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FutureMatic

FutureMatic

Titel: FutureMatic
Autoren: William Gibson
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bestimmte Medienfigur fixieren.«
    »Ja.«
    »Und, sind Sie auf sie fixiert?«
    Laney starrt ihn an, die Augen hell vom Widerschein der Datenströme. »Nein. Nicht auf sie. Auf einen Kerl namens Harwood.
    Cody Harwood. Aber sie werden aufeinander treffen. In San Francisco. Und es kommt noch jemand dazu. Jemand, der so was wie eine Negativspur hinterlässt; man muss alles aus der Art seiner Abwesenheit schließen ...«
    »Warum haben Sie mich herbestellt, Laney? Das ist doch schrecklich hier. Soll ich Ihnen bei der Flucht helfen?« Yamasaki denkt an die Klingen des Schweizer Armeemessers in seiner Tasche. Eine ist gezackt; er könnte sich mühelos seinen Weg durch die Wand schneiden. Aber der psychologische Raum ist mächtig, sehr mächtig, er überwältigt ihn. Er fühlt sich sehr fern von Shinjuku, von Tokio, von allem. Er riecht Laneys Schweiß.
    »Es geht Ihnen nicht gut.«
    »Rydell«, sagt Laney und setzt den Datenhelm wieder auf. »Dieser Privatcop aus dem Chateau. Der, den Sie kennen. Der mir in L. A. von Ihnen erzählt hat.«
    »Ja?«
    »Ich brauch einen Mann vor Ort, in San Francisco. Ich hab ein bisschen Geld aufgetan. Glaub nicht, dass sie’s verfolgen können; ich hab am Banksektor von DatAmerica gefummelt. Suchen Sie Rydell und sagen Sie ihm, er kann es haben, als Vorschuss.«
    »Wofür?«
    Laney schüttelt den Kopf. Die Kabel am Datenhelm bewegen sich im Dunkeln wie Schlangen. »Er muss da sein, mehr nicht.
    Irgendwas kommt auf uns zu. Alles verändert sich.«
    »Laney, Sie sind krank. Ich bringe Sie...«
    »... auf die Insel zurück? Da ist nichts. Und da wird auch nie was sein, jetzt, wo sie weg ist.«
    12
    Und Yamasaki weiß, dass das stimmt.
    »Wo ist Rex?«, fragt Laney.
    »Er ist auf Tournee durch die Kombinat-Staaten gegangen, als er zu der Überzeugung kam, dass sie fort war.«
    Laney nickt nachdenklich. Der Datenhelm wippt im Dunkeln wie eine Gottesanbeterin auf und ab. »Besorgen Sie mir Rydell, Yamasaki. Ich sag Ihnen, wie er an das Geld kommt.«
    »Aber warum?«
    »Weil er dazugehört. Zum Knoten.«
    Später blickt Yamasaki zu den Türmen von Shinjuku hinauf, zu den Mauern aus animiertem Licht, auf denen sich Signifikat und Signifikant im endlosen Ritual von Kommerz und Begehren zum Himmel winden. Riesige Gesichter füllen die Bildwände, Ikonen einer Schönheit, die banal und schrecklich zugleich ist.
    Irgendwo unter ihm kauert Laney hustend in seinem Papp-verschlag, und ganz DatAmerica schiebt sich unablässig in seine Augen. Laney ist sein Freund, und seinem Freund geht es nicht gut. Die eigentümlichen Fähigkeiten des Amerikaners im Umgang mit Daten sind das Resultat von Experimenten mit einer Substanz namens 5-SB, die in einem staatlichen Waisenhaus in Florida an ihm vorgenommen worden sind. Yamasaki hat gesehen, was Laney mit Daten machen kann und was Daten mit Laney machen können.
    Er hat keine Lust, es noch einmal zu sehen.
    Als er den Blick von den medialisierten Gesichtern senkt, merkt er, wie sich die Kontaktlinsen bei der Einstellung der Tie-fenschärfe bewegen und verändern. Das irritiert ihn noch immer.
    Nicht weit von der Station findet er in einer taghellen Seiten-straße einen jener Kioske, an denen man anonyme Debitkarten bekommt. Er kauft eine. An einem anderen Kiosk ersteht er damit ein Wegwerftelefon mit einem Guthaben für ein halbstündiges Gespräch von Tokio nach L. A.
    Er fragt sein Notebook nach Rydells Nummer.
    13
    2

LUCKY DRAGON
    eroin«, erklärte Durius Walker, Rydells Kollege vom Wach-Hdienst des Lucky Dragon auf dem Sunset Boulevard, »ist das Opium des Volkes.«
    Durius war mit dem Fegen fertig. Er hielt die große Kehricht-schaufel vorsichtig in der Hand und ging damit zu dem einge-bauten Klinik-Container für Spritzen, dem mit dem stachel-drahtbewehrten Biorisiko-Symbol. In den warfen sie die Dinger, wenn sie welche fanden.
    Im Durchschnitt waren es fünf bis sechs pro Woche. Rydell hatte noch keinen dabei erwischt, wie er sich im Laden irgendwas in die Adern jagte, obwohl er es den Kunden durchaus zugetraut hätte. Anscheinend warfen die Leute ihre gebrauchten Spritzen einfach auf den Boden, meistens hinten bei der Katzennahrung.
    Man fand auch andere Sachen, wenn man im Lucky Dragon fegte: Tabletten, Münzen in fremder Währung, Identifikations-armbänder aus Krankenhäusern, zerknülltes Papiergeld aus Ländern, in denen es noch welches gab. Es war allerdings nicht ratsam, im Kehricht auf dieser Schaufel herumzuwühlen. Wenn Rydell ausfegte, trug
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