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Fummelbunker

Fummelbunker

Titel: Fummelbunker
Autoren: Sonja Ullrich
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aus.«
    Ich sah an mir herunter. Neben dem T-Shirt war auch meine Hose mit Blut besudelt und ich fühlte die Schminke auf meiner Haut, die wie eine getrocknete Schmierschicht bröckelte. Ein Unding, dass mich sein Bettnachbar trotzdem so freundlich begrüßt hatte.
    »Ich bin, abgesehen von meinem Unterschenkel, unversehrt, falls du das meinst. Im Gegensatz zu Metins Garage«, neckte ich zurück. »Du hast sie ziemlich eingesaut.«
    Schmunzelnd kniff er die Augen zusammen. Dann wurde sein Blick wieder ernst. »Wo hast du sie?«
    »Wo habe ich was?«
    »Die Zeitung.«
    »Welche Zeitung?«
    Er runzelte die Stirn. »Ich habe dir doch gesagt: ›Hol die Zeitung‹.«
    »Was?« Ich glotzte ihn an. »Hast du mir nicht! Wann denn?«
    »Doch.« Er machte ein schmerzverzerrtes Gesicht und nahm einen tiefen Atemzug. »In der Garage.«
    Mir wich sämtliche Farbe aus dem Gesicht. »Ich dachte, du meintest ›Polizeifunk‹.«
    »Was? Warum sollte ich Polizeifunk sagen?«
    »Ich weiß auch nicht!«
    Er überlegte kurz und sein Mund öffnete sich vor Erstaunen. »War das der Grund, warum du dem Notruf etwas von einem abgehackten Bein erzählt hast?«
    Ich schwieg. Und ich schmollte. Er begann zu kichern, was mehr nach einem Husten klang und ihm nur Schmerzen bereitete. Aber er konnte nicht aufhören.
    »Was ist das für eine Zeitung?«
    Er winkte ab. »Nicht mehr so wichtig.«
    »Was?«, giftete ich. »Als ich dich fand, warst du kurz davor, über den Jordan zu gehen und das Einzige, was du wolltest, war eine Zeitung. Und jetzt sagst du mir, es war nicht so wichtig?«
    Die Bilder seines ausblutenden Körpers und seiner regungslosen Augen traten wieder in den Vordergrund und mir rannen die Tränen über das Gesicht.
    Gregor tätschelte meine Hand. »Hey.«
    Ich vergrub mein Gesicht in seinem Bettlaken. Er strich mir mit den Fingern durch die Haare. »Dich hat das alles ganz schön mitgenommen. Du solltest nach Hause fahren. Ruh dich aus. Und geh duschen. Du versaust mir die ganze Bettwäsche.«
    Ich hob den Kopf und er lächelte sanft durch sein Gesichtsfell. Er war anders als sonst. So ausgelassen, beinahe fröhlich. Vielleicht war dies der irreversible Hirnschaden, von dem der Arzt sprach.
    »Ansmann tritt mir auf die Füße«, fing ich an. »Er glaubt, ich würde seinen Fall sabotieren. Außerdem scheint er Schalkowski nicht besonders leiden zu können.«
    »Schalkowski«, überlegte Gregor. »Ist das der, den ich an deinem Krankenbett erwischt habe?«
    Ich nickte. »Schalkowski versucht Dübel wegen Geldwäsche dranzukriegen. Er plant eine Razzia.«
    »Ich weiß«, sagte er. »Unter der Fuchtel vom LKA verfolgt Ansmann Minderhoud schon seit Monaten. Dortmund war nicht eingeweiht. Aber wenn Dübel wegen Geldwäsche ins Visier der Dortmunder Kollegen gerät, kappt Minderhoud alle Verbindungen und ist bald über alle Berge.«
    Der Teenager nebenan zappte zu einem Sportkanal und blieb bei den Wiederholungen der Handball-WM hängen.
    »Und welche Rolle spielst du in dem ganzen Spiel? Bist du Räuber oder Gendarm?«
    Er grinste. »Ich habe niemandem irgendetwas geklaut.«
    Damit wollte er mir wohl sagen, dass er sich definitiv nicht auf die Seite des Gendarmen schlug. Ein hässlicher Schatten fiel über sein Lächeln.
    »Du hast Minderhoud verpfiffen«, stellte ich schließlich fest.
    »Sagen wir es mal so.« Er richtete sich vorsichtig auf. Sein Gesicht war schmerzverzerrt. »Es wurde ein wenig eng für mich.«
    Ich biss mir auf die Unterlippe, denn ich hatte eine leise Ahnung, worauf er hinauswollte. Entweder hat ihm durch die Casino-Razzia und Dübels Aussagen der Strick gedroht oder er hat gewusst, dass ich ihn an Schalke und seine Kollegen ausliefern wollte. Deswegen steuerte er dagegen und vertraute sich Ansmann an, mit dem er einen Deal aushandeln konnte. Offenbar hatte Minderhoud davon Wind bekommen und ihm seine Männer auf den Hals gehetzt.
    »Was hat dir Ansmann versprochen? Straffreiheit?«
    Er zwinkerte. »Und mein Geld darf ich auch behalten.«
    Ich nickte schwach und sah zu Boden. Ich wusste nicht, was mich davon abhielt, ihn anzusehen. Abscheu. Enttäuschung. Selbstmitleid.
    Ich stand auf und machte Anstalten zu gehen. Gregor hielt mich an der Hand fest.
    »Danke«, sagte er leise. Für was auch immer.
    Ich nickte wieder, presste meine Lippen zusammen und ging aus dem Raum, ohne mich zu verabschieden.
    Das war es also. Gregor ›Panko‹ Pankowiak war ein V-Mann. Ein Legionär. Ein Söldner, der sein erstklassiges
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