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Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Titel: Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe
Autoren: Helen Bryan
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in England einmarschiert, wie Leander gehofft hat. Also brauchte er unbedingt eine Geldquelle. Daher sollte Hugo Frances wegen ihres Geldes heiraten, so wie er es mit Venetia gemacht hatte.«
    »Willst du damit sagen, dass Leander de Balfort einer dieser Verräter war, nach denen wir die Augen offen halten sollten?« Alice war entsetzt. »Dass jemand mitten unter uns …« Sie war sprachlos.
    Elsie schnaubte verächtlich. »Und das ist noch längst nicht alles! Leanders Nazifreunde wussten, dass er die de Balforts unbedingt vor dem Aussterben retten wollte. Um ihn am Gängelband zu halten, haben sie ihm ein Geheimnis verraten, nämlich dass sie alle möglichen Experimente durchführten – dieser ganze Unfug, den wir erst nach dem Krieg erfahren haben, dass sie eine Herrenrasse züchten wollten und so. Man hat ihm versprochen, dass die de Balforts davon profitieren würden. Und … hier ist eine Kopie von Leanders Antwort. Er hat ihnen geschrieben, dass er
ein perfektes Exemplar arischer Weiblichkeit
für seinen Sohn gefunden habe. Und dann schreibt er, dass er als
Künstler
mit Hugo und Frances eine Herrenrasse aus de Balforts züchten wollte. Und wenn die Naziärzte recht hätten, würden sie lauter Zwillinge bekommen. Er war ganz begeistert von der Idee, dass Frances zwanzig oder dreißig de Balforts zur Welt bringen würde, von denen jeder ebenfalls zwanzig oder dreißig kriegte und so weiter und so fort, bis es in England von de Balforts nur so wimmelte. Da wird einem schlecht, ehrlich. Und hier ist eine Kopie von diesem Brief.«
    Sie reichten ihn schweigend herum. Da bemerkte Alice, dass Tanni aussah, als würde sie gleich in Ohnmacht fallen, und fächelte ihr hastig Luft zu.
    Wieder klopfte der Pfarrer an die Tür. »Meine Damen? Alles in Ordnung da drinnen? Gleich fängt der Gottesdienst an und der Wagen des Bischofs ist gerade vorgefahren.«
    Elsie warf einen finsteren Blick zur Tür und fuhr mit leiser Stimme fort: »Also setzte Hugos Vater ihn schwer unter Druck, Frances dazu zu bringen, ihn zu heiraten. Ich weiß nicht, ob Hugoahnte, was sein Vater da tat. In den Briefen steht nichts über die Bombardierung der Kirche oder über den Tunnel …«
    »Welcher Tunnel? Ihr habt eben schon mal etwas über einen Tunnel gesagt«, wollte Tanni wissen. Keine der Frauen wagte zu antworten. »Lasst uns rausgehen«, fuhr sie fort. »Shifra und Chaim werden sich schon Sorgen machen.« Ihr war schlecht und sie bekam kaum Luft. Wieder drohte eine Angstattacke des namenlosen Schreckens, der sie verfolgte. Die Wände des Raumes schienen immer näher zu kommen. So war es immer, wenn sie diese Attacken hatte. Sie machte ihre Atemübungen, wie man es ihr beigebracht hatte, aber ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Sie hielt es in diesem Zimmer nicht mehr aus.
    »Meine Damen!«, brüllte der Pfarrer und hämmerte gegen die Tür. Der Bischof legte großen Wert auf Pünktlichkeit.
    Sie standen auf, strichen ihre Kleider glatt und nahmen ihre Handtaschen.
    »Wir reden später weiter«, sagte Elsie. »Jetzt müssen wir erst mal diesen verdammten Gottesdienst hinter uns bringen.«
    Vor der St.-Gabriel-Kirche stellten sich die Teilnehmer der Einzugsprozession gerade auf. Zwei Ministranten mit Kreuzen zappelten ungeduldig herum, während der Bischof, der Pfarrer, der Kirchenälteste und zwanzig ältere Bewohner des Princess-Elizabeth-Genesungsheims am Kirchenportal ihre Plätze in den Prozessionsreihen einnahmen. Die Männer trugen ihre alten Uniformen, einige hatten sich Medaillen angeheftet. Auch einige Frauen hatten Dienstuniforman an, andere trugen Hut und Handschuhe. Sie standen so aufrecht wie möglich, alle stützten sich auf einen Gehstock oder einen Gehwagen.
    In der Kirche hatten sich die Gottesdienstbesucher von den Bänken erhoben und warteten auf den Einzug der Prozession und auf die vier Kriegsbräute, die den Mittelgang entlanggehen und zu ihren Plätzen geführt werden sollten.
    An der Kirchentür schloss Elsie die Augen und dachte an den Tag ihrer Hochzeit. Sie erinnerte sich, wie Bernie unruhig zappelnd am Altar stand, wie erleichtert er aussah, als sie an AlbertsArm in diesem herrlichen Hochzeitskleid auf ihn zukam und dabei die Schritte abzählte: Schritt – Pause – Schritt – Pause. Wie er bei ihrem Anblick die Augen aufriss, dann ihre Hand von Albert entgegennahm und sie umklammerte, als gelte es sein Leben. Wie er sein »Ja, ich will« ein bisschen zu laut sagte. Sie biss sich fest auf die Zunge,
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