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Frostengel

Frostengel

Titel: Frostengel
Autoren: Tamina Berger
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nicht bekommen. Niemals!
    Ich hatte die Einfahrt schon erreicht, als ich plötzlich über einen Blumenkübel stolperte und hinfiel. Noch bevor ich mich aufrappeln konnte, war Steinmenger über mir und riss mich an meinem Haar nach oben. »Miststück! Glaubst du, du kannst einfach so abhauen?«, schrie er. Sein Gesicht war vor Wut verzerrt.
    »Bitte, ich … Sie tun mir weh. Ich werde niemand was sagen, ich verspreche es. Lassen Sie mich gehen. Bitte!« Er gab mir keine Antwort. »Meine Freunde wissen Bescheid, dass ich zu Ihnen wollte. Wenn mir etwas passiert, suchen die als Erstes bei Ihnen.«
    Steinmenger lachte auf. »Du hast wohl zu viele Filme gesehen, was? Ich muss bloß behaupten, du hättest die Bücher geholt und wärst schon lange gegangen. Das würde deine Fingerabdrücke im Haus erklären. Alle werden glauben, du wärst mit dem Tod deiner Freundin nicht klargekommen und hättest dich auch umgebracht. Wie schon Melissa.«
    »Nein. Niemand würde Ihnen glauben. Alle wissen, dass ich mich niemals umbringen würde. Sie haben keine Chance!«
    »Oh, aber es würde niemanden wundern, wenn du spurlos verschwindest. Abhaust, weil du die Situation zu Hause nicht mehr ausgehalten hast. Bei deiner saufenden Mutter.«
    Seine Worte trafen mich wie ein Schlag in den Magen. Woher wusste er …?
    »Ja, als Lehrer kriegt man so einiges mit. Und jetzt komm, Theresa, komm wieder rein.«
    Steinmenger hatte mir gerade den Arm auf den Rücken gedreht und schob mich in Richtung Terrassentür, als plötzlich Motorengeräusche zu hören waren. Er hielt inne. Lauschte. Doch als er sah, dass das Motorrad in seine Einfahrt preschte, war es bereits zu spät, um mich hinters Haus zu schleppen. Der Typ auf dem Motorrad taxierte uns und gab Gas. Er hielt genau auf Steinmenger zu, der mich vor lauter Schreck zur Seite stieß. Ich schrie auf.
    Als der Fahrer auf gleicher Höhe wie Steinmenger war, bremste er abrupt ab und ließ das Bike zur Seite schlittern, sodass Steinmenger vom Boden gefegt wurde und er mit einem heftigen Schlag auf dem Rücken landete. Ich hatte mich neben die Stufen der Eingangstür gekauert. Ich war unfähig, mich zu bewegen und zitterte am ganzen Körper.
    Erst jetzt bemerkte ich die nahenden Sirenen eines Polizeifahrzeuges. Einige Momente später sah ich auch schon das Blaulicht durch die Bäume flackern. Mit einem Höllentempo bog das Fahrzeug in Steinmengers Einfahrt und kam neben dem Gefallenen zu stehen. Karin Zauner und ihr Kollege stürzten aus dem Wagen, und während der männliche Polizeibeamte Herrn Steinmenger aufrichtete und in Gewahrsam nahm, legte Karin Zauner dem Motorradfahrer die Hand auf die Schulter. »Danke, Herr Thalmayer. Jetzt übernehmen wir.«
    »Leon!«, schluchzte ich, lief auf wackeligen Beinen auf ihn zu und warf mich in seine Arme. Er drückte mich fest an sich und streifte sich den Motorradhelm vom Kopf. Kaum war der Helm unten, nahm ich sein Gesicht in beide Hände. Erst als ich in seine Augen sah, begriff ich, dass wirklich alles vorbei war. »Wie konntest du wissen, dass …? Und was ist mit dem Motorrad? Bist du etwa … nur wegen mir …?«
    Statt etwas zu erwidern, nahm er mich wieder fest in den Arm. Ich sah, wie Karin Steinmenger Handschellen anlegte und ihn dann zu dem Polizeiauto brachte. »Als ich sagte, ich würde nie wieder auf ein Motorrad steigen, wusste ich nicht, dass ich dich retten muss. Und du weißt ja, bis man in unserer Gegend ein Taxi kriegt …« Er lächelte mich schief an.
    »Aber wieso wusstest du, dass Steinmenger …? Bis eben hab ich … ich hab seine Schuhe erkannt … aber dann …« Ich schluckte. »Und mein Handy, das ist weg. Sonst hätte ich …«
    Leon holte aus der Innentasche seiner Jacke mein Handy hervor und reichte es mir. »Lag unter einem Kissen auf der Couch. Komm, ich bring dich nach Hause. Das Motorrad lass ich später abholen. Noch einmal fahr ich nicht damit. Und unterwegs erzähle ich dir alles.«
    Zu Hause hieß in diesem Fall wohl zu ihm. Aber das war mir nur recht. Nirgends hätte ich mich jetzt sicherer gefühlt als in Leons Armen – und ich hatte noch keine Lust, meiner Mutter zu erklären, was passiert war. Das würde noch schwer genug werden. Ich schmiegte mich an ihn.
    »Nachdem du weg warst, ging ich die Abizeitungen durch«, begann er zu erzählen, während wir Arm in Arm die Straße entlanggingen. »Ich wollte dir eine Freude machen und außerdem fand ich es ziemlich spannend zu lesen, was in den Abschlussklassen vor uns so
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