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Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer

Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer

Titel: Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer
Autoren: Veronica Henry
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würde es durchhalten. Das hoffte sie jedenfalls. Sie musste es einfach schaffen! Um ihrer selbst willen, um der Kinder willen, aber vor allem für Tim.
    Er hatte sich großartig verhalten. Nachdem sie sich dazu durchgerungen hatte, ihm die Wahrheit zu sagen, war er sofort nach Everdene gekommen, um sie abzuholen. Er hatte sie in den Armen gehalten, während sie geweint hatte, und zum ersten Mal seit Langem hatte sie sich sicher und aufgehoben gefühlt.
    Tim war entsetzt darüber gewesen, dass sie ihr schreck liches Geheimnis so viele Jahre mit sich herumgetragen hatte, und er hatte sie nicht verurteilt. Er hatte ihr versprochen, zu ihr zu halten, egal, wie sie sich entschied. Er hatte ihr eine kompetente Therapeutin besorgt, der sie sich anvertraut hatte und die ihr geholfen hatte, einen Plan auszuarbeiten, anhand dessen sie lernen konnte, ohne die Krücke zu leben, auf die sie sich so lange gestützt hatte. Und nachdem alle über ihre Alkoholabhängigkeit Bescheid wussten – zumindest alle innerhalb der Familie –, hatte sie den Mut gefunden, sich ihren Dämonen zu stellen.
    Es war hart. Fürchterlich hart. Jeder neue Tag war eine Herausforderung, ein Kampf, aber Fiona war entschlossen durchzuhalten. Um ein Haar hätte sie alles zerstört, was ihr lieb und teuer war. Bei der Erinnerung daran drehte sich ihr der Magen um. All die Jahre, in denen sie sich fast um den Verstand gesoffen hatte, der Unfall, die Nacht mit dem Fremden …
    Einmal hatte sie ihn gesehen. Im Lebensmittelgeschäft. Er hatte sie von Weitem angelächelt. Es hatte sie unglaublich er leichtert, dass er so normal aussah, so nett. Als sie am Morgen danach versucht hatte, sich an ihn zu erinnern, war ihr das nicht so recht gelungen, und sie hatte befürchtet, dass sie an einen kompletten Idioten geraten war, aber er wirkte anständig – vor allem ohne das alberne Feenkostüm.
    Trotzdem hatte sie nicht mit ihm gesprochen. Damit hätte sie nicht umgehen können. Und er hatte das respektiert. Was hätte sie wohl getan, wenn er stattdessen auf sie zugekommen und sie lauthals mit »Na, Süße?« begrüßt hätte? Sie hatte ihrer Therapeutin von ihrem Fehltritt erzählt, und auch die hatte sie nicht verurteilt, hatte eigentlich gar nicht viel dazu gesagt, aber Fiona war froh, dass sie es sich von der Seele geredet hatte.
    Vier Wochen. Sie hatte bereits vier Wochen ohne Alkohol überstanden. Die Tage waren lang, die Nächte noch länger, und es gab Stunden, da schrie ihr Körper geradezu nach Erleichterung. Und es gab keinen Ersatz. Nicht einmal Schlaf brachte Erlösung, denn im Schlaf verfolgten sie Bilder der Dinge, die sie getan hatte. Dann wachte sie schweißgebadet auf, wenn sie vor ihrem geistigen Auge sah, wie sie auf Partys herumwankte, wie sie sich lächerlich machte, obwohl sie sich damals immer eingeredet hatte, sie hätte alles im Griff.
    Aber sie war eisern geblieben. Tim unterstützte sie, wo er nur konnte – er hatte sämtliche alkoholischen Getränke aus dem Haus entfernt und trank selbst nicht. Fiona hätte es auch nicht ertragen, wenn er jeden Abend eine Flasche kühlen Sauvignon entkorkt und von ihr erwartet hätte, dass sie verzichtete. Und sie hatten gesellige Abende gemieden, was allerdings nicht weiter schwierig gewesen war, weil die meisten Leute im Urlaub waren und man eine Einladung leicht ablehnen konnte mit der Begründung, man sei ebenfalls verreist.
    Aber die Strandparty in Everdene ließ sich nicht umgehen. Sie fuhren jedes Jahr hin, ohne Ausnahme. Tim hatte sie vorsichtig gefragt, ob sie sich diesmal lieber davor drücken wollte, aber Fiona hatte abgelehnt. Irgendwann musste sie sich der Wirklichkeit stellen. Sie musste lernen, in der realen Welt ohne Alkohol zu funktionieren. Außerdem fühlte sie sich hier wohl. In Everdene urteilten die Leute nicht ständig über einen, so wie zu Hause, wo man permanent auf der Hut sein musste.
    Sie schaute in den Spiegel. Sie sah besser aus, das musste sie zugeben. Sie hatte ein bisschen zugenommen und wirkte nicht mehr so eingefallen – als sie noch getrunken hatte, war ihr das Essen nie wichtig gewesen. Ihre Augen leuchteten wieder. Sie streckte die Hände aus. Kein Zittern. Früher hatte sie, schon während sie sich für eine Party zurecht machte, drei, vier Gläser Sekt getrunken. Diesmal nicht. Sie schminkte sich die Lippen und verließ das kleine Bad. Tim hatte es sich in einem Sessel gemütlich gemacht und las die Zeitung. Er sah gut aus in seinem Smoking. Er schaute sie an
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