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Frost

Frost

Titel: Frost
Autoren: John Rector
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finden Sie nicht?»
    «Ist eure Sache», sagte die Kellnerin. «Wer weiß, vielleicht schafft ihr es ja auch, dass das Unwetter euch nicht einholt. Vielleicht wird es auch nicht so schlimm, wie die Leute sagen.»
    Sara schaute mich an und zuckte die Achseln.
    Die Kellnerin räumte unsere Teller ab und schob mir über den Tisch hinweg die Rechnung zu. Als sie weg war, schaute ich durch das Fenster in den Schnee und den tiefhängenden Himmel.
    «Ich will nicht zur I-80 zurück, Nate. Du?»
    Ich schüttelte den Kopf. «Sieht noch gar nicht so schlimm aus draußen. Sicher schaffen wir es, bevor das Unwetter kommt.»
    «Gut.»
    Der Mann in der Toilette hustete wieder, lauter diesmal, und ich merkte, wie sich Sara anspannte. Sie schaute auf, und ich wusste genau, was jetzt kommen würde.
    «Das ist nicht unsere Sache», sagte ich sofort.
    «Er ist ganz allein hier, und er hört sich ziemlich krank an.»
    «Er ist erwachsen. Er weiß, was das Beste für ihn ist.»
    «Bitte, Nate. Geh doch einfach mal hin und schau nach, ob er okay ist.»
    Mit einem völlig Fremden in der Männertoilette einer Raststätte zu sprechen, war so ziemlich das Letzte, was ich wollte. Ich versuchte, es ihr klarzumachen, aber sie wollte mich einfach nicht verstehen. Stattdessen schaute sie mich auf ihre spezielle Art und Weise an, und ich wusste, dass Diskutieren sinnlos war. Außerdem hatte ich einige Tassen Kaffee getrunken, und wir hatten noch ein gutes Stück Weg vor uns. Ich musste also sowieso dorthin.
    Nein sagen konnte ich nicht.

2
    Ich pinkelte entweder auf Cat Stevens oder auf Osama Bin Laden, genau wusste ich es nicht. Das Foto im Urinal war alt und verblichen, und ich konnte nur noch den Bart erkennen.
    Es war auch egal.
    Der Mann vom Tresen machte sich raschelnd hinter einer der Toilettentüren zu schaffen. Er hustete nicht mehr, aber ich konnte ihn atmen hören. Offenbar war er nicht tot, also musste ich auch nicht nachsehen.
    Ich zog den Reißverschluss meiner Hose hoch und ging zum Waschbecken. Das Licht über dem Spiegel war grell und weiß und ließ mein Spiegelbild kalt und grau aussehen. Ich beugte mich zum Glas und untersuchte die dunklen Ringe unter meinen Augen, dann wollte ich den Wasserhahn aufdrehen und hielt inne.
    Da war Blut im Waschbecken, und es war frisch.
    Ich warf einen Blick zurück auf die Toilettentüren, nahm ein Papierhandtuch von einem Stapel auf dem Waschtisch und benutzte es, um den Hahn aufzudrehen. Der Seifenspender war leer, also ließ ich lange Wasser über meine Hände laufen. Dann benutzte ich ein weiteres Papierhandtuch, um den Hahn wieder zuzudrehen.
    Der Mann hustete in seinem Kloabteil.
    Ich schaute auf die Blutflecken, die im kalten weißen Licht fast schwarz wirkten, und dachte an Saras Großvater.
    Ich wollte weg hier.
    Mit einem frischen Papierhandtuch trocknete ich mir die Hände ab, dann öffnete ich die Tür zum Lokal. Irgendetwas hinderte mich daran, einfach hinauszugehen.
    Eine ganze Weile stand ich so da und versuchte, mich zu entscheiden.
    Schließlich ließ ich die Tür zufallen, ging zurück und klopfte an die Klotür.
    Das Geraschel und Geschlurfe dahinter verstummte.
    Ich wartete darauf, dass der Mann etwas sagte. Er tat es nicht, also sagte ich: «Es geht mich zwar nichts an, aber ich wollte doch mal nachsehen, ob es Ihnen gutgeht. Ihr Husten klingt ziemlich schlimm.»
    Stille.
    Ich stand da und lauschte auf das Rauschen der Rohre hinter den gefliesten Wänden, dann trat ich einen Schritt zurück und wollte gerade gehen, als ich hörte, wie der Riegel zurückgeschoben wurde. Die Tür öffnete sich eine Handbreit.
    Das Gesicht des Mannes erschien, käsig und schweißbedeckt. Er schaute von mir zur Tür und dann wieder zu mir.
    «Was hast du gesagt?»
    Ich begann zu erklären, dass Sara mich darum gebeten hatte, nach ihm zu sehen, aber sein Blick flog immer wieder von mir zur Tür und zurück, und ich wusste nicht, ob er mir überhaupt zuhörte. Schließlich drehte er sich um, nahm seinen Rucksack und streifte ihn über seine Schultern, dann schob er sich an mir vorbei zum Waschbecken.
    Der Mann war nicht groß, aber seine Schultern waren breit und stark. An seinem Hals schlängelte sich eine breite rote Narbe bis unter den Hemdkragen.
    Ich schaute in das Kloabteil. Überall Blut auf der Toilette und auf dem weißen Fliesenboden.
    «Wir haben Sie husten gehört», sagte ich. «Wir wollten sichergehen, dass Sie   …»
    «Scheiße.»
    Der Mann schlug mit der Handfläche auf den
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