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Frühlingsmorgen

Frühlingsmorgen

Titel: Frühlingsmorgen
Autoren: Mathilda Grace
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die von ihm oft genutzte Abkürzung über den Parkplatz direkt hinter dem Center zu nehmen, saß Kendrick jetzt neben dem Gehweg fest, weil beide Räder von seiner rechten Rollstuhlseite durch den Dauerregen der vergangenen Tage im Schlamm feststeckten und weit und breit niemand in Sicht war, den er um Hilfe bitten konnte. Was alles nur halb so ärgerlich wäre, wenn es nicht schon wieder regnen würde und ihm sein Handy, bei dem erfolgreichen Versuch seinen Sturz zu verhindern, nicht aus der Tasche gerutscht wäre.
    Kendrick fluchte und wischte sich die Regentropfen aus dem Gesicht, während sein Blick auf das Handy gerichtet war. Es lag nur knapp einen Meter vor ihm im Dreck, was für Kendrick gleichbedeutend mit einer Meile war. Er würde sich also entweder im Schlamm suhlen müssen, um es in die Hände zu bekommen, oder hoffen, dass in den nächsten Minuten jemand diesen Weg nahm, was bei diesem schlechten Wetter wohl ein Wunschtraum blieb.
    „Scheiße!“, murrte Kendrick und sah ein letztes Mal zu den Rädern seines Rollstuhls. Ohne Hilfe würde er sie niemals freibekommen und wenn er keine Grippe riskieren wollte, hatte er keine andere Wahl, als sich sein Handy zu holen.
    „Guck' dir mal den an.“
    Amüsiertes Lachen folgte den hämischen Worten, was Kendrick innerlich seufzen ließ, bevor er über die Schulter schaute. Er hatte sich eben seine Handschuhe ausgezogen, um auf dem nassen Boden einen besseren Griff zu haben, und jetzt das. Etwa zehn Meter entfernt standen zwei Männer und einer deutete in dem Moment auf ihn und lachte, während ein zweiter mit einem Regenschirm dastand und ihn schweigend ansah. Na wunderbar. Das hatte ihm jetzt noch gefehlt. Kendrick verkniff sich einen Kommentar und schaute wieder zu seinem Handy. Sollten sie doch glotzen, er hatte andere Probleme.
    „Kannst du mir erklären, was so amüsant daran ist, dass er mit seinem Rollstuhl bei dem Wetter feststeckt?“
    „Äh... Ich dachte nur...“
    „Was?“
    „Was regst du dich denn so auf? Das ist doch nur ein Krüppel.“
    Kendrick stutzte und sah erneut über seine Schulter, wo der Mann mit dem Regenschirm selbigen gerade zumachte und seinen Begleiter verärgert ansah. „Das ist genauso ein Mensch wie du oder ich, kein Krüppel. Und jetzt verzieh' dich, der Abend ist gestrichen.“
    Der zweite Mann sah auf einmal aus, als hätte ihn der Blitz getroffen. „Matt, es tut mir leid.“
    Matt hieß er also, dachte Kendrick, als der Mann mit dem Schirm schnaubte und seinen Begleiter danach im Regen stehenließ, um zu ihm aufzuschließen, ein echtes Lächeln auf den Lippen. „Bleib' sitzen. Ich helfe dir.“
    „Danke.“ Kendrick deutete auf sein Handy. „Ich habe mein Telefon verloren. Wenn du es mir gibst, kann ich mir Hilfe rufen.“
    Matt hob das Handy auf und betrachtete es genauer. „Das wird nichts mit deinem Hilferuf. Ich vermute, der Regen hat ganze Arbeit geleistet.“
    Kendrick seufzte, als Matt ihm das Handy reichte, denn er hatte recht. Es war hinüber. „Scheiße. Hilfst du mir auf den Gehweg? Dann komme ich allein zurecht.“
    Matt nickte und hockte sich neben ihn, um einen Blick auf den Rollstuhl zu werfen und dann die Stirn zu runzeln. „Ich bin zwar kein Fachmann für Rollstühle, aber bei dem hinteren Rad ist irgendwas gebrochen.“
    Auch das noch. Der Tag wurde mit jeder Sekunde besser. Kendrick stöhnte frustriert, worauf Matt zu ihm aufsah. „Wo musst du hin? Ich kann dich absetzen.“
    Kendrick warf einen weiteren Blick über seine Schulter. Der andere Mann stand trotz Dauerregen immer noch da und schien hin- und hergerissen zwischen Scham und etwas, das Kendrick nicht deuten konnte. „Und was ist mit ihm?“, fragte er und schaute zurück zu Matt, um vor dessen Blick im ersten Moment zurückzuzucken, bis ihm auffiel, das Matt nicht ihn anblickte. Kendrick sah verblüfft hinter sich, wo der zweite Mann sich gerade enttäuscht abwandte und sie alleinließ.
    „Das wäre geklärt“, antwortete Matt trocken. „Also? Wohin willst du?“
    Kendrick runzelte irritiert die Stirn, als sich ihre Blicke trafen. Was war das denn gewesen? Irgendwie erinnerte Matt ihn auf einmal frappierend an Adrian Quinlan, den er zwar kaum kannte, aber der auch solche eindringlichen Blicke auf Lager hatte. Kendrick war sich nicht sicher, was er davon halten sollte und ob er diesem Mann neben sich trauen konnte.
    Matt schien ihm seine Gedanken anzusehen. „Hattest du zufällig schon mal mit Spielern zu tun?“
    „Spieler?“,
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