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Funkensommer

Funkensommer

Titel: Funkensommer
Autoren: Michaela Holzinger
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aus dem Weg geht? Dabei hab ich ihm nichts getan. Wenn ich daran denke, wie oft wir früher zusammen gespielt haben. Du und ich und dein Bruder auf dem Heuboden …« Jelly wird auf einmal still. »Das ist lange her«, murmelt sie, greift nach ihrem Pulli und steht auf. »Brrr, ist mir kalt! Lass uns abhauen. Wenn es finster wird, ist es noch unheimlicher hier.«
    »Ja gut«, antworte ich. Nur mühsam finde ich Hose und T-Shirt in der Dunkelheit.
    Als wir unsere Räder Richtung Landstraße schieben, sagt Jelly: »Ich finde, du solltest dich nicht drum kümmern, was Raphael sagt. Was mit ihm passiert ist, ist blöd. Aber das mit Finn geht ihn nichts an.«
    Ich seufze. »Ach Jelly, warum muss alles so kompliziert sein?«
    »Weil du alles kompliziert machst«, antwortet sie altklug. »Setz dich endlich durch und zeige, dass du kein Kind mehr bist! Du brauchst dir nicht alles gefallen zu lassen!«
    »Mhm«, brumme ich. »Und wie soll ich das anstellen?«
    Jellys Stimme gurrt in der Dunkelheit: »Ach, da fällt mir bestimmt was ein …«

Nebelfrau
    Ich liege auf dem Bett, neben mir das Zeugnis. Lauter Einser, bis auf Mathe und Chemie. In diesen Fächern bin ich miserabel. Einen Dreier und einen Vierer habe ich gekriegt. Scheiß drauf. Man kann nicht überall sehr gut sein. Außerdem fangen heute die Ferien an. Was grüble ich da noch länger über Mathe nach? Lieber starre ich auf mein Handy. Vielleicht ist Finn schon daheim, obwohl – vorhin beim Schulabschlussgottesdienst habe ich ihn nicht gesehen. Da klingelt es. Mein Handy. Aufgeschreckt drücke ich auf Grün: »Hallo?«
    »Jetzt weiß ich, was wir machen«, jubelt Jelly.
    »Ach, du bist es«, maule ich.
    »Na, wer denn sonst? Finn etwa?«
    »Jaaa«, gebe ich zu und komme mir selber blöd vor. »Er kommt doch heute von der Klassenfahrt nach Hause und da dachte ich …«
    Jelly lässt mich gar nicht ausreden. »Jetzt vergiss mal die Jungs. Wir haben nämlich schon was vor!«
    »Ach ja? Was denn?«
    »Wir gehen shoppen. Zu Ikea. Mama fährt uns. Sie braucht eine neue Kommode fürs Geschäft. Und wenn wir beim Zusammenschrauben helfen, dann dürfen wir alles kaufen, was wir für unsere Mission benötigen. Also für dich …«
    »Für mich?«, frage ich überrascht. »Ich brauch doch nix!«
    »Und ob«, korrigiert sie mich. »Du brauchst sogar eine Menge. Wenn wir damit fertig sind, wirst du dein Zimmer nicht wiedererkennen! Versprochen!«
    »WAS?«, rufe ich plötzlich hellwach. »Mein Zimmer?«
    »Klar! Du hast doch selbst gesagt, dass du deinen Eltern einen Denkzettel verpassen willst. Und deine altmodische Bude bietet sich dafür hervorragend an. Auch wenn deine Oma total lieb war, ihre Möbel sind einfach grässlich!« Jelly schnaubt. »Deshalb verändern wir dein Zimmer. Wir kaufen Lack für die Möbel, Farbe für die Wände, machen aus dem alten Omabett ein Himmelbett, dazu noch ein paar Polster, Vorhänge, schöne Bettwäsche …«
    »HALT«, kreische ich. »Papa wird ausrasten, wenn er sieht, was wir mit Omas Möbeln machen. Die sind ihm heilig!«
    »Eben«, prustet Jelly. »Sag ich doch – die Idee ist genial! Also, bis gleich. Wir holen dich ab«, und schon hat sie aufgelegt.
    Oje – was habe ich mir da schon wieder eingebrockt? Wenn Jelly sich etwas in den Kopf setzt, dann ist sie meistens schwer davon abzubringen. Ob das gut geht? Unsicher schaue ich mich in meinem Zimmer um. Bis auf das Red Hot Chili Peppers-Poster an der Wand und den Schreibtisch sieht es wirklich noch wie Omas Zimmer aus. Dabei ist meine Großmutter schon seit über drei Jahren tot …
    … Jelly hat vielleicht gar nicht unrecht. Ich lebe in einem fremden Zimmer, genauso, wie ich in einem fremden Leben lebe. Und wenn ich an diesem Zustand nichts ändere, wird es ewig so weitergehen. Deshalb greife ich nach meiner Tasche, obwohl ich ein ziemlich ungutes Gefühl dabei habe. Vor allem, wenn ich an Papas Reaktion denke … Aber ich gehe nach unten, hole den Akkuschrauber aus der Werkstatt und warte, bis Karolina die Hofeinfahrt heraufgefahren kommt. Immerhin ein Anfang.
     
    Kurze Zeit später latschen wir zwischen Riesenregalen durch Riesengänge und laden lauter solche Sachen wie Martha, Olaf und Lillebror ein. Dazu eine Packung Duftkerzen, Wandsticker und ein kitschiges Bild, das Jelly unbedingt für mein Zimmer haben wollte. Gnistsommar heißt es. (Es könnte aber auch locker als Kitscheborg oder Schmachta durchgehen, so schmalzig sieht das leuchtende Kornfeld mit dem Liebespaar
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