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Galaxis Science Fiction Bd. 05

Galaxis Science Fiction Bd. 05

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 05
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
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nach oben wie ein kleines Kaninchen und fing an, mit der freien Hand Sunnys Rücken zu massieren. Innerhalb von Sekunden tropfte ein dicker Milchstrom aus dem Mund des Babys, und das erstickte Keuchen machte einem monotonen Weinen Platz. Tony nahm eine warme Decke und wickelte Sunny darin ein.
    »Wo bringst du ihn hin?« fragte Polly mit schriller nervöser Stimme.
    »Ins Spital«, sagte er kurz und ließ die anderen einfach stehen. In der einen Hand schleppte er seine schwarze Tasche, in der andern trug er das Baby.
    Im Krankenzimmer drehte er dann alle Lichter an, legte seine Instrumente in einen Sterilisator, stellte eine Hitzelampe auf den Untersuchungstisch ein und zog das Baby aus.
    So konnte es nicht weitergehen. Er mußte herausbekommen, warum Sunny nicht trinken konnte. Und er war entschlossen, die Antwort auf diese Frage noch heute nacht zu finden.
    Tony untersuchte das Kind mit jedem Instrument, das er zur Verfügung hatte, und mit jeder Technik, die er kannte. Er befühlte es, klopfte es ab, horchte auf seinen Herzschlag und seinen Atemrhythmus. Er konnte nichts finden, was auf einen organischen Fehler schließen ließ. Und er konnte sich auch nicht erklären, warum ein Baby unter einer Sauerstoffmaske außerdem noch durch den Mund atmen müßte, denn das war ja der eigentliche Grund für Sunnys Erstickungsanfälle. Wenn er trank, bekam er nicht genügend Luft durch den Mund. Aber wieso atmete er überhaupt durch den Mund?
    »Es muß an der Nase liegen«, sagte Tony laut. Behutsam zog er die Maske von Sunnys Nase und schob sie statt dessen über den Mund. Dann begann er mit einer schlanken Sonde in Sunnys linkem Nasenloch herum zu fühlen. Sunny reagierte prompt mit dem Unerwarteten. Er versuchte durch seine entblößte Nase zu atmen, stieß auf ein Hindernis – die Sonde – und begann von neuem zu würgen.
    Tony zog die Sonde heraus und starrte das keuchende rotgesichtige Baby an. Dann fiel es ihm plötzlich wie Schuppen von den Augen.
    Sunny hatte die falsche Farbe.
    Er hätte blau angelaufen sein müssen, aber er war es nicht. Er keuchte nach Luft und konnte nicht atmen. Er hätte an Sauerstoffmangel leiden müssen. Aber er war dunkelrot.
    Es war also kein Sauerstoffmangel. Es war unmöglich, aber es war die einzige logische Antwort auf Sunnys seltsames Verhalten. Mit zitternden Händen nahm Tony Sunny die Maske ab.
    Er wartete. Sunny brauchte kaum eine halbe Minute, um das zu tun, was er nach Tonys Ansicht einfach nicht tun konnte – und sehr wahrscheinlich tun würde. Einen Augenblick lang schnappte er nach Luft. Dann atmete er völlig normal. Seine Farbe verblaßte zu einem gesunden Rosa, und er nahm sein monotones Hungergeschrei wieder auf.
    Sunny benötigte keine Sauerstoffmaske, um auf dem Mars überleben zu können, noch brauchte er OxEn. Im Gegenteil, zu zahlreiche Sauerstoffzufuhr schadete ihm.
    Die Tatsache war – medizinisch gesehen – eine Unmöglichkeit. Die Lungen Sunnys waren nicht auf die sauerstoffreiche Luft der Erde eingestellt, sondern auf die tödlich dünne Atmosphäre des Mars.
    SUNNY!« Polly rannte hinüber zu dem Tisch, auf dem Sunny ärgerlich schreiend lag. »Doc, was hast du gemacht? Wie kann er –?«
    »Sunny geht es glänzend«, versicherte ihr Tony. »Laß ihn in Ruhe! Er ist hungrig, nichts weiter.«
    Polly starrte fasziniert ihr Baby an. »Aber wie kann er ohne Maske atmen?«
    »Das weiß ich allerdings auch nicht«, gab Tony offen zu. »Aber ich habe es versucht, und es hat geklappt. Ich nehme an, er hat angeborene marstüchtige Lungen. Das scheint das einzige gewesen zu sein, was bei ihm nicht gestimmt hat.«
    »Du meinst – Aber ich dachte, marstüchtige Lungen bedeuten, daß man zwar Marsluft atmen kann, aber erst recht keine Erdluft – oder?«
    Tony zuckte hilflos die Schultern. »Das stimmt schon. Sunny verträgt eben nur Marsluft, beziehungsweise er zieht sie vor. Ich kann noch nichts Genaueres sagen.«
    Das war ihm auch vorläufig gleich. Momentan genügte es, zu wissen, daß das Baby schon die ganze Zeit durch den Mund geatmet hatte, weil es tatsächlich Marsluft vorzog. Die Maske versorgte ihn mit zu viel Sauerstoff, also atmete er nicht durch die Nase. Eine glatte Umkehrung der Theorie, auf der die Anwendung der Maske beruhte. Wenn seine Quelle für die Marsluft verstopft wurde, erst durch die Brust seiner Mutter und dann durch den Plastikschnuller, mußte er die sauerstoffreichere Luft der Maske einatmen, lief rot an, spuckte und bekam
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