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Fuchsteufelswild

Fuchsteufelswild

Titel: Fuchsteufelswild
Autoren: Roland Krause
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Strick um. Alternativ kratzt er mit dem Messer an Marias Kragen oder knüpft die Anni auf. Horror-Galerie als Motivation, um fast jeden Guru zum Tobsüchtigen zu transformieren. Nicht unbedingt die erstrebenswerte Entwicklungsstufe. Wenn du in dieser Situation die andere Wange hinhalten könntest – nicht auszumalen. Aber selbst mit Verständnis und Weisheit über das Wesen der Dinge gemästet, bis zur Adipositas, könnte ein veritabler Zorn in dir auflodern. Ob du den gnadenlos alles niederbrennen lässt, ist die andere Frage. Darin unterscheiden sich die beiden Kontrahenten denn doch. Beim Sandner geht das Totschlagen halt nicht so flockig wie das Brezlbacken dahin (vielleicht in diesem Casus mangels Kondition – immerhin ist der Hambacher nicht aus Zucker).
    Jetzt erst kommt der Ferdl herbeigelaufen und überreicht ihm ehrfurchtsvoll das Messer. Beinahe mit einer Verbeugung. Er hat es ordnungsgemäß eingeklappt. Französische Wertarbeit.
    Der Sandner schnappt nach Luft und reibt sich die aufgescheuerten Fingerknöchel. Sein Handgelenk pocht. Die ganze Zeit über hatte er den Schmerz ignorieren können. Um ihn daran zu hindern, seine Aschera aus den Klauen vom Hambacher zu reißen, hätte man ihm die Hände abhacken und die Stümpfe an eine Fichte nageln müssen.
    Â»Die Maria?«, keucht er.
    Â»Der geht’s gut. Des passt scho, sogda.«
    Â»Du bist scho a Hund, Ferdl.«
    Â»Des war leicht. Ich hab ihm halt einfach in die Hand neibissen. Gschmeckt hat des ned, pfui Deifi! Aber des is kein Spielzeug, so a Messer. Des is scharf, sogda.«
    Der Sandner hastet zum Wagen und schaut nach der Frau. Sie hat die Augen geöffnet, sieht verwirrt um sich. Aus dem Kratzer an der Stirn läuft Blut. Nix Dramatisches. Jetzt nimmt sie ihn wahr.
    Â»Sandner«, sagt sie, »fahr ma heim.«
    Â»Ja, des derfst glaubn.«
    D er Sandner hat einen Schwächeanfall simuliert. Nur so hat er es geschafft, mit der Maria zu ihrem Häusl zu kommen.
    Ein Schlepper samt hilfsbereitem Bauernpersonal hat ihm den Hundertzehner vorsichtig wieder auf befahrbaren Untergrund gezogen. Gefehlt hat sich nix außer Dellen und Kratzern im Kotflügel. Massive Wertarbeit halt – der Oldtimer dürfte das gleiche Baujahr haben wie der Sandner. Da verstehen sich zwei. Dem Rochus müsste er endlich das Kerzerl anzünden oder zwei.
    Schwein hat er gehabt, weil ihm die Murnauer qua Amtsautorität zugetraut haben, das Richtige zu entscheiden – trotz geplatzter Nähte an seinem Froschgwand.
    Eigentlich hätte das Leichenmobil kriminaltechnisch untersucht gehört. Aber lieber hinterher das polizeiliche Lamento und Gezeter als derbe Scherereien mit dem Ömer. Für den wird sich sowieso jeder Kratzer wie ein Schnitt mit scharfer Handschar-Klinge mitten durchs Herz anfühlen. Am End wird er nicht mehr bedient bei ihm. Das wäre tragisch, auf all die fußläufig erreichbaren Leckereien will er nicht verzichten.
    Außerdem will er das exorbitante Gefährt endlich aus der Schusslinie haben, bevor intelligente Fragen auftauchen.
    Die uniformierte Phalanx ist über dem Gelände ausgeschwärmt, um Grashalme zu zählen, die Riechkolben in Reifenspuren und Pferdeäpfel zu stecken oder weiß der Kuckuck. Geschäftig ist es zugegangen. Über ihnen hat ein Hubschrauber schnatternd gekreiselt. Sie hätten es zwar gern gesehen, ihren Kollegen griffbereit im Murnauer Krankenhaus zu verstauen – aber da ist er stur geblieben. Krankenhäuser hat er genug von innen erfahren. Keine Chance. Natürlich verspricht er, Aussagen zu machen, Berichte zu schreiben, zu informieren und jeden Fitzel brühwarm weiterzugeben. Anzapfen werden sie ihn, bis ihm die Finger schmerzen und die Stimme sich endgültig ins Nirwana verzupft. Nachdem er gestern allerdings frisch aufgehängt worden ist, wird ihm Verständnis für eine kurze Rast entgegengebracht.
    Während der Fahrt hat er sein Handy ausgeschaltet. Nur eine SMS hat er vorher an die Wiesner gesendet.
    Â»Alles okay und zu Ende.« Natürlich ist nix zu Ende. Es ist nie zu Ende. Die Arbeit fängt erst an.
    V or dem Haus sitzt der Maxi auf den Stufen. Sobald er seine Mutter erkennt, spurtet er los. Die beiden umarmen sich innig. Dann schaut er zum Sandner. Seine Augen sind tränennass. Er sagt nichts, zuckt nur mit den Schultern und schüttelt den Kopf.
    Der Polizist
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