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Furor

Furor

Titel: Furor
Autoren: Markus C. Schulte von Drach
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(SPD): Herr Dr. N., wir verstehen, worauf Sie hinauswollen. Aber bevor Sie versuchen, die Bundesregierung für irgendetwas verantwortlich zu machen, sollten wir zunächst einmal den Vorfall selbst rekonstruieren. Und um weiteren Fragen des Kollegen N. zuvorzukommen: Ich erinnere Sie daran, dass die Situation im Sudan als akute Krise bewertet wurde, bei der die Zeit für eine reguläre parlamentarische Beschlussfassung zum Einsatz des KSK nicht ausgereicht hat. Der Einsatz der Spezialkräfte wurde deshalb in einem Eilverfahren durch die zuständigen Ausschüsse genehmigt.
Herr (geschwärzt), ist es richtig, dass Sie es waren, der mit dem Journalisten Diehm Kontakt aufgenommen und ihn über die Vorfälle informiert hat, über die wir hier zu sprechen haben?
    Zeuge: Das ist korrekt. Herr Diehm war zu der Zeit für ›Global‹ im Sudan unterwegs und besuchte am 24. und 25. Dezember das Basislager der Bundeswehr bei Port Sudan. Er plante eine umfangreichere Reportage. Ich hielt mich zur gleichen Zeit dort auf und traf mich mit ihm zu einem Gespräch.
Ich habe ihn heimlich getroffen.
    Henning B. (SPD): Ging das auf seine oder Ihre Initiative zurück?
    Zeuge: Auf meine.
    Dr. Heidrun F. (CDU): Könnten Sie bitte kurz wiederholen, worüber Sie damals mit ihm gesprochen haben?
    Zeuge: Ich habe Herrn Diehm den Hinweis gegeben, dass in der Gegend Zivilisten durch Angehörige der deutschen Streitkräfte getötet worden waren. Details habe ich ihm nicht gegeben. Ich hatte gehofft, dass er selbst herausfinden würde, was geschehen war.
    Jochen H. (Grüne): Hans Diehm hat die Informationen, die er von Ihnen bekommen hatte, sehr schnell veröffentlicht. Er scheint kaum Zeit auf eine umfassende Recherche verwendet zu haben, richtig?
    Zeuge: Es scheint so.
    Jochen H. (Grüne): Die Anschuldigungen in seinem Artikel waren recht vage formuliert. Aber Sie können uns mehr dazu sagen?
    Zeuge: Das kann ich.
    Jochen H. (Grüne): Nun ist Herr Diehm ja kurz nach der Veröffentlichung seines Artikels überraschend verstorben. Vermuten Sie einen Zusammenhang zwischen dem Artikel und seinem Tod?
    Zeuge: Ja. Ich kann es aber nicht beweisen.
    Dr. Reinhard B. (SPD): Nun, der Tod von Hans Diehm steht hier eigentlich nicht auf der Tagesordnung. Sie haben erklärt, Sie könnten uns mehr über den Vorfall mitteilen, den Sie gegenüber dem Journalisten nur angedeutet hatten.
    Zeuge: Ja. Zu der Zeit, als das geschah, hielten wir uns tiefer im Landesinneren auf, westlich von Port Sudan. Wir waren erst wenige Tage zuvor eingetroffen. Unser Einsatzbefehl lautete: Sicherung eines Dorfes, in dem sich nach Informationen der Nachrichtendienste Terroristen aufhalten sollten.
Also sicherten wir das Dorf und identifizierten eine Reihe von verdächtigen Personen.
    Jochen H. (Grüne): Was hat diese Personen verdächtig gemacht?
    Zeuge: Nun, sie waren männlich und nach unseren Schätzungen zwischen dreizehn und sechzig Jahre alt.
    Jochen H. (Grüne): Das . . . Das war alles?
    Zeuge: Das sind natürlich nur die ersten Kriterien. Später werden sie durch weitere ergänzt. Waffenbesitz beispielsweise.
Normalerweise werden die Verdächtigen dann auch genauer überprüft. Nicht durch uns, sondern durch andere Teile des Heeres. Aber in diesem Fall . . .
(Pause)
    Dr. Reinhard B. (SPD): Ja? Was war in diesem Fall? Fahren Sie bitte fort.
    Zeuge: Nun, in diesem Fall gab es später keine Personen mehr, die man hätte überprüfen können.
    Henning B. (SPD): Was meinen Sie damit?
    Zeuge: Sie wurden alle getötet. Wir . . . haben sie alle getötet: Männer, Frauen und Kinder.
    Dr. Reinhard B. (SPD): Meine Damen und Herren. Bitte! Ich bitte um Ruhe. Frau Dr. F., bitte.
    Dr. Heidrun F. (CDU): Warum, in Gottes Namen, haben Sie all diese Menschen getötet?
    Zeuge: Ich . . . ich weiß es nicht.
    Dr. Heidrun F. (CDU): Sie wissen es nicht?
(Pause)
    Christian V. (CDU): Wie viele Menschen haben Sie getötet?
    Zeuge: Ich weiß es nicht genau. Ich schätze, es waren etwa dreißig.
    Dr. Volker N. (PDS): Und Sie können uns nicht sagen, warum Sie dreißig Menschen getötet haben? Das ist doch Wahnsinn!
    Zeuge: Ja. Nein. Ich habe diese Menschen nicht allein erschossen. Es waren vier Kommandotrupps mit jeweils vier Mann im Einsatz. Wir hatten Zugstärke, sechzehn Mann unter meiner Führung. Und ich kann Ihnen nicht sagen, warum wir diese Menschen erschossen haben.
    Dr. Volker N. (PDS): Hat Ihnen jemand verboten, darüber zu reden?
    Zeuge: Nein. Ich kann es nicht sagen, weil ich es nicht
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