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Für Leichen zahlt man bar

Für Leichen zahlt man bar

Titel: Für Leichen zahlt man bar
Autoren: Carter Brown
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Haarschnitt war noch tadellos. Woran
lag es also? fragte ich mich niedergeschlagen.
    Hinter mir klapperten
Bleistiftabsätze, und Fran betrat wieder das Büro. »Aber Danny !« sagte sie gleich darauf vorwurfsvoll. »Du hast ja immer
noch nicht die Briefe unterschrieben !«
    »Bitte sei jetzt einmal
rücksichtslos ehrlich !« Ich wandte ihr die linke Seite
meines Profils zur ausgiebigen Begutachtung zu. »Findest du, daß ich mich in
letzter Zeit verändert habe ?«
    »Nicht im geringsten !« sagte sie sachlich. »Dein Steckbrief bleibt immer gleich:
eitelster Mann auf Gottes Erdboden. Bildet sich ein, daß sein Charme
unwiderstehlich ist. Unerschöpfliches Lieblingsthema: die eigene werte Person.
Röntgenblick. Der Mann, der den undurchsichtigen Nylonstoff erfunden hat, hätte
sich schon längst eine Kugel durch den Kopf geschossen, wenn er wüßte, daß es
dich gibt !«
    »Darum möchte ich nur wissen,
warum alle Leute plötzlich den Hörer auflegen, bevor ich überhaupt zu Wort
gekommen bin !« beklagte ich mich.
    Sie zuckte gleichmütig die
Achseln. »Vielleicht hat sich dein Ruf herumgesprochen? Glaubst du, mit
Frankreichs Frauengroßverbraucher Landru hätten sich
die Leute noch unterhalten, als bekanntgeworden war, was er angestellt hatte ?«
    »Da rufe ich den Mann an, weil
ich ihm das Leben retten will, und er hängt einfach auf !« überlegte ich laut. »Ich handele aus purer Nächstenliebe, und das ist nun der
Dank !«
    »Sprichst du von Jonathan Cook ?« fragte sie.
    »Von wem denn sonst?«
    »Du wolltest ihm also das Leben
retten ?«
    »Allerdings!«
    »Dann mach ihm doch einen
Besuch !« schlug sie mit bemerkenswerter Logik vor. »Da
kann er ja den Hörer nicht auflegen — oder ?«
    »Das werde ich auch tun«, sagte
ich entschlossen. »Ich habe heute meinen edelmütigen Tag! Angefangen hat es
damit, daß Laka Tong mir den Auftrag geben wollte,
jemanden umzulegen, und ich ablehnte. Jetzt erfahre ich, daß sie den Job
anderweitig vergeben hat. Das wenigste, was ich jetzt tun kann, ist, meinem Nächsten
in der Stunde der Bedrängnis beizustehen !«
    »Ganz ohne Gegenleistung ?« fragte Fran ungläubig.
    »Na hör mal! — Irgendwo hat
auch der Edelmut seine Grenzen !« knurrte ich.
     
     
     

2
     
    Das Palms Hotel lag zwei Querstraßen
westlich von Times Square. Es mochte einmal bessere Zeiten gesehen haben, aber
das war bestimmt schon lange her. Seinen Namen verdankte es, so schloß ich
messerscharf, den beiden staubigen Palmen, die in Kübeln vor dem Eingang
standen und traurig ihre dürren Wedel hängen ließen. Im Vergleich zu dem
Empfangschef dieser Luxusherberge allerdings wirkten die Palmen taufrisch. Als
ich die Gestalt am Empfangspult sah, dachte ich zunächst, ein Gast hätte vor
dem zweiten Weltkrieg eine reparaturbedürftige Wachsfigur dort abgesetzt und
vergessen, sie wieder abzuholen. Dann aber bemerkte ich zu meiner
Erleichterung, daß in dem bleichen Gesicht des Mannes ein Muskel zuckte.
    »Sie wünschen ein Zimmer ?« krächzte die lebende Wachsfigur.
    »Hier?« Ich schüttelte mich.
»Sie haben einen ausgeprägten Sinn für Humor, mein Freund !«
    »Na ja, das Waldorf ist es
nicht gerade !« Er stocherte gedankenverloren mit einer
Nagelfeile in seinen Zähnen herum. »Dann sind Sie wohl ’n Vertreter, was ?«
    »Ein Freund von mir wohnt
hier«, klärte ich ihn auf. »Johnny Cook heißt er .«
    » Häh ?«
    Kennen Sie das Theaterstück,
bei dem die Schauspieler in Mülltonnen sitzen,
tiefsinnige Gespräche führen und trübsinnig vor sich hinstarren? Ich hatte den
Eindruck, einem der Hauptdarsteller gegenüberzustehen — nur die Mülltonne
fehlte. Zur Stärkung zündete ich mir eine Zigarette an und wandte mich dann mit
großer Selbstüberwindung wieder dem fabelhaften Empfangschef zu. Er hatte sich
mit der Nagelfeile inzwischen zu seinem rechten oberen Schneidezahn vorgearbeitet.
Es soll schon vorgekommen sein, daß sich jemand den Finger in der Nase
abgebrochen hat. Gewundert hätte es mich also nicht, wenn mein neuer Bekannter
sich seine Nagelfeile durch den Gaumen gebohrt hätte.
    »Haben Sie vielleicht vor, mit
mir lustiges Rätselraten zu spielen ?« fragte ich
ungeduldig. »Ich nenne Ihnen nacheinander die Zimmernummern, und Sie sagen heiß
oder kalt, ja ?«
    »Cook ?« wiederholte mein verstaubtes Gegenüber langsam. »Der wohnt auf Zimmer 21. Soll
ich raufrufen und Sie anmelden ?«
    »Johnny-Boy und ich sind alte Kameraden«, erklärte ich grinsend. »Ich möchte ihn
lieber
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