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Frostengel

Frostengel

Titel: Frostengel
Autoren: Tamina Berger
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Annäherungsversuche reagiere, schlägt es in Wut um. Und Hass. Und dann setzen die Mädchen Gerüchte in die Welt. Sogar unter den Kollegen wird schon geredet … weißt du eigentlich, was das bedeutet, wenn die Leute sich das Maul über einen zerreißen?«
    Ich hatte die Tür fast erreicht. Halt ihn noch hin, Theresa, feuerte ich mich stumm an. Ich befeuchtete mit der Zunge meine Lippen und schluckte hart.
    »Das mit Melissa war aber kein Gerede«, krächzte ich.
    »Aber sie war die Einzige, das musst du mir glauben, Theresa. Sie hat sich mir regelrecht an den Hals geworfen. Ich hätte mit ihr gleich Schluss machen sollen, keine Ahnung, warum ich es nicht getan hab. Ich dachte, wenn sie mit der Zeit jemand in ihrem Alter kennenlernt, würde sie von alleine gehen. Doch je länger ich wartete, desto klettenhafter wurde sie. Sie saß nur daheim, unternahm nichts und wartete bloß auf unsere Treffen. Ich erkannte, dass es nie zu Ende sein würde. Sie wollte unsere Beziehung öffentlich machen – und ich wäre meinen Job, meine Frau und mein Leben los gewesen. Wir hatten Streit. Sie drohte mit Selbstmord, aber ich nahm sie nicht ernst und hoffte, sie würde zur Vernunft kommen.«
    Noch zwei Schritte bis zur Tür. Mein Puls raste. Adrenalin schärfte alle meine Sinne. Zwei Schritte, den Schlüssel greifen und dann den richtigen Augenblick abwarten. »Sie hat Sie geliebt«, sagte ich.
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, sie war besessen von mir. Sie war ein Biest, durch und durch. Alles, was sie sagte, war Berechnung. Das erkannte ich, als ich sie zum letzten Mal sah und sie mir ihr Ultimatum stellte. Und dann tat ich, was ich schon viel eher hätte tun müssen. Ich sagte, mir sei es egal, was sie wem erzähle. Denn sobald alle von dem Kind erfuhren und dass ich der Vater war, sei mein Leben sowieso gelaufen. Sie könne es abtreiben lassen oder bekommen, ich wolle weder von ihr noch von dem Kind etwas wissen.«
    Ich stand jetzt vor der Tür. In meinem Rücken spürte ich den Griff der Eingangstür. Ich hätte nur die Hand ausstrecken müssen, um den Schlüssel umzudrehen, doch Steinmenger war nur wenige Meter von mir entfernt. Ich wagte nicht, hinter meinem Rücken nach dem Schlüssel zu tasten. Nicht nachdem er mir das alles erzählt hatte. Er hatte schon einmal versucht, mich zum Schweigen zu bringen. Zeit, ich musste Zeit gewinnen. Zeit, um nachzudenken. Also fragte ich: »Wie hat Melissa reagiert, nachdem Sie nicht nachgegeben haben?«
    »Sie meinte, es würde mir noch leidtun.«
    »Sich in den Schnee zu legen und zu erfrieren, sieht mir nicht gerade nach einem guten Racheplan aus.«
    Er zuckte die Schultern. »Alles schien sich in Wohlgefallen aufzulösen, doch dann kam deine Freundin, Julia Mechat, das Fräulein Doktor, und stellte plötzlich Fragen.« Er richtete für einen Moment den Blick auf seine Hände.
    Langsam griff ich mit der Hand nach hinten, um den Schlüssel zu erreichen.
    »Nein!«, rief er und machte einen Satz auf mich zu. Er riss mich von der Tür weg. »Nein, du darfst nicht gehen. Nicht einfach so. Ich … ich will dir doch nichts tun. Das musst du mir glauben. Vielleicht setzen wir uns ins Wohnzimmer, trinken was und reden noch mal über alles. Du … du bist schon so erwachsen für dein Alter. Du verstehst mich doch? Du würdest mich nicht verraten.«
    Ich schüttelte den Kopf, während ich meine Chancen abwog. An ihm vorbei konnte ich nicht. Ich hätte nicht einmal genug Zeit, um aufzuschließen. Ich musste mir einen Vorsprung verschaffen. Dann könnte ich es vielleicht bis zur Terrassentür schaffen. Mein Knie stieß gegen etwas. Der Schirmständer! Ich bückte mich blitzschnell, schnappte ihn, holte aus und rammte ihn mit aller Kraft auf Steinmengers Fuß. Er heulte auf, lockerte seinen Griff für einen kurzen Moment. Ich riss mich los und rannte. Durch das Wohnzimmer, hinaus auf die Terrasse, durch den Garten in Richtung Straße. Nur weg von ihm! Hoffentlich hatte ich ihn lange genug außer Gefecht gesetzt. Ich tastete nach meinem Handy. Ich musste die Polizei rufen. Doch es war nicht da. Verflucht, es musste mir bei Leon aus der Hosentasche gerutscht sein, als wir auf der Couch saßen. Ich drehte mich um und sah Steinmenger durch die Terrassentür kommen. Einen kurzen Moment trafen sich unsere Blicke. Lauf, Theresa, schrie es in mir. Ich lief. Doch Steinmenger war schon hinter mir. Ich hörte seine Schritte, seinen keuchenden Atem. »Du Miststück! Bleib stehen«, rief er.
    Mich würde er
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