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Frozen Time (German Edition)

Frozen Time (German Edition)

Titel: Frozen Time (German Edition)
Autoren: Katrin Lankers
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der Menge nach einem bekannten Gesicht. Milo muss irgendwo da draußen sein, da bin ich mir sicher. Vermutlich zusammenmit Robin und Kaya und vielleicht einigen der anderen Abgetauchten. Aber es erscheint so gut wie unmöglich, dass sie einen Weg gefunden haben, um ebenfalls in die Eingangshalle vorzudringen.
    Unser Plan sah vor, die Übertragung der Aufzeichnungen von Milos SmartSet aus auf die gläserne Fassade zu strahlen. Es war ein etwas vager Plan, denn keiner von uns war sich sicher, ob die erschreckenden Bilder der geheimen Intensivstation und der Operation, die wir beobachtet haben, auf dem verspiegelten Glas gut zu erkennen sein würden. Doch jetzt hat sich der Plan geändert, denn ich bin hier: mittendrin im Geschehen.
    Ich schalte das SmartSet, das ich dem Senior-Medi im Kryoraum abgenommen habe, wieder ein. Hinter vorgehaltener Hand, von der ich hoffe, dass sie meine Worte ausreichend dämpfen wird, gebe ich meinen Befehl ein: »Nachricht für Milo Tanner«, dann lasse ich Milos SmartSet-Nummer folgen und spreche meine Nachricht: »Bin drin. Schick mir die Übertragung.«
    Mit banger Spannung warte ich auf eine Bestätigung. Was, wenn Milo sein SmartSet nicht eingeschaltet hat? Wir wissen beide, dass das riskant wäre, weil er darüber leicht zu orten wäre. Andererseits bin ich nicht nach der vereinbarten Zeit am vereinbarten Treffpunkt erschienen. Möglicherweise hofft Milo, dass ich ihm auf diesem Weg eine Nachricht zukommen lasse. Ich setze einfach mal darauf, dass er unvernünftig genug dafür ist – und ich werde nicht enttäuscht.
    Gerade als ein Senior in einem glänzenden schwarzen Anzug und mit schwarz gefärbtem Haar die Bühne betritt, meldet das SmartSet an meinem Ohr eine eingehende Datenübertragung.
    »Verehrte Gäste aus allen zehn Metropolen, verehrte Präsidentin«, beginnt der Mann auf der Bühne seine Begrüßungsrede. Es ist Timeus Meyer, der Leiter von
Projekt Frozen Time
. Eine Gänsehaut überzieht meine Arme, als ich an unser letztes Gespräch denke, daran, wie er mir gedroht und mich gezwungen hat, an der Verjüngung teilzunehmen. Am liebsten würde ich nach vorne stürmen und diesen Mann, der die Fäden bei
Frozen Time
in seinen Händen hält und der auch verantwortlich ist für die grauenhaften Dinge, die im Keller dieses Gebäudes geschehen, mit meinen Vorwürfen konfrontieren. Doch ich drücke mich noch weiter in die Deckung der Säule und zwinge meinen bis in die Fingerspitzen gespannten Körper zur Ruhe. Ich muss warten, bis der richtige Zeitpunkt gekommen ist.
    Timeus Meyer rückt den silbernen Schal zurecht, den er über seinem schwarzen Anzug als sichtbares Zeichen für seine Mitgliedschaft bei den Silver Lions trägt. Vermutlich befindet sich darin ein MikroChip, denn seine Stimme wird auf Lautsprecher übertragen, die rund um die Halle angebracht sind, sodass sie von überall zugleich zu kommen scheint. »Ich bin sehr erfreut und geehrt, die Teilnehmer des diesjährigen Medi-Kongresses in unserer Einrichtung begrüßen zu dürfen.«
    Welche der Medis in diesem Center wissen wirklich, was bei
Projekt Frozen Time
passiert?, überlege ich. Wie viele von ihnen waren an den Morden beteiligt? Es ist das erste Mal, dass ich dieses Wort denke, und ein Schauer läuft mir dabei über den Rücken. Wie konnten sie bei so etwas mitmachen? Waren sie so von den Fortschritten der Forschung besessen? Oder hat man ihnen etwas versprochen für ihre Kooperation und ihr Schweigen? Hat man sie womöglich unter Druck gesetzt?
    Ich finde keine Antworten auf diese Fragen. Und im Grunde ist es jetzt auch egal. Wenn alles so läuft wie geplant, dann wird das
Projekt Frozen Time
mit dem heutigen Tag ohnehin der Vergangenheit angehören!
    Über meine Überlegungen habe ich die Rede von Timeus Meyer verpasst. Ich tauche erst wieder aus meinen Gedanken auf, als er von lautem Applaus begleitet die Hand ausstreckt und seinen Platz in der Bühnenmitte für die nächste Rednerin räumt: Samantha Figger.
    Der Applaus wird noch eine Spur enthusiastischer, und viele der Gäste erheben und verneigen sich, um der Präsidentin ihre Ehrerbietung zu zeigen. Sie schenkt ihnen dafür ein strahlendes Lächeln und wartet geduldig, bis der tosende Beifall abgeebbt ist.
    Die Präsidentin ist kleiner, als ich sie mir vorgestellt hatte. Neben dem hochgewachsenen Leiter des ForschungsCenters wirkt sie beinah winzig. Trotzdem strahlt sie in ihrem schmal geschnittenen Hosenanzug aus silbernem Stoff eine enorme Präsenz
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