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Frozen Time (German Edition)

Frozen Time (German Edition)

Titel: Frozen Time (German Edition)
Autoren: Katrin Lankers
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grünen Kittel ungeduldig an, der einen rechteckigen Koffer in der Hand hält.
    Als ich nicht sofort reagiere, bedeutet mir die Frau mit vorgestreckten Handflächen, zur Seite zu rutschen. Ich überlege, ob ich die Geste ignorieren soll, aber ich darf jetzt nicht aus meiner Rolle fallen. Eine junge Medi-Schülerin würde den Anweisungen einer Höhergestellten nicht widersprechen, also räume ich den Platz an der Seite meines angeblichen Mentors und lasse die beiden Notfall-Medis ihre Arbeit tun.
    Sie sind schnell, ein perfekt eingespieltes Team. Während der eine Medi einen Datenscanner mit Holo-Einheit am Insignal des Bewusstlosen befestigt, zieht seine Kollegin dem Mann am Boden bereits einen Infusionshandschuh über. Der Datenscan dauert nur wenige Sekunden, dann projiziert die Holo-Einheit den Avatar des Senior-Medi über uns in die Luft.
    In monotonem Singsang spuckt der Datenscanner die Basisinformationen aus: »Daniel Becker, männlich, 67   Jahre, 1,93   Meter,89   Kilogramm, keine kardiopulmonalen Vorerkrankungen, Blutgruppe: A positiv, Allergiegruppe: K7.«
    Zwei Punkte   – Herz und Lunge – im Brustkorb des Patientenavatars leuchten rot auf, daneben erscheinen Zahlen. Der schrille Alarm des Insignals wird abgelöst von einem dumpfen, langsamen Piepen.
    Als ich dieses Geräusch höre, überkommt mich ein schlechtes Gewissen, weil mir erst in diesem Moment klar wird, wie schlecht es um den Senior-Medi steht. Die Dosis des Narkotikums war offensichtlich etwas zu großzügig bemessen.
    »Herzfrequenz: 36, MAD: 54, Sauerstoffsättigung: 75   Prozent«, sprudelt der Datenscanner hervor.
    »Beatmungsgurt anlegen«, weist der Medi seine Kollegin an. Sie öffnet den Koffer und zieht das gewünschte Teil heraus, während der Medi bereits den dunkelgrünen Kittel des Bewusstlosen auseinanderreißt. Gemeinsam schlingen sie den Gurt um seinen Brustkorb und der Medi tippt eilig eine Zahlenreihe in das BedienPad. Augenblicklich zwingt der Gurt der Atmung des Bewusstlosen seinen Rhythmus auf, in dem die Brust sich hebt und senkt.
    Während die Lunge des Avatars sich über Orange zurück zu Grün verfärbt und auch der höher werdende Piepton aus dem Scanner eine Verbesserung der Sauerstoffsättigung anzeigt, zieht die Medi einen silbernen MediConverter aus dem Koffer und sticht die Infusionsnadel in das Gelpolster des Handschuhs.
    »Ich gebe 0,46   Milligramm Atropin S«, sagt sie und tippt die Dosierung in das TouchPad des Injektionsapparats.
    Kurz nachdem die durchsichtige Flüssigkeit im Handschuh verschwunden ist und die Frequenz des Piepens sich deutlich erhöhthat, nimmt auch das Herz in der Brust des Patientenavatars wieder eine gesunde, grüne Farbe an.
    Ich stoße erleichtert die Luft aus, die ich unbewusst seit geraumer Zeit angehalten habe. Würde ich selbst ein Insignal tragen, wäre es wahrscheinlich für den nächsten Notruf verantwortlich. Auch bei den beiden Notfall-Medis lässt die Anspannung spürbar nach.
    »Kannst du mir beschreiben, was genau passiert ist, bevor dein Mentor zusammengebrochen ist?«, wendet sich der Medi nun deutlich freundlicher an mich.
    Ich schlucke. Was soll ich antworten? Ich habe ihm ein starkes Narkosemittel verabreicht, wäre wohl kaum die adäquate Antwort. Plötzlich wird mir bewusst, dass die Einstichstelle des Injektors am Hals des Bewusstlosen den Medis bei einer genaueren Untersuchung sofort auffallen wird. Das könnte mein Lügengerüst leicht zum Einsturz bringen. Ich beschließe, die Flucht nach vorn anzutreten.
    »Ich weiß es wirklich nicht«, erwidere ich, bemüht um einen naiven Gesichtsausdruck. »Als ich heute zu ihm kam, wirkte er schon fahrig und unkonzentriert. So kenne ich ihn gar nicht. Er fasste sich immer wieder an den Hals, als ob ihm das Atmen schwer fiele, beteuerte aber, dass ihm nichts fehlen würde. Dann sind wir hinunter in den Kryoraum gefahren, er wollte mir die Funktion des Datenterminals erklären, und dann, ganz plötzlich, ist er zusammengesackt«, stottere ich und finde mich selbst nicht besonders überzeugend. Glücklicherweise scheint der Medi meine offensichtliche Nervosität den äußeren Umständen zuzuschreiben.
    »Sieht nach einer Läsion direkt über der Vena jugularis externaaus«, wendet der Medi sich an seine Kollegin, nachdem er den Hals des Bewusstlosen kurz inspiziert hat. »Könnte alles Mögliche sein, vielleicht ein Insektenstich, er ist schließlich Allergiker. Wir müssen ihn zur weiteren Behandlung ins nächste
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