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Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)

Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)

Titel: Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
Autoren: Alicia Clifford
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trotzig an.
    »Großvater …«, wiederholte Celia und klang leicht irritiert. Dann verzog sich ihr Gesicht zu einem strahlenden Lächeln, als wolle sie die anderen animieren, das Spiel mitzuspielen.
    Ihre Kinder tauschten resigniert unsichere Blicke – war das eine beginnende geistige Verwirrung? Dann meinten sie zu verstehen. Sie waren ziemlich sicher, dass ihre Mutter ebenso wenig an den Mythos Reinkarnation glaubte wie sie. Nein, das wirkte eher so, als lobe sie an ihrer Enkelin eine Fähigkeit, die sie bei ihren Kindern nie hatte entdecken können. Sie alle hatten keine Phantasie, wie Robert jederzeit frohgemut zugeben würde. »Nicht die Bohne«, würde er behaupten, ihnen allen damit aus der Seele sprechen und dabei exakt wie der Vater klingen. »Wir agieren, wir sinnieren nicht.« Einmal hatte er sogar fast ein wenig beleidigt gefragt: »Wer möchte schon allein in einem Zimmer sitzen, Personen erfinden und sie wie Marionetten in einer ausgedachten Geschichte agieren lassen?« Celia war die einzige Schriftstellerin in der Familie. Wenn sie damit glücklich war – bitte!
    Tatsächlich glaubte natürlich auch Bud nicht an Wiedergeburt. Schließlich hatte sie keine Ahnung, was dies bedeutete. Eigentlich wusste sie selbst nicht, wie sie auf den Gedanken gekommen war. Aber auf das Wunder, das sie damit bewirkt hatte, reagierten Mutter, Tante und Onkel höchst erstaunlich. Wie auf Knopfdruck ließen sie sich auf die Geschichte ein. Das machte deutlich, wie groß ihre Sorge gewesen war. Sie hätten alles getan, um zu verhindern, dass Celia erneut in sprachlose Verzweiflung verfiel.
    »Schon komisch, weil er dieses Bild hasst«, bemerkte Margaret, die, wäre ihr Ehemann Charles anwesend gewesen, sich nie so despektierlich geäußert hätte. Es handelte sich um ein düsteres, altes Ölbild, auf dem ein halbes Dutzend Reiter über eine endlose Ebene galoppierten. Ihre Mutter hatte es irgendwo aufgestöbert. Die Familie hatte stets angenommen, dass der Vater es nicht mochte, weil diese Reiter nicht in ordentlicher Formation, sondern irgendwie ziellos umhersprengten und damit die Prinzipien soldatischer Erziehung beleidigten, die er so sehr schätzte.
    »Warum setzt er sich dann darauf?«, fragte Robert, und seine Mundwinkel zuckten, während er sich vorstellte, wie er diese Szene seiner Frau Mel beschreiben sollte. Er fuhr sich mit der Hand über das gerötete Gesicht, als wolle er die tiefen Sorgenfalten auf seiner Stirn glätten. »Meint ihr, er will überhaupt zurückkommen?«, murmelte er etwas taktlos.
    »Er macht sich bestimmt Sorgen, ob wir alles ordentlich hinkriegen«, bemerkte Sarah. »Er beobachtet uns mit Argusaugen.« Im Gegensatz zu Margaret wünschte sie sich ihren Mann an ihrer Seite. Whoopee hatte einen wunderbaren Sinn für Humor. Er hätte es genossen, zuzusehen, wie sich die Familie Bayley zum Affen machte.
    »Er hat seine Brille auf«, quietschte Bud in diesem Moment.
    »Stimmt!«, sagte Celia. Sie war inzwischen aufgestanden und mit unsicheren Schritten durchs Zimmer gegangen, um die Motte genauer zu inspizieren.
    Die beiden taten beinahe so, als wären sie allein im Zimmer. Als Bud säuselte: »Liebes, kleines Großväterchen!«, kamen die anderen zur Besinnung.
    »Ich finde, es reicht jetzt!«, sagte Sarah ungewohnt scharf.
    Celia starrte ungerührt weiter auf die Motte. Zuvor, als Vorwärts, Christi Streiter als erstes Lied bei der Trauerfeier vorgeschlagen wurde, hatte sie keinerlei Reaktionen gezeigt. Jetzt sagte sie knapp und bestimmt, wie um das Thema zu beenden: »Mir scheint ›Jerusalem die Goldene‹ für den Anlass eher angebracht.«
    Das Seltsame war, dass die Motte am Tag nach der Beerdigung auf Nimmerwiedersehen verschwand. »Daddys letzter Appell«, nannte Robert das Intermezzo, was natürlich scherzhaft gemeint war. Es war ein Wendepunkt, so viel war allen klar geworden – jener Moment, in dem die Mutter dem Lockruf des Todes widerstanden und sich für das Glück entschieden hatte, ihre Enkelkinder aufwachsen zu sehen. Außerdem – und dies war das Verblüffende – sollte sie danach endlich eine ernsthafte Schriftstellerin werden.
    Fast zwanzig Jahre später, als Margaret und Sarah am Vorabend des sehr viel traurigeren Begräbnisses der Mutter beieinander Trost suchten, erinnerten sie sich an diese ungewöhnliche Demonstration ihrer Willensstärke.
    »Wenn das nicht geschehen wäre …«, begann Sarah.
    »Ist es aber«, antwortete Margaret etwas spitz, als hätte sich die
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