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Führe mich nicht in Versuchung

Führe mich nicht in Versuchung

Titel: Führe mich nicht in Versuchung
Autoren: Eve Byron
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Jungfräulichkeit verlor. Immerhin waren sie beide fast siebzehn, und Max genoss schon seit einem ganzen Jahr die Freuden, die solche Mädchen boten.
    Als er am weißen Salon vorbeiging, blieb er abrupt stehen. Einer der Hausangestellten hatte einen schweren Fehler begangen. Das Betreten des Zimmers war verboten, und doch standen die Türen auf.
    Er trat darauf zu, getraute sich aber nicht weiter als bis zur Türschwelle. Der Raum lag in völliger Dunkelheit, aber er brauchte kein Licht, um zu wissen, wie er aussah. Er war mit französischen Möbeln, kostbaren Gemälden und Vasen ausstaffiert. Weiß und Gold dominierten, und das Zimmer war so kalt wie der Kamin, der in seiner weißen, marmornen Pracht ungenutzt da stand.
    Er haßte diesen Raum.
    Früher einmal hatte er Spaß daran gehabt, dieses Zimmer zu betreten und seine Schönheit zu bewundern. Bis ihn der Herzog eines Tages dabei erwischt hatte.
    »Niemand berührt meine Sachen ... niemand«, hatte der Herzog mit einer Stimme gesagt, die Max niemals vergessen würde.
    In diesem Augenblick ahnte er, dass sein Vater auch ihn, den Sohn, immer wie eines seiner Besitztümer behandeln würde. Dinge, die der Herzog erworben hatte, wurden zur Schau gestellt und einer gelegentlichen Inspektion unterzogen - jedoch nie wieder von ihm berührt.
     

Kapitel 2
    Westbrook Court, Frühjahr 1807
    Bitte, lass Vater meinen Geburtstag nicht vergessen. Jillian wiederholte diesen Wunsch im stillen immer und immer wieder, während sie die Hände unter den Falten ihres Rocks verbarg und den letzten Hühnerknochen zerbrach. Sie hatte den ersten benutzt, um sich zu wünschen, dass LadyLou pünktlich zu ihrem siebten Geburtstag nach Hause kommen möge. Kurze Zeit später war sich Jillian bewußt geworden, dass sie sich das Falsche gewünscht hatte. Ihre Tante war im Haus einer Freundin auf der Treppe ausgeglitten, und einen gebrochenen Arm konnte man sich nicht wegwünschen. Aber nun, da sie neben Damien auf dem Sofa im Arbeitszimmer ihres Vaters saß, wusste sie, dass ihr Wunsch doch richtig gewesen war.
    »Wann werden Sie nach Westbrook Castle aufbrechen, Vater?« erkundigte sich Damien.
    Jillians Hand schloss sich um die Knochenstücke. Bitte lass ihn bis morgen bleiben.
    »In einer Stunde«, erwiderte der Herzog.
    Ihre Hoffnungen sanken, und sie wartete unruhig wie Damien reagieren würde. Ihr Vater war der festen Überzeugung, dass seine Tochter weder zu sehen noch zu hören sein sollte.
    Sie hatte lange Zeit nicht verstanden, warum sie in Westbrook Court lebten, wo ihr Vater doch ein so schönes Schloss besaß. Dann hatte LadyLou ihr eines Tages erklärt, dass Westbrook Castle, der Herzogssitz ihres Vaters, ziemlich weit von London und den anderen Besitztümern entfernt sei. Westbrook Court dagegen läge zentral. Jill hatte zuerst nicht verstanden, was sie meinte, bis LadyLou hinzufügte, dass sich Westbrook Court sozusagen in der Mitte befände.
    »Die Schule fängt erst in ein paar Wochen wieder an«, sagte Damien in einem achtsamen Tonfall. »Jillian und ich könnten mit Ihnen fahren und in einer Woche zurückkehren. Sie ist noch nie dort gewesen.«
    Jillian stockte der Atem. Sie konnte es kaum glauben, dass er diese Worte gesagt hatte. Sie hatte das Schloss noch nie besucht und sehnte sich verzweifelt danach, es zu sehen. Sehnte sich danach, einen Anteil am Leben ihres Vaters zu haben. Sehnte sich nach seiner Aufmerksamkeit. Sie wusste, dass es Damien genauso ging. Sie sah es an seinen Augen. Außerdem müsste sich Vater an ihren Geburtstag erinnern, wenn sie alle gemeinsam zum Schloss reisen würden, denn Damien würde ihn bestimmt daran erinnern.
    »Es gibt für deine Schwester keinen Grund, dorthin zu fahren, und du wirst eines Tages mehr Zeit in Westbrook verbringen, als dir lieb ist.«
    »Ja, Sir«, erwiderte Damien.
    Jillian blickte enttäuscht zu Boden. Sie hatte sich schon wieder das Falsche gewünscht. Obwohl Vater. Damien und ihr mit seinem glänzenden schwarzen Haar und seinen Augen ähnlich sah, war er nichts weiter als ein Fremder, der ab und zu einmal auftauchte, um einen Blick auf sie zu werfen und der dann ebenso schnell wieder verschwand. Damien tat immer so, als sei ihm das egal, aber sie wusste, dass es nicht so war.
    Die Stimmen der beiden dröhnten über sie hinweg, als sie begannen, sich über die Besitztümer und die Pächter zu unterhalten.
    Jillian begann gelangweilt, mit der Zunge an ihrem lockeren Vorderzahn zu wackeln, und stopfte sich die
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