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Gabriel

Gabriel

Titel: Gabriel
Autoren: Heather Killough-Walden
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Bedingungen. Er brauchte Material, das er dem TV-Publikum ›verkaufen‹ konnte, und außerdem musste sie jede Woche einen seiner Leute treffen und ihn über ihre Fortschritte informieren.
    Sie hatte das Gefühl, dies alles wäre ein Traum, zu fantastisch, um wahr zu sein. Allzu viel Geld hatte sie nie besessen. Ihre Eltern waren Professoren. Diesen Beruf strebte sie ebenfalls an. Doch die Fachgebiete der beiden gehörten zu den finanziell vernachlässigten im akademischen Spektrum. Und zudem besaß Juliette, was jeder Buchhalter als ›die ziemlich unangenehme Angewohnheit, ständig ihr Geld zu verschenken‹ bezeichnet hätte. Sie war einfach zu emotional, konnte niemanden leiden sehen, und wann immer sie das Los unglücklicher Menschen zu lindern vermochte, zögerte sie nicht.
    Deshalb führte sie ein sehr bescheidenes Leben.
    Aber nun konnte sie sich fast alles leisten, was sie wollte. Für eine Villa in Beverly Hills würde das Geld natürlich nicht reichen. Doch das interessierte sie auch gar nicht. Und falls die Fernsehserie erfolgreich wäre, würde diese Villa für sie ja eines Tages vielleicht sogar dennoch finanzierbar sein.
    Ja, es glich wirklich einem Traum. Vor dem Angebot hatte sie an sich selbst und ihrem Verstand gezweifelt. Monatelang war sie fast mittellos gewesen, überarbeitet, hin- und hergerissen zwischen ihrer Dissertation und diversen Gelegenheitsjobs. Und einem Zusammenbruch nahe – wegen eines Ereignisses in Australien …
    Allein an einem Strand, hatte sie ein paar kostbare erholsame Minuten genossen und das Meer beobachtet. Plötzlich hatte sie einen Surfer versinken und nicht mehr auftauchen sehen. Irgendwie war es ihr trotz ihrer zierlichen Figur gelungen, den bewusstlosen Mann an Land zu ziehen. Sie hatte seine Kopfverletzung entdeckt und erkannt, in welch bedenklichem Zustand er sich befand. Und dann hatte sie etwas Unbegreifliches getan: Sie hatte ihre Hand auf seine Brust gelegt und sich vorgestellt, sie würde ihn heilen.
    Im Nachhinein hatte sie zu wissen geglaubt, was geschehen war. Sie hatte eine Halluzination gehabt. Das war die einzig logische Erklärung. Offenbar war zu viel auf sie eingestürmt – die Reise, der Studienstress, der verantwortungsvolle Job in dem örtlichen Kinderheim. Vermutlich hatte der Mann den Unfall nur überlebt, weil sie nach der imaginären ›Heilung‹ zum nächsten bewachten Strandabschnitt gelaufen war und die Rettungsschwimmer alarmiert hatte.
    Tage- und nächtelang hatte sie an jene seltsamen surrealistischen Minuten gedacht und überlegt, was mit ihr passiert sein mochte. Welche Art von Zusammenbruch hatte die Illusion bewirken können, sie würde Heilkräfte besitzen? Sie hatte sogar erwogen, aus dem Forschungsprogramm auszusteigen, den Job im Kinderheim aufzugeben und ihren Eltern zu gestehen, dass sie das alles nicht mehr ertragen würde.
    Und dann hatte Samuel Lambent, als Lebensretter und Schutzengel, ihr dieses fabelhafte Angebot gemacht. Als der Vertrag per FedEx eintraf, hatte sie ihn unterschrieben, ohne ihn genau zu lesen, und ihr Stresspegel war sofort gesunken. Eine schwere Last war ihr von der Seele genommen, und sie hätte diesen Mann am liebsten geküsst.
    Sie konnte es kaum erwarten, ihre Forschungsarbeit zu beginnen. Für die Dauer ihrer Abwesenheit würde ihre beste Freundin Juliettes Mietwohnung in Pittsburgh beziehen und den Garten pflegen. Was Sophie ihrem eigenen winzigen Apartment zweifellos vorzog. Juliette, genannt Jules, wusste ihre gute Freundin zu schätzen. Auch Soph hatte es nicht leicht im Leben, hatte aber keine Sekunde gezögert und sofort ihre Hilfsbereitschaft bekundet. Sofern sie Jules um die wunderbare Forschungsreise beneidete, hatte sie es nicht gezeigt.
    Lächelnd beschloss Juliette, in Edinburgh ein besonderes Geschenk für Sophie zu kaufen. Oder vielleicht in Glasgow. Sie freute sich nicht sonderlich darauf, ein Auto zu mieten und auf der falschen Straßenseite zu fahren. Aber alles andere in ihrem Leben erschien ihr derzeit geradezu perfekt.
     
    O nein, nicht schon wieder. »Verdammt« , murmelte Gabriel. Unfassbar, dass es schon wieder so weit war. Dabei hielt er sich erst seit ein paar Monaten neuerlich hier in Rodel, in Schottland, auf.
    »Holt die Nüsse!«, schrie jemand im Pub, und einige seiner Kumpel lachten. »Schürt das verflixte Feuer!«, rief ein anderer.
    Gabriel fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und versuchte, angemessene Verlegenheit zu mimen. Aber es fiel ihm schwer, denn er
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