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Fronttheater

Fronttheater

Titel: Fronttheater
Autoren: Heinz G. Konsalik
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glänzte vor Freude. »Wir können vor allem erst mal gründlich ausmisten. Ich schicke diese ganzen Schlampen und Säufer, die Planitz mir aufgehängt hat, postwendend nach Berlin zurück. Nur dich und Lore behalte ich hier, und …«
    »… und Sonja«, ergänzte Meyer.
    »Aber Sonja ist doch auch …«
    »Tu mir den Gefallen, Fritz«, bat Walter Meyer. »Sie kann doch wirklich was.«
    »Ihr Können steht auch gar nicht zur Debatte.«
    »Und sie braucht jemand, der auf sie aufpaßt.«
    Fritz Garten sah seinen Kollegen amüsiert an. »Walter Meyer, der Schutzpatron …« Dann wurde er wieder sachlich. »Na, schön, Walter. Also wir vier bleiben. Die anderen schicke ich morgen dem dicken Planitz zurück. Der wird sich freuen!«
    Walter Meyer steckte sich eine Zigarette an. Über die Flamme des Streichholzes hinweg sah er prüfend in Gartens Gesicht.
    »Sag mal«, fragte er dann zögernd, »was hat es eigentlich gegeben zwischen dir und Planitz? Ich meine …«
    Unter dem Blick Fritz Gartens brach er ab. »Ich will dich nicht drängen«, fuhr er hastig fort. »Wenn du es lieber für dich behalten willst …«
    Fritz Garten zuckte mit den Schultern. »Das ist eine alltägliche Geschichte, Walter. Wenigstens der Anfang: Zwei Männer lieben eine Frau. Kurt Planitz und ich waren vor zehn Jahren zusammen beim Theater in Wismar.«
    Walter Meyer riß erstaunt die Augen auf. »Planitz war Schauspieler?«
    »So kann man's auch nennen«, nickte Garten. »Er stand jedenfalls auf der Bühne. Wahrscheinlich hielt er das Theater für das beste Jagdgebiet.« Garten stand auf und trat an das verhängte Fenster. »Damals war er hinter einer blutjungen Kollegin her. Miriam Bergner stammte aus Posen«, setzte er hinzu. »Sie war Jüdin.«
    »Sieh mal einer an«, grinste Walter Meyer. »Der Herr Parteigenosse Planitz. Wenn das der Führer wüßte!«
    »Ich hatte Miriam eigentlich nur vor ihm in Schutz nehmen wollen«, erzählte Garten stockend weiter, »aber du weißt ja, wie so was dann weitergehen kann.«
    Eine Weile sagte Fritz Garten nichts mehr. Und Walter Meyer drängte ihn nicht. Schweigend fummelte er an seiner Zigarette.
    Mit einem tiefen Atemzug drehte Garten sich vom Fenster weg. »Planitz hat uns beiden nie verzeihen können, daß wir glücklich waren«, sagte er leise. »Zunächst verpuffte seine Wut im leeren Raum. Aber dann kam 1933. Die Machtergreifung. Planitz schaltete sofort. Ich nicht. Planitz hetzte Miriam die Spitzel auf den Hals. Sie konnte in letzter Sekunde fliehen. Sie ging nach Posen zurück. Mir wollte Planitz ein Verfahren anhängen. Ich konnte mich gerade noch so herausschwindeln.«
    Garten ließ sich auf den Stuhl fallen und stützte den Kopf in die Hand. »Aber es hat uns nichts genützt«, sagte er leise. »Planitz ist zäh. Er vergißt nicht. Sechs Jahre später hat er sich dann doch gerächt. In Posen. Miriam hat er umgebracht. Bei mir hat er es nicht ganz geschafft. Mich konnte er nur zum Krüppel machen.« Er schlenkerte den leeren Ärmel seiner Jacke. »Aber eines Tages werde ich ihn stellen, den Herrn Planitz!«
    Seit sechs Wochen liegt die Kompanie des Oberleutnants Peters südlich von Juchnow. Von den genau hundert Männern ist noch knapp die Hälfte vorhanden. 23 Mann sind gefallen, 34 mußten verwundet oder mit Erfrierungen ins Lazarett. Die restlichen 43 Mann sollen einen Frontabschnitt von fast einem Kilometer Länge halten. Der Obergefreite Doelles hockt in einem Granattrichter hinter seinem MG 34 und starrt in die Nacht hinaus.
    Wenn ich wenigstens wüßte, wo Lore jetzt ist, überlegt Doelles verzweifelt. Seit sechs Wochen steckt er im dicksten Dreck. Es gibt keine Möglichkeit, ihre Adresse herauszubekommen. Er kennt ja nicht einmal ihren Familiennamen. Nur Lore …
    »Wenn der Iwan uns noch einmal zurückwirft, sind wir wieder in Dabuscha«, sagt Hauptfeldwebel Müller. »Dann kannste von deinem Keller aus Krieg und Frieden spielen.«
    Dabuscha. Nur noch vier Kilometer hinter der Front! Eine knappe Stunde zu laufen. In Dabuscha könnte er vielleicht herausbekommen, wo Lore geblieben ist. Vielleicht hat sie sogar eine Nachricht hinterlassen.
    »Iwans!« brüllt Hauptfeldwebel Müller.
    Er stößt Doelles vom MG weg. Eine Sekunde später spuckt der Lauf grüne Leuchtspurgeschosse.
    Vor dem Stacheldraht bewegen sich schattenhafte Gestalten. Fast unsichtbar in weißen Schneehemden. Fünfzig, sechzig Mann.
    Maschinenpistolen ballern. Aus den Gräben und Trichtern bricht wildes
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