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Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Titel: Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)
Autoren: Gabriele Keiser
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fragte Hinterhuber.
    »Nein, das war es ganz sicher nicht.« Marie schob die leere Kaffeetasse zur Tischmitte. »Es ist viel komplizierter.«
    »Hat er sie zu vergewaltigen versucht?«, fragte Franca. Das erschien ihr als eine plausible Erklärung.
    Wieder schüttelte Marie den Kopf. »Davina hat sich regelmäßig mit Mario unter der Brücke im Schlossgarten getroffen. Das sei eine besonders gute Stelle, um Kontakt zu ihrer Mutter aufzunehmen, hatte er ihr gesagt. Dort haben sie dann ihre magischen Rituale vollzogen. Mario trug stets eine Athame bei sich, mit der er die magischen Kreise zeichnete. Und Mario hat ihr erzählt, dass er die Stimme ihrer Mutter deutlich hören könne. Sie sei am Leben, und es ginge ihr gut. Er hat ihr alle möglichen Geschichten erzählt, wusste, wo sich Patricia angeblich aufhielt, dass sie dauernd an Davina denke. All solche Sachen, an die das Mädchen unbedingt glauben wollte.«
    Hinterhuber und Franca tauschten Blicke. Aber keiner von beiden wagte, Marie jetzt zu unterbrechen.
    »Das passt alles ins Bild. Zuvor war es immer ihre Mutter gewesen, die ihr das Gefühl gegeben hat, etwas Besonderes zu sein. Jetzt war es Mario. Die beiden schotteten sich von anderen ab, um ihre Rituale zu pflegen.«
    »Aber diese r Mario hatte doch so viele andere Freundinnen«, wandte Hinterhuber ein.
    »Das hat sie nicht wahrhaben wollen, wie so vieles. Mit ihm tat sich für sie eine ganz neue Welt auf. Ihre Mutter fehlte ihr so sehr, dass sie sich regelrecht an diese Illusion geklammert hat. Sie war verblendet. Da nützt alles rationale Erklären nichts. Sie ist ein vereinsamtes Mädchen, das sich nichts sehnlicher wünscht als ihre Mutter zurück.«
    Franca hing an Maries Lippen. Sie versuchte, das Ausmaß dessen zu begreifen, was Marie da erzählte. Ein junges Mädchen und ein junger Mann. Sie verliebt sich in ihn. Sie vertraut ihm. Vielleicht gab es auch zarte sexuelle Annäherungen. Eine Geschichte, wie sie millionenfach auf diesem Erdball passierte. Aber dann kam der Tod. Und zwar mit einer unvorstellbaren Wucht.
    »Ich verstehe immer noch nicht. Wieso hat sie ihn getötet, wenn er doch genau das sagte, was sie hören wollte?«, wandte sie ein.
    »Das ist es ja. Bei ihren vorherigen Treffen hat Mario immer genau das erzählt, was Davina sich wünschte. Dass er die Stimme ihrer Mutter deutlich hören könne. Dass sie ihr ausrichten lasse, sie mache sich Sorgen um Davina. Und dass sie sich bald wiedersehen werden. Er war wohl nicht nur sehr phantasievoll, sondern auch sehr überzeugend. Vielleicht war er dieses Spiels überdrüssig geworden. Jedenfalls hat er ihre Illusion zerstört. Bei ihrem letzten Treffen an diesem Montag hat er ihr gesagt, dass er alles nur erfunden hat. Dass er in Wirklichkeit überhaupt nicht über mediale Fähigkeiten verfügt. Dass alles nur ein Spaß war, um sie zu beeindrucken. In ihren Augen ein grausamer Spaß, den sie nicht verzeihen konnte.«
    »Sie hat mit Marios Athame auf ihn eingestochen, ja?«
    »Ich denke, ja.« Marie nick te. »Aber sie kann sich an die Tat nicht erinnern.«
    »Was ich nicht verstehe, ist diese Wucht. Und der Genitalbereich, warum sticht sie ausgerechnet dorthin?«
    Marie hob die Schultern. »Lass dir das von den Psychologen erklären. Vielleicht hatte sie eine allgemeine Wut auf Männer. Vielleicht wollte Mario mehr von ihr. Keine Ahnung.« Marie wirkte erschöpft. »Ich hätte mir ein anderes Ergebnis gewünscht. Das könnt ihr mir glauben.«

17
    Sie rutscht. Mit den Armen rudernd schlingert sie. Sie ruft etwas. Verzerrte Klänge prallen an den Wänden ab. Das Echo klingt verhallend in ihren Ohren. Oder ist es ihr Blut?
    Sie blinzelt. Versucht, die Dunkelheit um sich herum zu durchdringen. Je angestrengter sie schaut, umso besser kann sie innerhalb der Schattierungen von Schwarz und Grau Umrisse ausmachen.
    Ein fremder Geruch nach Waschpulver und Desinfektionsmittel streift ihre Nase. Das Bett, in dem sie liegt, ist nicht ihr Bett. Ihre Finger gleiten tastend über die Bettwäsche. Glatt fühlt sich das an. Steif und kühl.
    Regen klopft an die Fensterscheiben, malt leise, gleichmäßige Lautmuster. Vom Geräusch der fallenden Regentropfen geht etwas Beruhigendes aus. Sie muss keine Angst haben.
    Neben ihrem Bett steht noch ein Bett. Darin liegt eine Person. Es ist kaum etwas zu erkennen, nur ein Kopf mit langem, dunklem Wuschelhaar.
    »Mama?«, flüstert Davina. Ihr Herz macht einen Freudensprung. »Endlich bist du gekommen.« Sie hält den
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