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Fuenf Maenner Fuer Mich

Fuenf Maenner Fuer Mich

Titel: Fuenf Maenner Fuer Mich
Autoren: Annette Meisl
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Worte entgegenzuschleudern? Ich kann fast dabei zuschauen, wie ihr Gehirn rattert: „Betrügt er mich? Betrügt er mich nicht?“ Gemeinerweise füge ich hinzu: „Ein Großteil der Männer ist untreu, ich kann dir die genaue Prozentzahl nicht nennen, aber sie ist hoch. Mit meinen aktuellen Lovern spreche ich offen darüber, sie sagen die Wahrheit. Bei mir brauchen sie ja nicht zu lügen. Daher schätze ich, dass es mindestens 90 Prozent sind.“
    Sie kontert: „Nicht nur Männer betrügen. Ich kenne auch Frauen, die das machen. Neulich sagte eine Arbeitskollegin zu mir: ‚Wenn’s in der Ehe mal nicht so prickelt, such ich halt außerhalb was Nettes. Mein Mann soll nichts davon wissen. Und trennen würde ich mich nie deswegen.‘“
    Das widerlegt meine These nicht, widerspricht ihr nicht mal. Ich stelle klar: „Männer wie Frauen sind vermutlich nicht monogam. Das hat nichts mit dem Geschlecht zu tun. Wir sind vom Wesen her sexuell neugierig, doch aufgrund gesellschaftlicher Regeln haben wir gelernt, unsere Natur ein Leben lang zu unterdrücken. Das macht uns unzufrieden und unausgeglichen. Daher stelle ich die herkömmliche Zweierbeziehung infrage, denn der Mensch ist in meinen Augen polygam.“
    Ich habe mich in Fahrt geredet: „Wir dürfen unsere Liebe nicht an einen einzigen Mann verschwenden. Die Gefahr, uns unsinnig zu verlieben, ist zu groß. Wir brauchen Netz und doppelten Boden, damit wir nicht eines Tages in den Abgrund stürzen. Und wir brauchen ein Spektrum: verschiedene Männer für verschiedene Bedürfnisse.“
    Nach kurzer Pause fragt Anna zaghaft: „Hast du die fünf Lover eigentlich schon zusammen?“
    „Lass mich mal zählen.“ Ich bin mir nicht sicher, wer alles dazugehört, und sage: „Sagen wir mal viereinhalb und dann noch Cast und Warteliste.“
    „Und wer ist die halbe Nummer? Einer, den du gerade testest  – oder was?“
    Darauf antworte ich nicht, das ist eine neue Entwicklung, noch nicht spruchreif.
    Der kleine Engel ist aus dem Mittagsschlaf erwacht und fängt an, laut zu schreien. Anna flüstert mir verschwörerisch zu: „Bitte erzähl mir mehr davon, beim nächsten Mal!“
    Ich schaue sie staunend an. Kann es sein, dass ihr mein Projekt gefällt?

Die Stunde null
    S eit Tagen schon geht sie mir aus dem Weg. Einen Rat wollte ich von ihr, aber sie hatte keine Zeit. Ich passe sie in unserem Stadtviertel vor einem Café ab: „Yasemin, was ist los? Ich muss mit dir reden, dringend!“ Geistesabwesend sieht sie durch mich hindurch und sagt diesen einen Satz: „Vielleicht müssen wir unsere Freundschaft beenden!“
    Ich verstehe nicht.
    „Was …?“
    Keine Antwort.
    „Was ist denn in dich gefahren?“
    Yasemin schiebt ihr Fahrrad weiter die Straße entlang. Ich folge ihr wie ein Hund seinem Herrchen. Ein Hund, der gerade einen Fußtritt bekommen hat. „Was habe ich dir denn getan?“
    Wortlos klemmt sie ihre Aktentasche auf den Gepäckträger. Der Halter schnappt auf das glatte Leder.
    „Bitte erklär mir doch …“ Weiter komme ich nicht. Yasemin hat sich auf den Sattel geschwungen und ist auf und davon. Wie angewurzelt stehe ich da und blicke ihr nach.
    20 Jahre kennen wir uns schon. Sie wohnt im gleichen Stadtviertel einige Häuser weiter und manchmal kocht sie abends für uns. Dafür habe ich selbst keine Zeit. – Ich habe eine Künstleragentur und arbeite täglich bis zu zwölf Stunden. Yasemins aus diversen Kochbüchern herausgepickten Essenskreationen sind immer eine Nuance zu salzig oder angebrannt. Doch bevor ich mein Gesicht verziehen kann, sagt sie jedes Mal mit kindlichem Stolz: „Hey, wie lecker!“ Dann nicke ich aufmunternd und schlucke den Bissen brav runter.
    Jedes Detail aus ihrem Leben vertraut sie mir an. Ihre Eltern kamen in den Sechzigerjahren als türkische Gastarbeiter nach Deutschland. Sie, ihre zwei Schwestern und zwei Brüder wurden hier geboren. Ich kenne alle, weiß, wie es ihnen geht und was sie gerade tun. Ob Ümit gerade sein erstes Buch veröffentlicht oder Zafer beschlossen hat, sich scheiden zu lassen, ob Hadan ein Baby aus China adoptieren möchte oder Gülay auf der Suche nach einem neuen Mann ist, all diese Details einer eher untypischen türkischen Familie bekomme ich Tag für Tag berichtet.
    Yasemin nennt mich zärtlich „Schwesterchen“ und ihre große Schwester Gülay, die in Istanbul lebt, pflegt den gleichen Ton in ihren täglichen E-Mails an mich. Sie lieben meine langen dunkelbraunen Kringellocken. „Du hast türkische
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