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Für immer tot

Für immer tot

Titel: Für immer tot
Autoren: Bernhard Aichner
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lebst.
    – Was kommt jetzt noch?
    – Tilda.
    – Hoffentlich.
    Sie sind vor der Polizei da, vor den Hunden, vor den Freiwilligen, Feuerwehrleuten, Soldaten. Sie sind allein. Nur ihr Auto, das an einer kleinen Kreuzung abbiegt und über einen Schotterweg rast. Sie fahren entlang eines Zauns und kommen zu einem Tor aus Maschendraht. Sie steigen aus. Hinter dem Zaun ein kleines Gebäude, eine Hütte, niemand ist da, keiner, der ihnen öffnet, keiner, der das Vorhängeschloss aufsperrt.
    Max geht zurück zum Wagen und startet. Baroni schaut zu, wie Max Gas gibt und durch das Tor bricht, wie das Schloss aufspringt, das Tor zurückschnellt und wie Max stoppt. Baroni springt in den Wagen, sie fahren auf das Gelände, in die Richtung, in die Wagner sie geschickt hat.
    Max will zu Tilda, sie aus diesem Loch holen, bevor es zu spät ist, er will, dass sie lebt, er will, dass sie atmet, dass sie sich bewegt, er will sie zurück. Aber was sie sehen, beunruhigt ihn, es macht ihm Angst, und mit jedem Meter, den sie weiter nach unten fahren, wächst diese Angst. Max fährt den Schotterweg nach unten. Er bremst und steigt aus, Baroni folgt ihm.
    – Dort wo der Weg zu Ende ist, hat er gesagt.
    – Wo?
    – Hier. Laut diesem Scheißzettel muss es hier sein. Der Fahrweg, Büsche, der Zaun, irgendwo hier muss sie liegen.
    – Da ist nichts, Max.
    – Sie muss da sein.
    – Du siehst doch, da ist nichts, keine lockere Erde, keine Spuren im Gras, nichts, hier hat niemand gegraben, niemand, diese Sau verarscht uns.
    – Baroni?
    – Was ist?
    – Da ist kein Müll.
    – Was meinst du?
    – Da ist kein Müll. Er hat gesagt, da ist Müll, er hätte sie mit Müll zugedeckt.
    – Der Müll ist unter uns, Max. Es gibt keine offenen Deponien mehr in Österreich.
    – Was soll das heißen?
    – Unser Müll kommt auf den Lkw und wahrscheinlich irgendwo nach Polen, keine Ahnung.
    – Er hat gesagt, es hätte gestunken.
    – Hier stinkt gar nichts.
    – Du hast recht, Baroni. Sie ist nicht hier. Vielleicht hat Wagner kurz überlegt, sie hier zu verstecken, vielleicht hat er sich auch mit dem Deponietechniker unterhalten, aber er hat sie hier nicht vergraben.
    – Bravo.
    – Dieses verdammte Schwein.
    – Du wärst umsonst gesprungen, Max.
    – Dafür bringe ich ihn um.
    – Das Problem ist nur, dass wir nicht wissen, wo er ist. Wir haben ihn gehen lassen.
    – Sie wird das nicht überleben, Baroni.
    – Doch, das wird sie.
    – Nein. Wir sind am Ende.
    – Es ist erst der vierte Tag. Es gibt Menschen, die kommen Monate ohne Wasser aus.
    – Blödsinn.
    – Tilda ist stärker, als du denkst.
    – Sie wird sterben und ich werde ein Grab für sie schaufeln. Genau wie für meinen Vater und für Hanni. Sie werden alle tot sein. Für immer.
    – Noch ist es nicht zu Ende.
    – Doch, Baroni. Schau uns an.
    – Wir sollten etwas essen.
    – Genau. Wir sollten in das neue Haubenlokal gehen und uns die Bäuche vollschlagen, das haben wir uns doch verdient, oder?
    – Halt die Klappe, Max.
    – Und wir sollten die Getränkekarte rauf und runter bestellen.
    – Wir sollten uns kurz ausruhen, etwas essen und nachdenken.
    – Ich hätte gerne den Lachs mit der Trüffel-Polenta.
    – Wenn du jetzt nicht deine blöde Schnauze hältst, kannst du alleine weitersuchen.
    – Wir halten es keine zwei Tage aus, ohne zu essen, wie soll sie es dann eine Woche durchhalten?
    – Sie hatte zwei Dreh und Trink.
    –
    –
    – Baroni?
    – Ja, tut mir leid, ich habe es nicht so gemeint.
    – Das meine ich nicht.
    – Was dann?
    – Ich bringe ihn um.

Vierundzwanzig
     
    Sie fahren zurück. Langsam.
    Polizeiwagen kommen ihnen entgegen, fahren an ihnen vorbei, sie wollen zu Tilda. Sie haben Paul angerufen, haben ihm Bescheid gegeben, ihm alles erzählt, ihm gesagt, dass sie nicht dort ist, dass er sie nicht finden wird, dass Wagner gelogen hat. Doch Paul hat darauf bestanden, er wird die ganze Deponie umgraben lassen, er muss etwas tun, irgendetwas. Paul hat den Kopf geschüttelt, Max hat es am Telefon gehört, seine Verzweiflung, wie ratlos und enttäuscht er war.
    Wie sein Kopf hin und her ging und nichts passierte.
    Die Fahndung nach Wagner war bis jetzt vergeblich, fünfzig Polizisten sind auf der Suche nach ihm, die Suchmannschaften, die nach wie vor den Wald durchkämmen, sind am Rand ihrer Kräfte. Alles steht still, die Wege, die Straßen, die an ihnen vorbeiziehen, die vertraute Landschaft, alles. Nichts bewegt sich, gibt etwas frei, verrät etwas, sagt ihnen, was
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