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Furchtbar lieb

Furchtbar lieb

Titel: Furchtbar lieb
Autoren: Helen FitzGerald
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Lagerfeuer erleuchtet war. Die einheimischen Kinder beobachteten das Geschehen von einem hölzernen Piratenschiff aus.
    Mike lag auf der Straße. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen.
    Ich bin froh darum.
    Ich rannte an den nach Luft schnappenden/quasselnden/weinenden Schaulustigen vorbei und in die kleine Dachwohnung hoch.
    Es war nichts als eine Wohnung. Sauber, hell. Eine ganz gewöhnliche Wohnung.
    Ich öffnete die Tür zum Schlafzimmer. Robbie schlief sorglos auf dem Bett, und er hatte weder Fieber noch Schmerzen. Er war mit einer Decke zugedeckt, und er wirkte zufrieden.
    Ich küsste ihn auf die Wange und reichte ihn Chas, ehe ich mich im Raum umsah. Auf dem Boden lag zersplittertes Glas, und die Tür zum angrenzenden Badezimmer war geschlossen. Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter.
    »Sarah!«, sagte ich. »Sarah!«
    Kein Geräusch.
    Ich öffnete die Tür zu dem Badezimmer, und als meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah ich den Revolver auf dem Boden liegen, und ich sah, dass Sarahs Gesicht ruhig war.
    Ich setzte mich zu ihr auf die Fliesen. Das dicke Blut hüllte uns beide ein, umschloss uns mit seiner roten Wärme, und ich umarmte sie.
    Als ich in ihre Augen schaute, sah ich das Goldmädchen, über das meine Mutter geschrieben hatte – wir waren »die Goldmädchen mit ihren blauen Regenschirmen, rennend und lachend im Regen«. Ich sah das Mädchen, das im Garten seine Kullertränchen-Puppe mit Präzision und Hingabe umzog. Ich sah das Mädchen, das am Hauptbahnhof über mich wachte, das immer über mich gewacht hatte, und die junge Frau vor dem Altar, die mit breitem, schönem Grinsen »Ich will« sagte.
    Und ich sah das Mädchen, das von niemandem jemals richtig geliebt worden war – zum Schluss nicht einmal mehr von mir.
    »Ist mit Robbie alles in Ordnung?«, flüsterte sie mir ins Ohr.
    »Ihm geht es gut«, flüsterte ich zurück, und hielt sie so fest ich konnte, während sie mir entglitt.

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    Kapitel einundvierzig
    Einige Wochen später zogen wir zu meinen Eltern. Ich hatte geträumt, dass ein riesiger Topf mit Soße auf einem heimeligen Herd in einer ganz normalen Küche vor sich hin köchelte.
    Als ich mich der Bolognese-Soße näherte, sah ich den Rücken eines Mannes. Er rührte in dem Topf, ganz sanft tat er das, und der Duft verbreitete sich im Raum. Ein Gefühl überkam mich, als ich auf den Umrührer zuging und ihn umarmte. Ich erkannte es nicht, hatte es niemals zuvor empfunden. Und ich brauchte eine Ewigkeit, um es zu erkennen. Es war Friede, der mich durchströmte. Ich empfand Frieden.
    Es war Chas, der die Soße umrührte, und das Gefühl, das mich durchströmte, war so stark und so neu, dass es mich aufwachen ließ.
    Er wachte auch auf, und er hielt mich, während ich das Bolognese-Gefühl in mich aufnahm, das nun für immer mein sein würde.
    ***
    Ein Therapeut half mir mit einem Maßnahmenplan. Es gab große Sachen und kleine Sachen, und es waren die kleinen Sachen, die mir am schwersten fielen.
    Zuzusehen, wie Robbie ein Kullertränchen umarmte.
    Einen Brief an Kyles Eltern abzuschicken. Das war schwierig.
    Sarahs Grab zu besuchen: auch schwierig.
    Und das Schmuckkästchen loszuwerden.
    Ich warf es an demselben Tag weg, als Robbie geschlagene zehn Sekunden lang auf eigenen Füßen gestanden hatte, indemer sich mit seinen vier neuen Zähnen am Couchtisch festhielt. Chas sah mich an der Mülltonne, als er mit zwei Litern fettarmer Milch und vier Croissants aus dem Geschäft an der Ecke nach Hause kam.
    ***
    Jetzt sitze ich hier in der Dunkelheit von Mamas »Kreativraum« und versuche, den widerstrebenden Robbie zum Schlafen zu bringen. Verzweifelt bedecke ich mein Gesicht mit den Händen, und als ich den Kopf hebe, sehe ich, das Robbie meine Finger genommen hat und sie fest umklammert hält. Gleichzeitig schaut er mir in die Augen und lacht. Ohne auch nur darüber nachzudenken, greife ich seine Hand, sehe ihm direkt in die Augen und lache zurück.

[Menü]
    Das Buch
    Ein Roman wie ein paar
Handschellen – hart, sexy
und fesselnd

    Helen FitzGerald war Sozialarbeiterin im Strafvollzug. Dann begann sie zu schreiben: kompromisslos, komisch, böse, schnell. So etwas gab es lange nicht zu lesen – ausgenommen vielleicht von Karen Duve oder A. L. Kennedy.
    »Manche Menschen finden auf einen Schlag zu sich selbst, wie bei einer Explosion. Ich selbst habe Stück für Stück zu mir selbst gefunden, mehr oder weniger durch eine Reihe von Zufällen.
    Das erste Stück
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