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Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Titel: Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer
Autoren: April Genevieve Tucholke
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ihn nicht an, während er redete, obwohl ich wusste, dass ihn das wütend machen würde, sondern starrte auf River, der am Boden saß, und auf das Blut, das aus seinem Unterarm sickerte. Es war so viel, dass man noch nicht einmal den Abdruck von Brodies Zähnen auf der Haut erkennen konnte. Rivers Augen waren leer. Und in seinen Augen wirkte diese Leere noch trostloser als in denen von Neely und Luke.
    Plötzlich erhob er sich, ging zum Spülbecken, füllte den Teekessel mit Wasser, setzte ihn auf den Herd und zündete darunter die Gasflamme an.
    Dann stemmte er die Hände in die Seiten und blieb wartend davor stehen.
    »Was tut er da?« Rivers harmlose Handgriffe machten mir mehr Angst, als wenn er mit einem Messer hantiert hätte. Der Raum drehte sich um mich und mir wurde schwindelig. Ich rieb mir wieder die Augen, damit das Drehen aufhörte. »Verdammt noch mal, was tut er da?«
    Brodie hob die Arme über den Kopf und räkelte sich, als wäre er gerade aus einem langen Mittagsschlaf erwacht. »River wird das Wasser zum Kochen bringen und es Neely dann über den Kopf gießen. Ja, ich weiß, ganz schön kindisch, aber mir läuft die Zeit davon. Und auf diese Weise kann ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: River wird begreifen, wozu ich fähig bin, und lernt, Respekt vor mir zu haben und vor dem, was passiert, wenn er sich weigert, sein Funkeln mit meinem Blitz zu vereinen. Er wird sehen, dass Neely wirklich nichts anderes als ein dämlicher nicht-funkelnder Schwachkopf ist, der nicht verhindern kann, dass andere Leute ihm das Gesicht verbrühen. Ich bin vielleicht nur ein Bastard aus Texas, der eine Irre zur Mutter hat, aber das wird River egal sein, wenn wir hier fertig sind.« Brodies grüne Augen weiteten sich und einen kurzen Moment lang sah er wieder jung und verletzlich aus. Aber schon in der nächsten Sekunde schüttelte er den Kopf und grinste verschlagen. »Außerdem hat das Ganze den zusätzlichen Vorteil, dass ich in der Zwischenzeit in Ruhe mein Spiel mit dir zu Ende spielen kann.«
    Er stellte sich dicht vor mich hin, legte die Spitze seines Zeigefingers an meinen Hals und fuhr langsam über den dünnen Stoff des Unterhemds zwischen meinen Brüsten hinunter bis zum Bauchnabel. Dann bückte er sich und zog sein kleines Messer aus seinem Stiefel.
    »Du hast Zeit, bis das Wasser kocht, Violet«, sagte er leise, und seine Stimme klang plötzlich alt. Alt wie die Zeit. Alt wie die Berge. Alt wie die Jahreszeiten und die Ozeane. Alt wie das Gute und das Böse. »Wenn du tust, was ich dir sage, befreie ich River vielleicht – wohlgemerkt vielleicht – von meinem Bann, bevor er unserem Bruder das hübsche Gesicht verbrüht. Aber …«, er hob mahnend den Zeigefinger, »du musst deine Sache schon richtig gut machen, alles klar?«
    Äußerlich blieb ich ruhig, aber meine Gedanken rasten. Okay, Violet. Du tust einfach, was er sagt. Egal, was es ist. Wichtig ist nur, dass du River davor bewahrst, Neely etwas antun zu müssen. Ganz gleich, wie hoch der Preis dafür ist. Nein, du darfst nicht wieder schwarze Punkte sehen. Konzentrier dich. Und nicke einfach, Vi. NICKE .
    Ich nickte.
    Brodie umkreiste mit der Messerspitze meinen Bauchnabel. Ich spürte durch die dünne schwarze Seide die scharfe Klinge und hielt die Luft an.
    »Nicht verkrampfen!«, befahl Brodie.
    Ich atmete aus.
    »Schläfst du mit ihm? Schläfst du mit River?« Seine Stimme hatte einen sanften, singenden Tonfall, als würde er mit einem kleinen Kind sprechen.
    Den Blick auf die silberne Schneide geheftet, die er in meine Haut drückte, schüttelte ich den Kopf.
    »Ich habe dir doch von meiner Freundin Sophie erzählt, weißt du noch? Sie hat sich umgebracht. Hat sich die Pulsadern aufgeschnitten, kurz bevor ich Texas verlassen habe. Sie war … sehr aufgewühlt.« Brodie hielt einen Moment inne. »Manchmal tut es mir leid, dass ich den Blitz bei ihr eingesetzt habe, um mit ihr zusammen zu sein, bevor sie dazu bereit war. Körperlich, meine ich. Sophie ist als gute Katholikin erzogen worden. Sie glaubte an Gott und die Hölle, an Jungfrauen und Huren. Nichts konnte sie umstimmen, noch nicht einmal mein Messer. Bis ich den Blitz bei ihr benutzt habe. Hat River sein Funkeln bei dir anwenden müssen? Oder bist du freiwillig zu ihm ins Bett gehüpft?«
    Wag es ja nicht, davonzulaufen, Violet. Du bleibst, wo du bist, und lässt es einfach über dich ergehen. Rühr dich nicht von der Stelle. Denk an River und Neely, an Luke und Jack. Er wird
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