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Gabriel

Gabriel

Titel: Gabriel
Autoren: Heather Killough-Walden
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Augen.
    Diesen Blick ignorierte Kevin. Bald las er etwas anderes darin: Schmerz, leicht zu erkennen. Hinter dem Knebel versuchte der Mann zu schreien. Die Stimme klang gedämpft und schwach. Instinktiv drückte der General seine Hand noch fester auf die bebende Brust und lächelte. Unter der Berührung bäumte sich der Gefangene auf, kreischte durch den Knebel und versuchte trotz der Drogen in seinem Körper die Fesseln zu zerreißen.
    Doch er würde ihm nicht entkommen. Kevin beobachtete, wie das Experiment funktionierte, wie sich die Haut des Menschen grün färbte. Dann grau. Sie trocknete, wurde rissig und krümelte am Haaransatz. Überall breiteten sich die Risse aus, bis der Mann verstummte und regungslos dasaß, aller Flüssigkeit in seinem Körper beraubt.
    Nach der Vollendung seiner grausamen Tat, nahm Kevin seine Hand mit einem seltsamen knisternden, saugenden Geräusch von der Brust des Opfers und trat zurück. Die Leiche, am Stuhl festgebunden, war nur mehr eine Mumie, und der General glaubte, wenn er sie noch einmal anfasste, würde sie zu Staub zerfallen. Nachdenklich inspizierte er seine Finger. Was war soeben geschehen?
    Jahrhundertelang hatte er nach Möglichkeiten gesucht, sich selbst und seinen Männern Heilkräfte zu verschaffen. Die Adarianer lebten seit vielen tausend Jahren auf der Erde. In dieser Zeit hatten sie zahllose Feinde bekämpft, zumeist Wesen mit übernatürlichen Kräften. Der Alte Mann benutzte diese Welt gewissermaßen als Abfallhaufen für all die unvollkommenen Kreaturen, die er seit Äonen erschaffen hatte. Mittlerweile versteckten sich fast alle, denn sie hatten herausgefunden, dass sie in diesen Schlachten nur ihre eigene Vernichtung riskierten. Und so existierten viele in den Schatten, gaben sich teilweise als Menschen aus und ließen einander in Ruhe. Trotzdem waren immer wieder schwere Kämpfe ausgebrochen. Der General und seine Leute hatten unzählige Verletzungen erlitten, und die wertvolle Heilkunst gehörte nicht zu ihren Talenten. Gewiss, die Adarianer waren schwer umzubringen. Denn selbst Wunden, an denen Menschen gestorben wären, konnten ihnen nichts anhaben, doch heilten sie fast so langsam wie beim Menschen, und das bedeutete über die Jahrtausende eine ganze Menge Schmerzen für jeden der Adarianer.
    Eines Tages, vor ungefähr zwanzig Jahren, war Kevin einem Kind begegnet, das jemanden mittels einer leichten Berührung geheilt hatte. Dieses Mädchen verfolgte er seither. Inzwischen war es zu einer schönen Frau mit glänzendem schwarzen Haar und leuchtenden blauen Augen herangewachsen. Sie hieß Eleanore. Und sie war ein Sternenengel.
    Alles hatte er präzise geplant. Er wollte sie kennenlernen, ihr Vertrauen gewinnen. Dann würde sie sich den Adarianern anschließen und ihnen bereitwillig ihre Heilkunst beibringen. Zu seinen Fähigkeiten zählte die Gabe, seine Gestalt zu verändern. Als Eleanore fünfzehn Jahre alt war, trat er ihr in einer Teenager-Version seiner selbst gegenüber. Sie verliebte sich in ihn. Aber ehe er nahe genug an sie herankam, witterte sie ebenso wie ihre Familie die Gefahr, und sie verschwanden. Immer wieder tauchten die Grangers auf diese Weise unter und zogen von einem Ort zum anderen, um Eleanore und ihr erstaunliches Talent zu schützen. Dies war der schlimmste Misserfolg in Kevins qualvoll langer Existenz. Denn mittlerweile begehrte er die Frau nicht mehr nur wegen ihrer Begabung.
    Unglücklicherweise, trotz aller sorgsamer Planung, machte sich auch Uriel an sie heran – und erkannte in ihr seinen Sternenengel. Das führte zu einer grauenvollen Schlacht in einem Windpark in Texas, in der Nähe von Dallas, und zu einer Niederlage der Adarianer.
    Um sich einen entscheidenden Vorteil zu verschaffen, hatte Uriel seine Vampirzähne in den Hals eines Adarianers gegraben, ihm das Blut ausgesaugt und sich die Kräfte des Feindes angeeignet.
    Seit jener Schlacht hatten Kevin und seine Männer nichts mehr unternommen. Nun schmiedete er Pläne, fasste neue Ziele ins Auge und überdachte, was Uriel erreicht hatte.
    Und er dachte an den fünften Erzengel. Zumindest vermutete er, das müsste der Mann sein. Der war nicht aufzuhalten gewesen – und dem General seltsam vertraut erschienen.
    Uriels Verwandlung und die unerwartete Ankunft des Fremden machten jedenfalls monatelange Vorbereitungen erforderlich, ehe die Adarianer weitere Angriffe auf die Erzengel und deren kostbare, unersetzliche Sternenengel wagen konnten.
    Doch in diesem Moment sah
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