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Full House: Liebeserklärung an die Chaosfamilie (German Edition)

Full House: Liebeserklärung an die Chaosfamilie (German Edition)

Titel: Full House: Liebeserklärung an die Chaosfamilie (German Edition)
Autoren: Sky du Mont
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Ryan!«, rufe ich, aber zu spät, Ryan spielt gerade Fontäne …
    Ein Gutes hatte Rügen, schießt es mir durch den Kopf, da war es zu kalt, um zum Pinkeln ins Wasser zu gehen.
    Sekunden später entdecke ich Bea und Clara, die auf der Suche nach uns sind. »Ryan, kommst du bitte mit? Mama und deine Schwester sind da. Ich muss ihnen zeigen, wo unsere Sachen sind.«
    Ryan kommt natürlich nicht mit. Ihn im Blick behaltend, gehe ich rückwärts auf Beate zu, stolpere über mehrere sich sonnende Paare, eine Sandburg und eine bis zu diesem Moment besonders gut erhaltene Sammlung von Seeigeln und zeige Beate, wo mein Handtuch liegt. Mittlerweile haben sich zwei Paare gefühlte zwei Millimeter links und rechts neben unseren Sachen ausgebreitet. Jetzt wird mir klar, woher der Begriff »Tuchfühlung« kommt.
    »Und wo liegst du?«, meint Beate und streckt sich entspannt auf meinem Badetuch aus. »Und ich?«, ergänzt meine Tochter zickig, was mich ahnen lässt, wie der Schminkstreit ausgegangen sein muss.
    »Keine Ahnung, such dir was«, blaffe ich sie an und laufe zurück zu Ryan. Diesen Satz werde ich später bitter bereuen.
    Der Abend naht, Ryan hat inzwischen so viel Wasser geschluckt, dass ich befürchte, dass sich der Meeresspiegel um einige Zentimeter gesenkt hat. Das grüne Krokodil habe ich aufgeblasen (neunzehn Minuten Schwerstarbeit), aber es ist, unbeobachtet von Ryan, aufs offene Meer abgetrieben. Ich bin einfach zu müde, um es, wie mein Sohn heulend erklärt, aus akuter Seenot zu retten. Ich verspreche ihm, morgen ein neues zu kaufen – allerdings plane ich, mit Rücksicht auf meine arme Lunge, stattdessen einen kleinen Schwimmring zu besorgen.
    Langsam packen wir unsere Sachen zusammen. Ryanhält noch immer Ausschau nach seinem Krokodil, das nun nur noch als Punkt am Horizont zu sehen ist. »Papa, du musst Freddy retten!« Als ich versuche, ihm zu erklären, dass niemand mehr schwimmend sein Krokodil erreichen kann, setzt er sein neu erlerntes Wort ein: »Weichei! Der Papa von Leopold würde das schaffen.« Trotz dieser schmerzlichen Demütigung behalte ich die Ruhe und nehme ihn an der Hand. »Morgen kaufen wir was Neues.«
    Beate liegt noch immer auf meinem Platz und liest fröhlich in einer Modezeitschrift.
    »Wo ist eigentlich Clara? Ich möchte ins Hotel.«
    »Woher soll ich das wissen? Du hast ihr doch gesagt, sie soll abhauen und sich woanders hinlegen!« Warum müssen Frauen einem immer das Wort im Mund umdrehen? Oder ist das nur meine?
    »Von Abhauen war keine Rede!«
    »Aber so hat das arme Kind es aufgefasst. Sie fühlte sich verstoßen und von dir abgelehnt. Aber ich kenne das ja. Mich behandelst du auch oft so …«
    Mir wird klar, dass der No-Shopping-Frust wieder aufgeflammt ist und ich gerade die Quittung dafür erhalte. Still – nicht nachhaken, denke ich und mache mich auf die Suche nach meiner »armen, verstoßenen« Tochter. Und es dauert tatsächlich nicht lange, bis ich sie finde. Oder genauer: Ich ahne die Stelle, wo sie in diesem Augenblick gerade ist. Umringt von fünf halbwüchsigen jungen Männern, liegt meine pubertierende Tochter im Sand und sonnt sich. Jetzt sehe ich auch zum ersten Mal, was für einen Bikini sie trägt. Bei allem Verständnis für die Bademode heutzutage, aber meine Tochter ist zwölf, na ja, um ehrlichzu sein, fast dreizehn, und trägt knapp 100 Gramm Stoff über ihren gerade erwachenden Körperteilen. Blinde Wut ergreift mich. Grob dränge ich die kleinen geilen Voyeure zur Seite, packe meine Tochter am Arm und ziehe sie hinter mir her. »Papa! Was soll das denn? Ich muss doch mein Handtuch mitnehmen.«
    »Mein Fräulein, du kommst jetzt sofort mit. Ich pfeife auf das Handtuch!«, zische ich ihr zu. Im Hintergrund höre ich die jungen Männer lachen. Kurz erwäge ich zurückzugehen, um mich zu prügeln, aber mittlerweile glotzen uns, wie mir scheint, alle Badegäste grinsend an. »Ich wünsche euch allen ein Dutzend pubertierende Töchter!«, rufe ich und sehe zu, dass wir wegkommen.
    Das Abendessen nehmen wir alle gemeinsam in einem Speisesaal von der Größe eines Flugzeughangars ein. Anstehen für Brot, anstehen für Wurst, anstehen für absolut alles, und das die nächsten vierzehn Tage. Menschen mit übervoll bepackten Tellern drängen sich an uns vorbei. Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel manche auf einem Teller unterbringen. Das sind die wahren Verpackungskünstler. Den Reichstag zu verpacken erscheint mir da als leichtere Aufgabe.
    Der König
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