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Frostengel

Frostengel

Titel: Frostengel
Autoren: Tamina Berger
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gleichzeitig.
    Die beiden waren offensichtlich zu beschäftigt, um mich zu bemerken. Vor Wut vergaß ich, wie dreckig es mir eigentlich ging. Mit drei Schritten war ich bei den beiden ineinander verschlungenen Körpern und tippte dem Jungen hart auf den Rücken.
    »Au!«, schrie er prompt und ließ von Corinna ab.
    »Hast du sie nicht alle?« Er sah mich abschätzend an. »Wer ist die durchgeknallte Tussi?«, wandte er sich an Corinna, die hektisch versuchte, ihre Kleidung zu richten.
    »Ich bin Theresa, Corinnas verrückte Schwester auf Klinikurlaub.«
    Der Junge riss die Augen auf. Offensichtlich glaubte er mir sofort, dass ich aus der Klapse kam, in meinem Zustand sah ich vermutlich wirklich ziemlich durchgeknallt aus. Aber das war mir herzlich egal, dieser Typ sollte gefälligst meine kleine Schwester in Ruhe lassen. Sie war erst vierzehn! Zu jung, um das zu tun, wobei ich sie gerade erwischt hatte.
    »Kli… Klinik?« Seine Stimme überschlug sich. Was Corinna bloß an dem Kerl fand? Er sah aus, als würde er noch Windeln brauchen.
    »Leider darf ich nicht dauerhaft zu Hause bleiben. Die Ärzte meinen, ich kann erst wieder raus, wenn ich gelernt habe, Jungen, die meine kleine Schwester befummeln, nicht die Finger abzuschneiden.«
    Ohne seine Antwort abzuwarten, drehte ich mich um und ging in die Küche. Die während meiner Grippe offensichtlich niemand sauber gemacht hatte. Zum Glück würde mir ein Tee fürs Erste reichen, mehr bekäme ich sowieso nicht runter. Ich füllte Wasser in den Kessel und stellte ihn auf die Herdplatte. Aus dem Wohnzimmer drangen Wortfetzen an mein Ohr, wenig später schlug die Wohnungstür zu und Corinna rauschte in die Küche. Ihre Augen blitzten vor Wut.
    »Bist du von allen guten Geistern verlassen? Was sollte das?«, schrie Corinna.
    »Ich war im Fieberwahn. Wer weiß, was noch alles passiert wäre, wenn ich euch nicht unterbrochen hätte.«
    Corinna zog einen Schmollmund. »Und? Ich liebe Timo.«
    Ich seufzte. »Vorige Woche hast du Daniel geliebt und davor – wie hieß er gleich?«
    »Jetzt sehe ich Timo wahrscheinlich nie wieder. Musst du immer alles kaputt machen?« Ein paar Tränen kullerten über ihre Wangen. Wenn Timo wirklich der war, für den meine Schwester ihn hielt, würde er sich schon wieder blicken lassen – verrückte Schwester hin oder her. Sie begriff einfach nur nicht, was für einen Riesengefallen ich ihr soeben getan hatte, aber irgendwann würde sie mir noch dankbar sein.
    Der Wasserkessel pfiff. Ich nahm ihn von der Herdplatte und suchte nach einer Abstellmöglichkeit, doch alles war mit benutztem Geschirr, Tassen und Gläsern vollgestellt.
    Plötzlich war mir, als würde alle Kraft aus meinem Körper weichen. Meine Beine zitterten, dann auch die Arme. Keinen Augenblick könnte ich länger den Teekessel halten, hastig stellte ich ihn wieder auf den Herd. Heißes Wasser platschte auf die Herdplatte.
    »Mir geht’s echt nicht gut. Und du räumst die Küche auf. Ich habe es satt, eure Putzfrau zu spielen. Ich … bin … krank!« Selbst meine Stimme klang schwach. Ich musste ins Bett. Sofort. Noch bevor ich die Tür erreichte, rief Corinna mir nach: »Du hast mir gar nichts zu sagen. Du bist nicht unsere Mutter!«
    Nein, war ich nicht. Nur die drei Jahre ältere Schwester, die sich Sorgen machte, dass Corinna den gleichen Weg einschlagen könnte.
    Ich schreckte aus einem seichten Schlummer und wusste im ersten Moment nicht, wo ich mich befand. Da bemerkte ich Corinna, die in meinem Zimmer stand. Sie hielt einen dampfenden Becher mit Tee in der einen Hand, mit der anderen streckte sie mir eine weiße Tablette entgegen. Aspirin.
    »Danke«, krächzte ich, nachdem ich mich mit einiger Anstrengung im Bett aufgesetzt hatte, um das Medikament schlucken zu können. Corinna stopfte das Kissen hinter meinen Rücken und setzte sich auf die Bettkante.
    »Es tut mir leid, ich wollte dich vorhin nicht anschreien. Hier, ich hab dir Tee gemacht.« Gott sei Dank, Corinna war mir nicht mehr böse, weil ich Tim oder Tom oder wie auch immer er hieß, vergrault hatte. Ich wollte nicht immer die Vernünftige sein und doch blieb mir oft nichts anderes übrig.
    »Die Küche hab ich auch aufgeräumt. Ich wollte dir was zu essen machen, aber es ist kein Brot da.«
    »Im Schrank ist Knäckebrot. Im Tiefkühlschrank findest du bestimmt auch was. Aber ich habe eh keinen Hunger. Nur Durst«, sagte ich.
    »Ich bin auch nicht hungrig«, meinte Corinna.
    Sie legte sich zu mir und nahm mich
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