe gestreift waren, deutete er auf die Leiche. »Das ist doch schlimm. Das ist pervers, das ist grauenhaft und furchtbar. Ich weiß nicht, was dahintersteckt, aber meine Nase sagt mir, daß dieser Fall noch sehr kompliziert werden könnte.«
    »Wie heißt die Tote?« fragte Suko.
    »Keine Ahnung.«
    »Kennt mein sie hier nicht?«
    »Es sind noch nicht alle Bewohner befragt worden, John. Vielleicht haben wir noch Glück. Jedenfalls gehe ich hier nicht mit der Sense durch. Mich kümmern die Bewohner der alten Kähne nicht. Es ist mir auch egal, ob sie da Cannabis anbauen oder Roggen, ich will wissen, welcher Mensch das getan hat. Falls es überhaupt ein Mensch gewesen ist und kein anderes Wesen.«
    »Du denkst dabei an ein dämonisches?«
    Er lächelte mich an. »Nicht unbedingt. Es kann auch jemand sein, der unter einem derartigen Einfluß steht. Alles ist möglich, John. Ich gehe davon aus, daß es keine Tat gewesen ist, die voller Haß oder Wut geschah. Man ist hier kontrolliert vorgegangen. Man hat genau gewußt, was man tat. Da steckt Methode dahinter. Jemand hat das hier eiskalt ausgenutzt. Er tötete und…« Tanner zuckte die Achseln. »Ich weiß auch nicht, was ich davon halten soll.«
    »Als abschreckendes Beispiel könnte man es werten«, sagte Suko.
    »Ja, das ist auch möglich. Alles kommt mir in den Sinn. Aber ich frage mich, warum man so etwas tut. Was steckt dahinter? Wer zeichnet einen Körper derartig schlimm?«
    »Wir müssen erst wissen, wie sie heißt und wo sie gewohnt hat«, sagte ich. »Die klassische Methode. Danach kümmern wir uns um das Umfeld der Toten. Ihr seid eingeladen.«
    »Danke.« Ich grinste schief und drehte mich zu den Booten hin um. Auf den Decks standen die Bewohner wie Statuen und blickten zu uns herüber. Entdeckt worden war die Tote von einem jungen Mann, der mit dem Fahrrad wegwollte. Er hockte in der Nähe im Gras und starrte apathisch vor sich hin, da er noch immer unter Schock stand.
    Bekannt war die junge Frau hier nicht, zumindest nicht bei dem jungen Mann, der sie gefunden hatte.
    Tanners Männer waren unterwegs, um die Zeugenaussagen aufzunehmen. Suko und ich wollten uns daran beteiligen. Der Fotograf hatte bereits seine Bilder im Kasten, und nur der Arzt wollte sich noch einmal um die Leiche kümmern, bevor sie in die häßliche Wanne gelegt wurde, um abtransportiert zu werden.
    Ich ging mit Suko zur Seite und schaute grübelnd zu Boden. Es gab hier am Ufer keinen Weg, nur einen Pfad, der von zahlreichen Fußspuren entstanden war.
    Ich winkte Tanner herbei. »Gibt es hier so etwas wie einen Chef, der was zu sagen hat?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Wie viele Boote sind denn besetzt?«
    »Drei oder vier.«
    Ich nickte. »Dann sehen wir uns mal um.«
    »Gern.« Er blies die Wangen auf. »Nehmt euch das letzte Boot in der Reihe vor. Da sind meine Männer noch nicht gewesen, wie ich weiß. Vielleicht habt ihr Glück.«
    »Bis gleich dann.«
    Wir verließen den inneren Kreis und wurden von den Blicken der Boat People verfolgt,
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