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Galgentochter

Galgentochter

Titel: Galgentochter
Autoren: Ines Thorn
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Gaukler, bei denen die Wanderhure war, kennen sie auch!»
    Die beiden strahlten sich an, dann fragte Hella: «Wirst du sie verhaften lassen?»
    Heinz schüttelte den Kopf. «Die Tatsache, dass das Mädchen alle drei Opfer kannte, reicht für eine Verhaftung noch nicht aus. Aber ich werde auf der Stelle einen Boten schicken, der sie ins Malefizamt laden soll.»
    «Dann trink deinen Wein aus, verabschiede dich von dem Mann da und stelle die Vorladung aus.»
    Heinz nickte, sah dann zu dem Tisch hinüber, an dem er gerade gesessen hatte, und flüsterte: «Er gibt sich als Kaufmann aus, aber er kennt nicht einmal den Unterschied zwischen einem Krämer- und einem Kaufmannspfund. Er wird ein Spion des Landgrafen sein, der mich aushorchen will. Morgen, heißt es, werden die Leute vom Landgrafenhof in der Stadt eintreffen.»
    Er nahm Hellas Gesicht in seine Hände und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen. «Dank dir ist es möglicherweise doch noch gelungen, rechtzeitig die Täterin zu finden. Du glaubst doch, dass sie es war, oder?»
    Hella nickte, aber ihr war dabei ganz und gar nicht fröhlich zumute.
    «Ich gehe noch einmal zu meiner Mutter. Vielleicht ist der hohe Besuch schon wieder abgereist. Holst du mich heute Abend bei ihr ab? Ich wette, sie hat noch Reste vom Wildbraten.»
    Heinz riss die Augen auf. «Immer wieder gern.»
    Dann küsste er Hella noch einmal, strich ihr sanft über die Wange und ging zurück an den Tisch.
    Hella aber verließ die Ratsschenke, überquerte den Römerberg und lief die Krämergasse hinauf bis zum Liebfrauenberg, auf dem auch die Liebfrauenkirche stand.
    Sie klopfte am Pfarrhaus, und kurz darauf öffnete ihr Gustelies mit wutrotem Gesicht.
    «Was ist los, Mama?», fragte Hella.
    «Dieser Schreiberling vom Erzbischof, dieser Haderlump, dieses Schlitzohr, dieser, dieser   …»
    Gustelies holte einmal tief Luft und zog ihre Tochter ins Haus. «…   dieser Schelm von einem Schreiberling. Der betritt mein Haus nicht noch einmal, das sage ich dir!»
    «Was ist den vorgefallen? Hat ihm dein Wildbraten nicht geschmeckt?»
    Gustelies winkte ab. «Oh, er hat gefressen wie ein Ochse, doch es verging kein Bissen, bei dem er nicht gemeckert hat. ‹Habt Ihr auch eine Prise Fenchelsamen dabei?›, hat er gefragt. ‹Natürlich, mein Herr.› – ‹Merkwürdig, ich schmecke gar nichts davon. Und habt Ihr echten Elisenlebkuchen in die Soße gerieben? Oder nahmt Ihr etwa den einfachen, den es überall zu kaufen gibt? Ich glaube, Ihr nahmt den einfachen. Mit Elisenlebkuchen schmeckt das Ganze, wie soll ich sagen, würziger.›»
    Gustelies hatte die Stimme des Schreiberlings nachgeäfft.«Sag selbst», wandte sie sich an ihre Tochter. «Der Mann ist die Frechheit in Person. Bei der Pilzpfanne verhielt er sich nicht anders. Selbst an der Süßspeise mit Veilchen hatte er etwas auszusetzen. Aber dann, kurz bevor er zurück nach Mainz aufbrechen wollte, kam er in die Küche und bat darum, ihm etwas vom Braten, der Pfanne und der Nachspeise einzupacken. Nun, ich habe ihm so wenig eingepackt, dass er im Grunde nur einen Leinenbeutel voll Bratenduft hat. Die Süßspeise habe ich so verpackt, dass sie beim kleinsten Sprung des Pferdes aus dem Töpfchen und in den Beutel laufen muss, und bei der Pilzpfanne habe ich jede Menge Mehlschwitze und nur eine Handvoll Pilze ausgesucht. Dem werde ich zeigen, wie man mit einer guten Köchin umzugehen hat! Mögen die Pilze in seinen Därmen rumoren!»
    Hella lachte, umarmte ihre Mutter und drückte sie fest an sich.
    «Für mich bist du die beste Köchin der Welt. Und für Pater Nau und Heinz ebenfalls. Sag, ist noch etwas da vom Braten? Heinz freut sich schon darauf.»
    Jetzt strahlte Gustelies wieder. «Natürlich ist von allem noch reichlich da. Meinst du etwa, ich hätte aufgetischt, was die Pfannen hergaben? Nein, nein, die besten Stücke liegen in der Vorratskammer. Der Pater wird sich freuen, wenn er heute Abend noch einmal davon essen kann.»
    Gustelies ließ sich auf die Küchenbank sinken. «Wie seid ihr mit den Morden vorangekommen?», fragte sie mit einer Stimme, die Besorgnis ausdrückte. «Auf dem Markt habe ich gehört, dass der Patrizier Eibisch überall verkünden lässt, er werde demjenigen, der den Mörder seines Sohnes findet, hundert rheinische Gulden schenken. Außerdem will er dafür sorgen, dass der unfähige Richter, der zugelassenhat, dass in dieser Stadt vier Morde geschahen, mit Schimpf und Schande aus dem Amt gejagt wird.»
    Hella senkte
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