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Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Titel: Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)
Autoren: Gabriele Keiser
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Weicheier halten.«
    Franca grinste. »Da hat sich seit der Steinzeit offenbar wenig verändert. Dabei sind wir doch gar nicht so stark, wie die glauben.«
    »Ja, aber wir geben es zu – und sie befürchten ihren Imageverlust. Wobei ich, nebenbei bemerkt, Männer viel interessanter finde, die auch mal eine Schwäche zugeben können.«
    »Du sagst es.«
    Sie waren wieder ein Stück weitergegangen. An dieser Stelle war der Uferrundweg umsäumt von einer Baumgruppe, die sich im Wasser spiegelte.
    »Ist dir schon mal aufgefallen, dass der See überall andere Farben hat?«, fragte Franca. »Hier überwiegen die Grünschattierungen. Und dort um die Schilfhalme herum schimmert das Wasser sandfarben bis golden.«
    Mit einem Mal blieb Marie stehen. »Olga hängt ja immer noch da!«, rief sie aus und stach mit ihrem Stock in die Luft.
    »Olga?« Franca sah nach oben, konnte aber außer hohen, kahlen Baumwipfeln und dem dahinterliegenden Himmelsblau nichts erkennen.
    »Oliver hat sie so genannt.« Marie kicherte. Ihre Augen blitzten schelmisch. »Im Sommer war sie eine dralle Dame mit üppigen Formen, jetzt ist die Luft ganz raus.«
    »Bitte? Wovon sprichst du?«
    »Von einer dieser aufblasbaren Sexpuppen. Damals konnte man noch ihre ganze Pracht bewundern. Sie war an rote Luftballons gebunden. Hier in dieser Erle ist sie hängen geblieben. Wahrscheinlich ein Junggesellenscherz.«
    Franca schaute angestrengt. Ganz oben im Wipfel erkannte sie eine schlaffe, fleischfarbene Hülle. »Ach ja, jetzt sehe ich was.«
    »Dann hat die den ganzen Sommer und Herbst über hier gehangen. Und dort in Sichtweite liegt ein Kloster, in dem Mönche im Zölibat leben. Ist das nicht paradox?«
    »Was ist schon paradox?«, meinte Franca. Männer und Frauen und ihre verschiedenen Spielarten des Umgangs miteinander, das war ein weites Feld. Dass die einen weibliche Nachbildungen bevorzugten, die keine Widerworte gaben, und die anderen den Frauenkörper an sich mieden, waren lediglich zwei Varianten eines unerschöpflichen Themas.
    Sie gingen noch ein kleines Stück weiter bis zu der kleinen Bucht und setzten sich auf eine der Bänke.
    Wellen schwappten leise gegen die Steine, die das Ufer befestigten. Franca beobachtete eine junge Frau mit einem Kind. Das Kind löste sich von der Hand seiner Mutter, um die Enten zu füttern, die sich ein Schnatterkonzert lieferten.
    »War hier nicht eine Bootsanlegestelle?«, fragte
Franca.
    »Und ein Anglersteg.« Marie nickte. »Beides wurde verlegt. Weil man hier an dieser Stelle ein Flugzeugwrack aus dem Zweiten Weltkrieg vermutet. Ein britischer Bomber, der im Krieg abgestürzt ist.«
    »Und der Bomber liegt immer noch da drin? Ist das nicht gefährlich?«
    »Man hat schon öfter danach getaucht und ist sich wohl nicht ganz einig darüber, ob von diesem Wrack wirklich eine Gefahr ausgeht. Eine Bergung ist schwierig, da das Flugzeug a useinandergebrochen ist und die einzelnen Teile in den Schlick eingesunken sind. So bleibt eben nichts anderes übrig als abzuwarten und zu hoffen, dass nichts passiert. Das hat immerhin schon sechzig Jahre lang funktioniert.«
    Die Sonne bildete goldene Reflexe auf dem Wasser. Eine auf den ersten Blick intakte kleine und stille Welt, in der Mütter ihre Kinder spazieren führten und die Kinder Enten fütterten. Der See, der einst vor vielen Tausend Jahren entstanden war, war ein Eifelmaar, das sich aus dem Explosionskrater eines Vulkans gebildet hatte. Richtig friedlich hatten es sich weder die Natur noch der Mensch in diesem Gebiet je eingerichtet.
    »Wenn man es recht bedenkt, sitzen wir hier also auf einem Pulverfass.«
    Marie wandte den Kopf. Sie kniff die Augen vor der blendenden Sonne zusammen. »Ist das nicht immer der Fall?«
    Franca lehnte sich nach hinten und schloss die Augen. Die Sonne schien ihr warm ins Gesicht. »Und doch tun wir so, als ob uns das alles nichts anginge, und leben fröhlich dahin. In der Hoffnung, dass uns schon nichts passieren wird«, murmelte sie.
    »Eine Schneeflocke!«, rief Marie plötzlich. »Ich habe eine Schneeflocke gespürt.«
    Franca öffnete die Augen. Tatsächlich, da schwebten winzige weiße Flöckchen im blauen Himmel. Sie streckte die Zunge heraus und fing eine Schneeflocke auf, die sofort schmolz. Sie dachte daran, dass jede dieser Schneeflocken nach einem anderen Muster geformt und keine mit einer anderen identisch war. So wie kein Mensch einem anderen haargenau glich.
    Marie erhob sich und griff nach ihren Stöcken. »Wollen wir
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